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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Die Gräber der Familie Heinrich Heines auf dem Friedhof an der Ilandkoppel

Der jüdische Friedhof an der Ilandkoppel ist mit 140 Jahre im Vergleich zu anderen jüdischen Friedhöfen noch relativ jung. Trotzdem gibt es Grabsteine, auf denen Sterbejahre genannt sind, die vor 1883 liegen. Das ist bei zwei Familienmitgliedern des Dichters Heinrich Heine der Fall - seine Mutter Betty starb 1859, sein Onkel Salomon 1837. Ihren Steinen sieht man es nicht an, ob hier Umbettungen vorliegen oder ob es sich um Gedenkinschriften handelt. Das soll hier im Folgenden geklärt werden.


Betty Heines Grabstein im Ehrenfeld (Fotos 1-3: P. Schmolinske) (1)

Betty Heine wurde 1771 in Düsseldorf geboren als Peira van Geldern, änderte aber anlässlich der Heirat mit Samson Heine im Jahre 1797 ihren Vornamen in Betty. Auf sie bezieht sich Heinrich Heines Gedicht "Nachtgedanken". Die Worte "Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, ...", waren keineswegs ganz allgemein zu verstehen, denn es heißt an anderer Stelle: "Die Jahre kommen und vergehn! Seit ich die Mutter nicht gesehn, ...", und später: "Das Vaterland wird nie verderben, jedoch die alte Frau kann sterben." Wie sich zeigte, war Heinrichs Sorge aber verfrüht, denn seine Mutter, die 1859 starb, überlebte ihn noch um drei Jahre. Sie wurde sie auf dem jüdischen Friedhof am Grindel beerdigt. Als die Nationalsozialisten 1937 diesen Friedhof schlossen und räumen ließen (siehe dazu den Beitrag von Eberhard Kändler), gehörte sie zu den Personen, die für würdig befunden wurden, in ein Einzelgrab des neu angelegten Ehrenfeldes auf dem Ohlsdorfer jüdischen Friedhof umgebettet zu werden. Ihr Grab mit dem schlichten neuen Stein liegt in der Ecke rechts von dem großen Grabmal Gabriel Riessers, dem Juristen und Vorkämpfer für die Emanzipation der Juden in Deutschland. Ein früherer Grabstein Bettys wurde auch nach Ohlsdorf umgesetzt und steht jetzt am Weg neben dem Ehrenfeld. Allerdings ist es nicht ihr erster Grabstein. er ist in seiner Schlichtheit untypisch für die Zeit ihres Ablebens, die Entstehungszeit ist unbekannt.

Das zweite Heinegrab ist das des Onkels Salomon Heine (1767–1844) und seiner Frau Betty, geb. Goldschmidt (1777–1837). Salomon hatte 1842 nach dem Großen Brand von Hamburg durch erhebliche finanzielle Unterstützung mitgeholfen, dass sich die Stadt von dieser Katastrophe bald wieder erholen konnte. Das Ehepaar war auf dem jüdischen Friedhof in Ottensen bestattet und im Internet stößt man auf Seiten, in denen es heißt, das Grab wäre im zweiten Weltkrieg vernichtet worden, in Ohlsdorf stünde ein Gedenkstein. Im Ohlsdorfer Bestattungsregister steht aber etwas anderes. Dort ist im Jahrgang 1941 unter Nummer 9248 und 9249 vermerkt: 'Gebeine Betty Heine geb. Goldschmidt' und 'Gebeine des Salomon Heine'. Sie wurden am 11. Dezember 1941 um 15 ½ Uhr im Grab O3, 28 bestattet. Man setzte dort einen neuen Grabstein. Der ursprüngliche, auf dem eine sehr schöne Inschrift gestanden haben soll, ist leider verloren.


Der Grabstein von Salomon Heine (2)

Im Ohlsdorfer Bestattungsregister sind auch Heinrich Heines Schwester Charlotte (1800-1899) und ihr Ehemann Moritz Embden (1790-1866) verzeichnet. Moritz war Kaufmann und Bankier, Charlotte führte einen viel besuchten Salon, in dem bekannte Künstler der damaligen Zeit oft zu Gast waren. Im November 1941 gab es mehrere Umbettungen vom "Begräbnis Altona Bismarckstr." nach Ohlsdorf. Unter Nummer 8528 und 8530 ist eingetragen: "Gebeine Charlotte Embden geborene Heine" und "Gebeine Moritz Embden". Diese Bestattung im Grab O3, 18 hatte bereits am 16. November 1941 um 11 Uhr stattgefunden. Das Grab liegt nur etwa 10 Meter von dem Salomon Heines entfernt, aber es gibt hier keinen Stein. Nur über die Nachbarn, links Joseph Heinemann, rechts Simon Schulenklopper, lässt sich der Ort bestimmen. Der Stein des Ehepaares Embden ist allerdings nicht verloren, denn er steht auf dem jüdischen Friedhof am Bornkamp. Man sieht ihn durch das Gitter! Schade, aber eine Zusammenführung ist wohl sehr unwahrscheinlich.


Der Grabstein Embden auf dem Friedhof am Bornkamp (3)
Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft 140 Jahre jüdischer Friedhof Ilandkoppel (Dezember 2023).
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