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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Erfolg für den Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof: Denkmalwürdige Grabmale werden gerettet

2015 sah es traurig für denkmalwürdige Steine auf ausgelaufenen Grabstellen aus der Zeit vor und nach 1950 aus.

Sie wurden abgeräumt, für den Friedhof war es betriebswirtschaftlicher Zwang, das Denkmalschutzamt hatte kein Personal, der "Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V." keine Mittel für die Rettung – dabei war er in den 1980er Jahren gegründet worden, um wertvolle Grabmale zu retten. Allerdings ist die Rechtslage heute günstiger: Ein neues Denkmalschutzgesetz sagt, dass Denkmale schutzwürdig sind, weil sie es sind ("ipsa lege" – weil es das Gesetz gibt, also ohne vorangehenden Antrag o.ä.) – und 2013 wurde der ganze Ohlsdorfer Friedhof zum Gartendenkmal erklärt – was eigentlich sogar jede Art von Veränderung verbieten müsste.

So galt es, einen politischen Prozess in Gang zu setzen, in dem den Behörden durch Druck aus der Bürgerschaft (über "Kleine Anfragen" und Anträge) klar gemacht wurde, dass, wer ein schönes Gesetz beschließt, auch die Anwendung sicher zu stellen hat. Die Ausgabe der "Zeitschrift für Trauerkultur" Nr. 132, I/2016, hat dazu erheblich beigetragen. Wir haben sie breit, sogar bundesweit, gestreut. Zum 15.4.2016 lud der Kulturausschuss unseres Parlaments zu einer öffentlichen Expertenanhörung ein, auch Vertreter des Förderkreises trugen vor und machten Verfahrensvorschläge, indem sie das entscheidende Angebot gemacht haben: Die Experten des Förderkreises unterstützen bei der notwendigen Auswahl die Friedhofsverwaltung und das Denkmalschutzamt, letzteres verfügt dann die formale Unterschutzstellung am Standort. Danach trug der Senat seine Pläne vor – und die entsprachen denen der Experten, und so beschloss dann auch der Ausschuss einstimmig.

Das folgende Verfahren haben wir dann in sehr angenehmen Verhandlungen zwischen Förderkreis, Friedhofsverwaltung und Denkmalschutzamt geklärt: Zum Jahresende gibt die Friedhofsverwaltung eine Liste der abzuräumenden Steine (4.000 bis 5.000 pro Jahr) an den Förderkreis, auf der Grundlage abgestimmter Auswahlkriterien sichten dessen Experten/innen (gegenwärtig Christine Behrens und Petra Schmolinske) in Absprache mit einem Mitarbeiter von der Friedhofsverwaltung alle Steine und erstellen eine Liste von denkmalwürdigen Steinen oder Grabsteingruppen, jeweils mit Foto und einer knappen Begründung. Diese wird mit der Leitung der Hamburger Friedhöfe -AöR- abgestimmt und dem Denkmalschutzamt übergeben, der ggf. überprüft und dann amtlich unter Schutz stellt. Dabei übernimmt der Förderkreis, auch mit externer Unterstützung, die Prüfung, ob bestimmte Steine an für Hamburg wichtige Personen erinnern und deshalb erhaltenswürdig sind. Unsere Aktiven erbringen ihre Arbeit ehrenamtlich, aber der Förderkreis erhält zur Verwendung für seine satzungsmäßige Tätigkeiten eine Pauschale von 1,50 Euro pro zu prüfendem Stein, von welchem Betrag aber wohl einige Kosten (Tablet-Computer, evtl. Hilfsarbeiten) abzuziehen sein werden. Die drei beteiligten Seiten sind sich einig, dass das Verfahren ein Jahr lang zu erproben ist.

Modern gesprochen ist das für alle Beteiligten eine win-win-Konstruktion: Der Förderkreis kann das tun, was er nach Satzung tun soll und will, also Denkmale retten, und erwirtschaftet einiges Geld dazu, die Friedhofsverwaltung erhält Unterstützung beim Erhalt des schönen Gartendenkmals, und das Denkmalschutzamt kann endlich seinem gesetzlichen Auftrag genügen. Und der Förderkreis beweist seine wichtige Rolle als Akteur in der Zivilgesellschaft und wächst in eine etwas höhere Größenordnung – wir müssen aber die Erwartungen an uns auch auf Dauer tragen.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Luther - Reformation und Friedhof (Februar 2017).
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