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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Institutionalisierter Tod. Die Kultur- und Sozialgeschichte der Berliner Leichenhäuser im 19. Jahrhundert (Tod und Agency. Interdisziplinäre Studien zum Lebensende) von Nina Kreibig


In der Reihe "Tod und Agency" ist als - zuerst erschienener - zweiter Band die überarbeitete und gekürzte Dissertation der Mitherausgeberin Nina Kreibig erschienen. In dieser Reihe soll - wie es im Vorwort heißt - ein kultur- und sozialgeschichtlicher Schwerpunkt mit interdisziplinären Ansätzen verbunden werden, "um die handelnden Personen und Institutionen in den jeweiligen Todeskontexten zu beleuchten", daher der Titel der Reihe.

Herausgeber sind außer der Autorin der bekannte österreichische Kulturwissenschaftler Thomas Macho und der Historiker Moisés Prieto, dazu steht eine Reihe in der Sepulkralwissenschaft bekannter Namen im Verzeichnis des wissenschaftlichen Beirats. Die profunde
Studie von Nina Kreibig setzt sich zum ersten Mal intensiv mit den Ideen und Ängsten, aber auch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen auseinander, die in Berlin zwischen 1794 und 1871 zur Einrichtung von Leichenhäusern geführt haben. Neben einer chronologischen Entwicklungsgeschichte der einzelnen Einrichtungen, die meist kirchlichen Friedhöfen zugeordnet wurden, wird die zeitgenössische Wahrnehmung in Bezug auf diese Institutionen untersucht. Dabei steht besonders der Wandel der Bestattungskultur und der Todesvorstellungen im Vordergrund. Mit der Frage nach den Gefühlen, die für die Errichtung von Leichenhäusern bestimmend waren, und nach den Narrativen in Bezug auf Tod und Sterben wird auch die Emotionsgeschichte einbezogen. Parallel dazu wird die Stadtentwicklung Berlins thematisiert und gefragt, welchen Einfluss die Industrialisierung verbunden mit dem städtischen
Bevölkerungswachstum auf die Entwicklung der Bestattungskultur und speziell der Leichenhäuser hatte. Ein weiterer Blickwinkel bezieht unter dem Stichwort "Partizipation und Agency" die handelnden Personen und gesellschaftlichen Gruppen ein. Mit dieser umfangreichen Studie hat Kreibig einen eindrucksvollen Beitrag zur Kulturgeschichte des Todes vorgelegt, der für weitere Untersuchungen von grundlegender Bedeutung ist.

Nina Kreibig, Institutionalisierter Tod. Die Kultur- und Sozialgeschichte der Berliner Leichenhäuser im 19. Jahrhundert (Tod und Agency. Interdisziplinäre Studien zum Lebensende, Band 2), Bielefeld 2022.

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