Was wissen wir wirklich über das Leben unserer Eltern, der Kriegskinder? Wann ist der richtige Zeitpunkt, zum Archäologen des eigenen Lebens zu werden und die Eltern zu befragen? (Jürgen Wiebicke)
Das Buch "Sieben Heringe" von Jürgen Wiebicke ist eine tiefgründige und persönliche Auseinandersetzung mit den Themen Krieg, Schweigen und Sterben. Der Autor und Journalist spricht mit seiner krebskranken Mutter zum ersten Mal über ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg und begleitet sie in ihren letzten Tagen.
Diese Gespräche offenbaren nicht nur die verschütteten Gefühle und das Schweigen der Kriegskindergeneration, sondern auch Jürgen Wiebickes eigene Familiengeschichte und deren Einfluss auf sein Leben.
Sieben Heringe ist ein ernsthaftes und ehrliches Buch, das sich mit dem Tod und seiner Bedeutung in der Gesellschaft auseinandersetzt. Es wird hervorgehoben, dass der Autor es schafft, die schweren Themen durch leisen Humor erträglicher zu machen und eine sehr persönliche Sicht auf die Geschichte zu vermitteln. Besonders beeindruckend sind die genauen, ja realistischen Darstellungen von Hospizen und die kritische Betrachtung der gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Bedeutung der Themen "Sterben und Tod" werden durch das Sterben seiner Eltern noch mal wichtiger für die persönliche Entwicklung des Autors.
Das Buch "Sieben Heringe" berührt durch seine Intimität und Nachdenklichkeit und wirft gleichzeitig wichtige historische sowie aktuelle Fragen auf. Es regt zugleich zum Nachdenken an und unterstreicht die Bedeutung des persönlichen und des kollektiven Erinnerns.
Jürgen Wiebicke, Sieben Heringe. Meine Mutter, das Schweigen der Kriegskinder und das Sprechen vor dem Sterben. Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2022 (4. Aufl.)