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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

140 Jahre Jüdischer Friedhof Ilandkoppel - Anmerkungen zur Geschichte

Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts waren die alten Hamburger Friedhöfe vor den früheren Stadttoren überfüllt. Es wurde daher beschlossen, weiter entfernt von der Innenstadt einen "Centralfriedhof" anzulegen. Die daraufhin gebildete "Commission für die Verlegung der Begräbnisplätze" nahm 1873 die Arbeit auf und ließ bereits im Herbst 1874 eine große Fläche in Ohlsdorf ankaufen.

Auf dem jüdischen Grindelfriedhof wurde der Platz ebenfalls knapp, daher war auch die jüdische Gemeinde an einem Teil des Ohlsdorfer Geländes interessiert, aber unter der Voraussetzung, diesen Platz kaufen und selbst verwalten zu können. Darauf ging man von Seiten der Stadt nicht ein. Die akute Platznot brachte aber die jüdischen Gemeinden schließlich dazu, die Bedingungen der Stadt anzunehmen, obwohl die orthodoxen Gemeindemitglieder dies ablehnten. Mitte 1882 wurde der Vertragzwischen der Stadt und den Vorständen der Deutsch-Israelitischen und der Portugiesisch-Jüdischen Gemeindegeschlossen. § 1 besagt: "Den beiden jüdischen Gemeinden wird der ... Theil des Ohlsdorfer Friedhofsterrains in dem Umfange von 6,16385 Hektaren ... zum Beerdigen ihrer Gemeindeangehörigen und unter der Zusicherung eingeräumt, daß dieser Begräbnisplatz ihnen, auch nachdem das gesammte Terrain in Ohlsdorf aufgehört hat, als Friedhof zu dienen, nur im Falle dringender Nothwendigkeit und nur im Wege der Gesetzgebung, nicht aber durch Verwaltungsmaßregeln wieder soll entzogen werden können."1 1905 konnte noch ein Steifen von gut 3 Hektar dazu genommen werden, da die Deutsch-Israelitische Gemeinde mit einem schnell steigenden Platzbedarf rechnete. SeineHerrichtung und Belegung kam dann aber doch erst in den 1920er Jahren.


Übersichtsplan des Jüdischen Friedhofs Ilandkoppel. Eingezeichnet sind die verschiedenen Friedhofsbereiche.

Es gab also von Anfang an eigentlich zwei jüdische Friedhöfe. Das -zwar nur 0,7 Hektar große -Grabfeld des "Portugiesenfriedhofs" hat durch die typischen sefardischen Grabplatten und Sarkophage einen deutlich anderen Charakter als der allgemeine jüdische Begräbnisplatz, war aber nur durch Wege von den angrenzenden Bereichen getrennt und unterstand als Teil der Gesamtanlage der Verwaltung des kommunalen Friedhofs.

Verwaltungstechnisch eigenständig war dagegen die südliche Erweiterung. Dieses Gelände konnte 1919 von Steilshoop, das damals noch nicht zu Hamburg gehörte, tatsächlich gekauft werden. Es war damit Gemeindebesitz, die Voraussetzung für die orthodoxen Juden, diesen Platz als Friedhof zu akzeptieren.

Ein weiterer besonderer Bereich ist der "Grindel-Ersatzfriedhof"(siehe den Beitrag von Eberhard Kändler in dieser Ausgabe), für den die Portugiesisch-Jüdische Gemeinde 1937 einen noch unbelegten Teil ihres eigenen Bereichs zur Verfügungstellte. Neben den Grabsteinen vom Grindelfriedhofkamen hierher weitere Grabmalevom Jüdischen Friedhof Ottensen, der der dortigen Gemeinde nach und nach weggenommen wurde. Einige wenige Umbettungen von Ottensen liegen in den normalen Grabfeldern.

Sonst lief der Beerdigungsbetrieb nach 1933 noch relativ normal.Aber mit Beginn der Deportationen sanken die Bestattungszahlen deutlich, und im Mai 1943 wurde der Friedhof von den Nationalsozialisten zwangsgeschlossen.Nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm die neugegründete Jüdische Gemeinde den Friedhof. Die Schäden der NS-Zeit wurden nach und nach behoben, und es wird wohl auch schon gerechnet, wie lange der Platz noch reichen wird.

Anmerkung:

1 StaH, 131-1 II_9425 Jüdischer Friedhof - Ohlsdorf Ilandkoppel.

Literaturhinweis:

Wagner, Anke: Der jüdische Friedhof in Ohlsdorf - Die Geschichte und die Grabmale, Wissenschaftliche Hausarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magister Artium der Universität Hamburg, Hamburg 1986, Seite 93-106.

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