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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Museumsbereiche in Nienstedten

Autor/in: Peter Schulze
Ausgabe Nr. 104, I, 2009 - Februar 2009

Die Elbchaussee zwischen Hamburg-Altona und Blankenese war für den Dichter Detlev von Liliencron (1844–1909) die "schönste Straße der Welt":

Landhäuser und Sommerresidenzen wohlhabender Altonaer und Hamburger Kaufleute, Fabrikanten, Reeder und Banker säumen die Chaussee zu beiden Seiten. Viele der Villen sind in klassizistischem Stil erbaut worden mit Säulen vor den prächtigen Fassaden. Bei Kilometer 6,4 der insgesamt achteinhalb Kilometer langen Chaussee findet man hinter kunstvoll geschmiedeten Eisentoren zwei Eingänge zum ältesten Teil des Nienstedtener Friedhofs.

Friedhofsplan Nienstedten
Plan des kirchlichen Friedhofs Nienstedten. Die römischen Ziffern I bis VII kennzeichnen die Museumsbereiche und der Buchstabe B die Lage der Grabmale der Familie Booth. Grafik: Peter Schulze

Auf diesem traditionsreichen Begräbnisplatz, dessen Anlage im Jahre 1814 begann und der mehrfach erweitert wurde, wurden seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts mehrere sehenswerte Freilichtmuseumsbereiche eingerichtet, um Grabmale von Grabstätten, deren Nutzungsrecht erloschen war, vor der sonst unvermeidlichen Abräumung und Vernichtung zu bewahren. Vor allem Grabsteine von besonderem künstlerischen oder kulturhistorischen Wert sind auf diesen Plätzen museal zusammengestellt worden. Unsere Skizze zeigt die Lage der einzelnen Museumsbereiche. Sieben der Bereiche sind mit den römischen Ziffern I bis VII bezeichnet und einer mit dem Buchstaben B. Dieser bezeichnet den Platz, an dem die Grabmale der Familie Booth ein besonderes Ensemble bilden.

Bei allen Museumsbereichen wurden mit finanzieller Unterstützung des Denkmalschutzamtes für Friedhofsbesucher sehr instruktive Hinweisschilder aufgestellt, die die kunstgeschichtlichen Eigentümlichkeiten von Grabmalen der verschiedenen Epochen erläutern. Die lehrreichen Schrifttafeln sind gut lesbar, wenn auch an den Schildern selbst inzwischen der Zahn der Zeit seine Spuren deutlich hinterlassen hat. Die grüne Lackierung der metallenen Rahmen blättert fast allenthalben ab und müsste dringend erneuert werden. Auch was es mit der Familie Booth in Nienstedten auf sich hat, kann man auf einem derartigen Schild lesen:

"Die historischen Grabsteine der Familie Booth. Auf der Grabstätte hinten links stehen die beiden klassizistischen Stelen des schottischen Gärtners James Booth (1772–1814) und seiner Ehefrau an ihrem ursprünglichen Standort.

Caspar Voght (1752–1839) hatte den Gärtner aus Schottland für die Mitarbeit bei der Gestaltung seines Flottbeker Parks (ein Teil davon heute Jenisch Park) angeworben. Booth gründete Gärtnerei und Baumschule und lieferte die Pflanzen für zahlreiche der hiesigen Parkanlagen. Die übrigen Steine der Familie wurden 1996 auf dieser Grabstätte zusammengestellt:

Die Grabsäule ist das Grabmal für den Sohn des Firmengründers John Richmond Booth (1799–1847). Unter seiner Leitung wurde das Unternehmen Mitte des 19. Jahrhunderts weit über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt. Laut Inschrift ließ John Booth die schlichte Sandsteinstele für seinen Mitarbeiter Christian Giese (1786–1846) setzen. Auf der gegenüber liegenden Seite des Weges wurden drei liegende Grabtafeln der Familie ebenfalls 1996 neu zusammengelegt. Dahinter stehen zwei Wiederholungen der beiden erstgenannten klassizistischen Stelen an ihrem ursprünglichen Standort.

Nähere Informationen über die Geschichte des Friedhofs Nienstedten und über seinen Museumsbereiche sind in einem in der Friedhofsverwaltung erhältlichen Heft zu entnehmen."

Literatur:
Kändler, Eberhard/Reincke, Peter: Der Friedhof Nienstedten und seine Museumsbereiche, Hamburg 1987
Leisner, Barbara/Fischer, Norbert: Der Friedhofsführer, Hamburg 1994
Johannsen, Werner: Wer sie waren, wo sie ruhen, Kiel 2004
Mammut-Verlag (Hg.): Der Friedhofswegweiser, Leipzig 2008
Kändler, Eberhard: In Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur, Nr. 70, III/2000, S. 17

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Musealisierung der Friedhöfe (Februar 2009).
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