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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

100 Jahre Denkmal für den Ohlsdorfer Friedhofsdirektor Wilhelm Cordes

Vor fast genau 100 Jahren wurde am 11. März 1920 im Ohlsdorfer Rosarium das Denkmal für Wilhelm Cordes, den verstorbenen Direktor des Friedhofs eingeweiht. Wilhelm Cordes war am 31. August 1917 im Alter von 77 Jahren nach längerer Krankheit gestorben.

Trauerfeier und Bestattung fanden am Nachmittag des 3. September statt, und die Hamburger Tageszeitungen berichteten am folgenden Tag ausführlich darüber: "Nach einer Trauerandacht im Sterbehause an der Fuhlsbüttler Straße … war der von Kränzen und Blumen umhüllte Sarg … nach der achten Kapelle überführt und dort unter einem Baldachin aus grünen Gewinden und reichem Blumenschmuck aufgebahrt worden. … Zu der Trauerfeier hatte sich nebst den Angehörigen eine große Gemeinde eingefunden, und zwar der Präses der Friedhofsdeputation, Senator Sachse, die früheren Vorsitzenden Senatoren Brand und Holthusen, der zweite Vorsitzende Dr. Hagedorn und die Mitglieder der Friedhofsdeputation; ferner Vertreter des Vereins für Feuerbestattung, die Beamten der Friedhofsverwaltung und viele Freunde und Verehrer des Heimgegangenen." (1)


Trauerfeier für Wilhelm Cordes in der Kapelle 8 in Ohlsdorf

Die Gedächtnisrede hielt Pastor D. Dr. Meincke. Danach sprachen noch Senator Sachse für die Friedhofsdeputation und Inspektor Huxhold als Vertreter der Beamten und Angestellten. Schließlich "wurde der Sarg unter den Orgelklängen "Ein feste Burg ist unser Gott" von Angestellten des Friedhofs aufgenommen und hinausgetragen. Unter Vorantritt der Pölzschen Kapelle ging es auf mit Tannengrün und Blumen bestreuten Wegen zu der in der Nähe belegenen idyllischen, von hohen Bäumen umgebenen Grabstätte." (2) Ob allerdings zum Schluss außer dem Largo von Händel noch "Wie sie so sanft ruhen" von Friedrich Burchard Beneken (3) oder "Die Himmel rühmen" von Christian Fürchtegott Gellert (4) zum Vortrag kamen, darüber waren sich die Zeitungen nicht einig.


Wilhelm Cordes (1840-1917) Foto P. Schmolinske

Einig war man sich aber in einer anderen Frage. Bereits Pastor Meincke brachte es in seiner Ansprache zum Ausdruck: "Dem Schöpfer dieses Friedhofs gebührt ein Ehrenmal und ihm dieses zu schaffen ist unsere Pflicht." (5) Dieser Gedanke wurde bald aufgegriffen. Zunächst beschloss man, einen Ausschuss zu bilden und schickte dazu eine Anfrage an verschiedene Hamburger Persönlichkeiten. Sechsundzwanzig von ihnen erklärten sich bereit, das Vorhaben direkt zu unterstützen. Darunter waren so bekannte Namen wie Edmund Siemers, Heinrich von Ohlendorff und Fritz Schumacher. Federführend in dem Projekt wurde der Senatssekretär Dr. phil. Anton Hagedorn.


Das Cordes-Denkmal in Ohlsdorf. Foto P. Schmolinske

In der ersten Sitzung am 12. März 1918 befasste man sich zunächst mit der Frage der Finanzierung. Es wurde entschieden, anstelle eines öffentlichen Spendenaufrufs in den Tageszeitungen die potentiellen Geldgeber direkt brieflich anzusprechen. Im April 1918 verschickte man ein entsprechendes Schreiben:

"Sehr geehrter Herr!
Schon unmittelbar nach dem Ableben des Friedhofsdirektors Johannes Wilhelm Cordes ist ausgesprochen worden, es gezieme sich, dem Heimgegangenen … an der Stätte seines langjährigen gesegneten Wirkens ein sichtbares Zeichen des Gedenkens und des Dankes zu errichten. … Es gilt, … an einem geeigneten Platze auf dem Friedhofe die Persönlichkeit des Schöpfers der ganzen Anlage durch ein von Künstlerhand ausgeführtes Bildnis den Besuchern dauernd vor Augen zu stellen. Die Unterzeichneten wenden sich an Sie, sehr geehrter Herr, und bitten Sie, ihr Vorhaben zu unterstützen und zu seiner Verwirklichung gütigst einen Beitrag zu spenden." (6)


Rosengarten mit Cordes-Denkmal in den 1920er Jahren

Man beachte – Damen wurden nicht gefragt! Sie waren aber durchaus mit einigen Spenden vertreten. Insgesamt erbrachte die Sammlung zunächst über 23 000 Mark. Dabei beteiligten sich die Averhoff- und die Senator M. J. Jenisch-Stiftung mit 5000 und 3000 Mark. Die größten Einzelbeträge, je 1000 Mark, gaben Edmund Siemers und Max Warburg, der nach Abschluss des Projektes dann noch einmal 3000 Mark anwies, um die durch Lohnerhöhungen entstandene Finanzierungslücke zu schließen. (7, 8)

