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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Nr. 136, I, 2017

Verbundene Artikel:


Luther, Reformation und Friedhof

Titelseite 136

Das laufende Reformations-Jubiläum 2017 gibt einigen Anlass, auf den Zusammenhang von reformatorischen Lehren und Friedhöfen hinzuweisen. Denn die epochale Zäsur der Reformation wirkte sich grundlegend auf das Bestattungswesen aus

Über Reformation und Friedhofsverlegungen

Nürnberg

In der Reformationszeit wurde das Ende der traditionellen Kirchhofsbestattung in Deutschland eingeläutet. Die Verlegungen der Friedhöfe vor die Tore der Städte waren Ausdruck einer frühmodernen hygienischen Rationalität. Von der Reformation unterstützt und beschleunigt, verwandelten sie das Erscheinungsbild der Städte gegen die konkurrierende Macht des altgläubigen Klerus und der alteingesessenen Oberschichten.

"Was von ungetauffter Christen-Kinder Seligkeit zu halten seye" – Kindergräber der Reformationszeit

Amönau

2007 sind die Theologen im Vatikan zu der Auffassung gelangt, dass Totgeborene, die ungetauft sterben, direkt ins Paradies kommen. Damit hat die katholische Kirche knapp fünfhundert Jahre nach Luthers Thesenanschlag die Vorstellung des "Limbus puerorum" oder "Limbus infantium", eine Art Vorhölle speziell für ungetaufte Kinder, als eine "unzulässig eingeschränkte Sicht der Erlösung" befunden, eine Sicht, die Jahrhunderte lang den Umgang mit Totgeborenen bestimmte.

Luther in Regensburg: Glaubensfragen und Trauerkultur

Alumneum

Als eine der ältesten Städte in Deutschland, die weitgehend von den Bomben verschont blieb, wurde Regensburg 2006 UNESCO-Weltkulturerbe; auch hier wirkte die Reformation maßgeblich. So findet man heute noch eine Martin-Luther-Kirche (die Neupfarrkirche), eine D.-Martin-Luther-Straße und ein Lutherhaus in dieser Stadt und damit im katholischen Bayern.

Ein Friedhof für die Liberale Jüdische Gemeinde Hamburg

ALTERNATIVTEXT

Sieben lange Jahre wartete die Liberale Jüdische Gemeinde Hamburg darauf – am 6.10.2016 wurde in Ohlsdorf ein eigener reformjüdischer Friedhof offiziell eröffnet. Dieser liegt zwar direkt an der Grenze des alten orthodoxen Jüdischen Friedhofs an der Ilandstraße, jedoch schon im Bereich der Kapelle 4 (Planquadrat A 14 und B 14). Das 747 m² große neue Grabfeld hat Platz für 100 Särge, kann später etwas erweitert werden.

Ohlsdorfer Friedhof: Ida-Ehre-Allee statt Kriegerehrenallee

Im Oktober 1914 wurde auf dem östlichen Erweiterungsgeländes des Ohlsdorfer Friedhofs ein Gräberfeld für verstorbene Soldaten des Ersten Weltkrieges angelegt. Zwar konnten die Pläne für eine "Heldengedenkhalle" nicht realisiert werden, aber die neu angelegte, beidseitig mit Kugelfichten bepflanzte Straße entlang des Soldatenfriedhofes erhielt dem wilhelminischen Zeitgeist entsprechend den Namen "Kriegerehrenallee".

Erfolg für den Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof: Denkmalwürdige Grabmale werden gerettet

2015 sah es traurig für denkmalwürdige Steine auf ausgelaufenen Grabstellen aus der Zeit vor und nach 1950 aus. Sie wurden abgeräumt, für den Friedhof war es betriebswirtschaftlicher Zwang, das Denkmalschutzamt hatte kein Personal, der "Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V." keine Mittel für die Rettung – dabei war er in den 1980er Jahren gegründet worden, um wertvolle Grabmale zu retten.

Im Gleichschritt mit dem Zeitgeist: Die Individualisierung der Sepulkralkultur

Benkel2

Wie sehr der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer dem sozialen Wandel unterliegt, wird nicht zuletzt anhand der Gestaltung von Gräbern auf dem zeitgenössischen Friedhof sichtbar. Traditionelle Konzepte werden dabei allmählich von innovativen Formen abgelöst. Es lässt sich vor allem ein Trend zur Individualisierung erkennen. In einem noch nie dagewesenen Ausmaß geben moderne Ruhestätten Einblicke in die persönlichen Lebenswelten der Verstorbenen und ihrer Angehörigen.

Exhumierungen und Identifizierungen von Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg (Teil 2)

Knochen

Einer dieser unbekannten Soldaten (Ignoto) war Alberto R., da er weder Dokumente oder noch seine Erkennungsmarke bei sich hatte. Diese hatte sein Freund mit seinen anderen wenigen Habseligkeiten (u.a. Portemonnaie, Ausweispapiere, Briefe) aus seiner Jacke entfernt, um sie der Familie R. in Perugia zu übergeben, was er nach seiner Rückkehr nach Italien, kurz nach Kriegsende 1945, auch tat.