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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Kurioses zum Thema

Autor/in: Peter Schulze
Ausgabe Nr. 124, I, 2014 - Februar 2014

Das Grabmal der Familie Wilh. Burmeister, 1933 von Oskar Ulmer geschaffen, liegt direkt an der Cordesallee und ist von der Straße aus gut zu sehen. Vor einer breiten Grabwand aus Granit befindet sich auf einem niedrigen Sockel die Bronzeskulptur einer knienden Trauernden mit geneigtem Kopf, die Hände im Schoß zusammengelegt.

Sie hat kurzes welliges Haar und – so steht es im Katalog – ist bis auf ein Tuch unbekleidet. Dem auf der Straße vorbeifahrenden Autofahrer dreht sie jedenfalls ihre blanke kalte Schulter zu. Als es im letzten Winter besonders kalt war, kam irgendein Friedhofsbesucher – wir wissen nicht, ob es ein Fußgänger war oder ein Autofahrer, der eigens deswegen anhielt und ausstieg – kam also irgendein Friedhofsbesucher nicht zurecht mit dem Anblick dieser scheinbar frierenden Trauerfigur mit ihren besonders kalten bronzenen Schultern. Er nahm sein hellbraunes Woll-Jackett und legte es passgenau der Bronzedame um ihre Schultern. Und es sah so aus, als würde sie jetzt weniger frieren. Mehrere Tage lang war dieser Anblick an der Cordesallee zu sehen, bis – ja, bis irgendein weniger sensibler Mensch diese besondere Grabbeigabe wieder entfernte.

Burmeister
Grabmal Burmeister, Grablage N 7, 21-30, im Januar 2013. Foto: Schulze

Auch die folgende Geschichte vom "Handy in der Grube" basiert auf einer wahren Begebenheit. An einem Sonnabend im vergangenen Jahr kam ein Herr Mitte 40 ziemlich aufgeregt in das Informationshaus am Friedhofseingang. Sein Handy sei weg, berichtete er. Er käme gerade von einer Urnenbeisetzung bei Kapelle 2. Vorher war sein Handy noch da gewesen, und jetzt ist das teure Smartphone weg. Weil er schon überall, wo er gewesen war, gesucht hatte, gab es für ihn nur noch eine Möglichkeit, wo das gute Stück geblieben war. Es musste ihm, während er sich über die Urnengruft beugte, um eine Blume hineinzuwerfen, oben aus der Brusttasche seines Jacketts gerutscht und in die Grube gefallen sein. Die ist inzwischen aber schon wieder mit Erde aufgefüllt und der Friedhofsgärtner schon längst wieder weg.

Die Not war groß, man stelle sich vor, jemand ruft das Handy an und es klingelt unter der Erde in dem Urnengrab. Das musste um jeden Preis vermieden werden. Von dem Verlust des teuren Smartphones ganz abgesehen, aber diese Art Grabbeigabe war wirklich unpassend. Es musste also ein Friedhofsmitarbeiter gefunden werden, der die Grube noch einmal aufgraben konnte. An Werktagen von Montag bis Freitag wäre das tagsüber kein Problem gewesen, an einem Sonnabend, wo nur selten Beisetzungen stattfinden, sehr wohl. Am Wochenende, also sonnabends und sonntags gibt es auf dem Ohlsdorfer Friedhof keine Friedhofsmitarbeiter außer eben in der Information und in der Kapelle 8, die auch als Kolumbarium dient und deswegen von 10 bis 16 Uhr geöffnet gehalten wird. Aus diesem Grund riet man dem Handybesitzer, sich so schnell wie möglich zur Kapelle 8 zu begeben, weil sich dort der einzige Friedhofsmitarbeiter befindet, der ihm möglicherweise helfen kann. Denn selber das zugeschaufelte Urnengrab wieder zu öffnen, hielt keiner für eine gute Idee.

Wie sich später feststellen ließ, war unser Handybesitzer tatsächlich zur Kapelle 8 gefahren, der Kapellenwärter war aber nicht dort, weil er zu einem Polizeieinsatz gegen Rechtsradikale bei Kapelle 13 gerufen worden war. Unser Mann fuhr also zur Kapelle 13, traf dort den einzigen Friedhofsmitarbeiter, der ihm helfen konnte, und zusammen fuhren sie zu dem frischen Urnengrab bei Kapelle 2. Das Grab wurde noch einmal aufgegraben, gefunden wurde das Gesuchte dabei allerdings nicht.

Ein paar Tage später wurde ein Mobiltelefon im Infohaus als Fundsache abgegeben. Da aber versäumt worden war, Namen und Telefonnummer des unglücklichen Handyverlierers zu notieren, blieb es noch tagelang unbeachtet dort liegen. Durch telefonische Anfrage bei dem Bestattungsunternehmen, das an dem betreffenden Sonnabend die Aschenbeisetzung bei Kapelle 2 durchgeführt hatte, konnte schließlich die Festnetznummer des Handyverlierers herausgefunden werden und die Sache damit zu einem guten Ende gebracht werden. Die schwer vermisste Fundsache konnte im Infohaus dem Eigentümer zurückgegeben werden.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Grabbeigaben (Februar 2014).
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