In den folgenden Sitzungen diskutierte man im Ausschuss dann Gestaltung und Standort. Von Martin Haller kam der Vorschlag, als Ehrung für Cordes "einen dessen Medaillon oder Büste tragenden Glockenturm errichten zu lassen, da ein solcher Glockenturm stets der Lieblingsgedanke des Verstorbenen gewesen sei." (9) Xaver Arnold entwarf eine Porträtbüste, auszuführen in Carrara-Marmor. Beides zusammen hätte möglicherweise ein Denkmal im Cordes-Stil ergeben, fand aber zur großen Enttäuschung von Xaver Arnold keine Zustimmung. Von solchen Vorschlägen unterschied sich die Planung von Fritz Schumacher deutlich in Stil und Material. Er entwarf eine 5,50 Meter breite und 4,40 Meter hohe, leicht konkav angeordnete Pfeilerreihung unter einem kräftigen Gebälk mit mittig positionierter Porträtbüste. Als Material wurde fränkischer Muschelkalk gewählt. Den Auftrag für die Büste erhielt der Bildhauer Oskar Ulmer. (10) Das Hamburger Fremdenblatt befand nach der Einweihung, dass die "gradlinige Monumentalität" des Standbildes sehr gut zur Persönlichkeit von Wilhelm Cordes passe und der "Friedhof eine neue künstlerische Bereicherung gewonnen" habe. (11)

Für den Standort gab es zunächst drei Vorschläge, den Rosengarten, ein Rondell in der Nähe des Grabes von Bürgermeister Burchard und einen Platz im Waldgürtel. Als man sich bereits für den von Cordes gestalteten Rosengarten entschieden hatte, wandte sich Cordes‘ Tochter Helene noch mit dem folgenden Wunsch an Dr. Hagedorn:

"Das Denkmal von Herrn Prof. Schumacher finde ich sehr hübsche, ebenso den Platz – und doch komme ich immer wieder auf den Platz am Ehrenfriedhof zurück. Das Rosarium ist nur eine kurze Zeit im Jahre, zur Zeit der Blüte besucht, zur anderen Zeit liegt es abseits, die Passage ist gering, da das Gräbergelände nicht sehr groß dahinter ist. Der Platz am Ehrenfriedhof (Monte Cordes genannt) wird immer gesehen, liegt am Ehrenfriedhof, ein Platz den Vater wohl verdient – und dann ist mir gerade die Nähe des Christus so viel wert für Vater – sein Christus – den er so unendlich verehrte! Wie froh war Vater, seinem Christus ein Denkmal setzen zu können!" (12) Der Ausschuss blieb aber bei seiner ursprünglichen Auffassung.

Nachdem die Aufträge erteilt waren, hoffte man, die Arbeiten bis zum 31. August 1919, dem zweiten Todestag von Cordes abschließen zu können, doch dann ergaben sich einige Verzögerungen. Erst am 11. März 1920, dem 80. Geburtstag von Wilhelm Cordes, konnte in Anwesenheit von Helene Cordes die Einweihung erfolgen. Dr. Hagedorn organisierte dazu die kleine Feierstunde und hielt auch die Rede, mit der er im Namen der Stifter das Denkmal an die Friedhofsdeputation übergab.

"In seiner Ansprache führte Dr. Hagedorn aus, von Cordes heiße es: "Suchst du ein Denkmal, so schaue um dich." Dieser Friedhof, von dem jeder Hamburger das Bewußtsein habe, daß es keinen schöneren gebe, sei das eigentliche unvergängliche Denkmal seines Schöpfers. … Ehrenpflicht Hamburgs sei es, das Vermächtnis des Verstorbenen zu bewahren. Im Namen des Ausschusses übergebe er nunmehr das Denkmal seiner Bestimmung. Senator von Berenberg-Goßler antwortete mit folgenden Worten: „Namens der Friedhofs-Deputation übernehme ich das Denkmal. Für uns und nachkommende Geschlechter kann ich die Versicherung abgeben, daß es treu behütet wird, wie das Andenken des Schöpfers des Ganzen nie vergessen werden wird. Mit der Niederlegung von Kränzen fand die stille Feier, über der eine sieghafte Frühlingssonne strahlte, ihr Ende."(13)

Wie lange nach der Einweihung des Denkmals der ursprüngliche Rosengarten bestand, ließ sich bisher nicht ermitteln. Über viele Jahre widmete man der Anlage wenig Aufmerksamkeit und begnügte sich mit einer pflegeleichten Rasenfläche. Den 120. Geburtstags des Friedhofs nahm dann die Verwaltung zum Anlass, den Rosengarten ähnlich seiner ursprünglichen Struktur wieder herzustellen. Seither wird er von Besuchern wieder gerne aufgesucht, nicht nur, wenn die Rosen blühen.

Anmerkungen
(1) Hamburgischer Correspondent 4.9.1917, Morgenausgabe.
(2) Neue Hamburger Zeitung 4.9.1917, Morgenausgabe.
(3) Hamburgischer Correspondent 4.9.1917, Morgenausgabe.
(4) Neue Hamburger Zeitung 4.9.1917, Morgenausgabe.
(5) Ebd.
(6) StaHH 622-1-116_B 31 Aufrufe und Spendenlisten für die Cordes-Ehrung.
(7) Ebd.
(8) StaHH 622-1-116_B 30 Korrespondenz zur Bildung eines Ausschusses für die Cordes-Ehrung und Ausschuss-Protokolle.
(9) StaHH 325-1_64 Band 36 Sitzungsprot. Friedhofsdep. v. 9.5.1918, Nr. 41, S. 6431 f.
(10) StaHH 325-1_83 Ehrung des verstorbenen Direktors Cordes ... .
(11) Hamburger Fremdenblatt 12.3.1920.
(12) StaHH 622-1-116_B 32 Korrespondenz zur Ausführung des Cordes-Denkmals und Rede zu seiner Einweihung, hier: Schreiben Helene Cordes an Dr. Hagedorn, 2.7.1918.
(13) Hamburgischer Correspondent 11.3.1920, Abendausgabe.

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