Die Vielfalt kultureller und religiöser Praktiken im Umgang mit Tod, Bestattung und Trauer ist spätestens seit dem Aufschwung globaler Migrationsbewegungen ein wichtiges Thema in Forschung und Praxis geworden. Vor allem muslimische Bestattungen und Gräberfelder rückten dabei zunächst in den Vordergrund.
Wie schon berichtet hat der Tod im letzten Jahr unseren hoch geschätzten Kollegen und Freund Dr. Heiko K.L. Schulze aus unserer Mitte gerissen. Seine langjährige Forschungsarbeit über den Bildhauer Arthur Bock, der die meisten Plastiken des Ohlsdorfer Friedhofes geschaffen hat, hat die Mitglieder der Redaktion in unterschiedlicher Weise immer wieder beeinflusst und zu eigenen Forschungen angeregt. Deshalb widmen wir diese Ausgabe unserer Zeitschrift ihm und seiner intensiven Suche nach Werken und Informationen über diesen zu Unrecht vergessenen Künstler.
Im Jahr 2022 wurden in Schleswig-Holstein die ersten Pilotprojekte einer unter dem Namen "Reerdigung" privatwirtschaftlich vermarkteten Bestattungsform bekannt. Seitdem reißen die Diskussionen um diese auch als "Kompostierung" bezeichnete Technik einer beschleunigten Verwesung des menschlichen Körpers nicht ab. Im Hintergrund steht, dass sie als ökologisch "nachhaltig" betrachtet wird und damit aktuelle Diskurse aufgreift.
Als wir diese Ausgabe vor längerer Zeit geplant haben, konnten wir nicht ahnen, welche schreckliche Aktualität das Thema bekommen sollte. Aufgrund des grausamen Angriffs der Hamas und der erneuten Kriegshandlungen in Israel und Gaza stehen jüdische Einrichtungen in Deutschland unter besonderem Schutz. Der Jüdische Friedhof an der Ilandkoppel, dem diese Ausgabe gewidmet ist, ist in diesem Jahr 140 Jahre alt geworden.
Konnte man damals noch von einer Tabuisierung des Todes sprechen und glaubte, der Bevölkerung derart existentielle Themen nicht zumuten zu können, so hat sich dies in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Allenthalben sind im öffentlichen Raum, in Stadt und Land, ganz unterschiedliche Erinnerungsorte und -anlagen entstanden, die sich Tod und Trauer widmen. Die bekanntesten sind sicherlich die Unfallkreuze am Straßenrand, zu den eindrucksvollsten zählen die "Himmelsbäume" in Wyk auf Föhr. An den Küsten von Nord- und Ostsee hat sich schon seit Jahrhunderten eine spezifisch maritime Erinnerungs- und Gedenkkultur entfaltet.
Dass ein hoher Veränderungsdruck auf Friedhöfen liegt, pfeifen die Spatzen schon lange von den Dächern. Zum einen wird durch die wachsende Zahl der Kremationen und zum anderen aufgrund von alternativen Bestattungsformen deutlich weniger Platz benötigt als früher. Außerdem liegt bei innerstädtischen Anlagen oft die Möglichkeit in der Luft, die Flächen in lukratives Bauland umzuwandeln; ein Faktor, der viele Begehrlichkeiten weckt.
Die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur hat ungeahntes Leid über die Menschen gebracht.
Stigmatisierung, Verfolgung und Ermordung der vom völkischen Rassismus ausgegrenzten Bevölkerungsteile sowie das Blutvergießen des von den Nationalsozialisten ausgelösten Zweiten Weltkriegs haben millionenfache Opfer und damit zugleich private Trauer in zahllosen Familien hervorgerufen.
In der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift haben wir schon auf den Alten Niendorfer Friedhof und die Aktion hingewiesen, in der QR-Codes an historisch interessanten Grabmalen angebracht worden sind. Manfred Meyer kennt sich wie kaum jemand anderes über den Alten Niendorfer Friedhof aus, und bietet mit seinen Beiträgen über den Alten Niendorfer Friedhof und seine Grüfte wertvolle Informationen.
Natur und Landschaft haben in der Geschichte der Bestattungs- und Friedhofskultur seit dem 18. Jahrhundert eine bedeutende Rolle gespielt. Der Kieler Gelehrte und Gartentheoretiker C. G. L. Hirschfeld legte im späten 18. Jahrhundert in seinem Werk "Theorie der Gartenkunst" programmatische, später immer wieder zitierte Ausführungen zur Verknüpfung von Landschaftspark und Friedhof vor. In der Gegenwart zählen landschaftlich gestaltete Gräberfelder zu den wichtigsten Trends der Friedhofskultur.
Auf dem Ohlsdorfer Friedhof sind einige Künstler mit einer ganzen Reihe von Werken vertreten. Oft haben sie während ihrer Lebenszeit ein umfangreiches Oeuvre geschaffen. In dieser Zeitschrift setzen wir diese Thematik mit dem Berliner Bildhauer Heinrich Pohlmann fort, dessen Skulpturen auch als Galvanoplastiken in Umlauf waren.