Edwin Scharff starb vor 50 Jahren am 18. Mai 1955 in Hamburg.
Auf dem Ohlsdorfer Friedhof wurde er beigesetzt, neun Jahre später auch seine Frau Ylona. Wer war Edwin Scharff, der in seinem letzten Lebensjahrzehnt in Hamburg wirkte und hier nie so richtig heimisch wurde? Das hinterfragte auch der mit ihm seit 1946 befreundete Publizist Rolf Italiaander 1984 in der Zeitung „Die Welt“. „Jedenfalls neben Lehmbruck, Marcks, Mataré einer der großen deutschen Bildhauer dieses Jahrhunderts“ merkte er in seinem Aufsatz an. Er berichtete ausführlich von seinen Begegnungen mit dem Künstler, der großen Wert auf Stil legte, denn „Stil zu haben ist die größere Kunst“, so äußerte sich Scharff einmal, aber auch: „Es gibt in dieser Stadt viele Neider, zu wenig offenherzige Zusammenarbeit. Als Künstler ist man hier ziemlich isoliert.“ Hier in Hamburg unterrichtete er von 1946 bis 1955 an der Landeskunstschule am Lerchenfeld eine Bildhauerklasse. In ihr versammelte sich bald eine größere Zahl talentierter, jüngerer Begabungen, deren Individualität er zu fördern verstand. Als seine Schüler sind unter anderem zu nennen: Fritz Fleer, Jörn Pfab, Ursula Querner und Manfred Sihle-Wissel.
Geboren wurde Scharff am 21. März 1887 in Neu-Ulm. Mit 15 Jahren befasste er sich zunächst erfolgreich mit Malerei an der Kunstgewerbeschule in München. Nach längerem Aufenthalt in Paris 1911/13 wandte er sich jedoch der Bildhauerei zu. Aristide Maillol wurde sein Vorbild und der „Junge Athlet“ von 1913 aus Bronze sein erstes großplastisches Werk als Bildhauer. Es steht heute im Hof des Edwin-Scharff-Museums in Neu-Ulm. 1923 erfolgte die Berufung an die Hochschule für bildende Künste in Berlin. Gemeinsam mit Otto Dix, Ludwig Kirchner, Emil Nolde u.a. berief ihn 1931 die Preußische Akadamie der Künste zu ihrem Mitglied. Von seinem Lehramt wurde er 1933 an die Düsseldorfer Akademie zwangsversetzt, vier Jahre später galten seine Werke als „Entartete Kunst“. 1940 erfolgte der Ausschluss aus der Reichskammer der Bildenden Künste und ein Arbeitsverbot. Sein schaffensreiches Wirken als Bildhauer, Grafiker und Lehrer in den Berliner Jahren konnte er nach Kriegsende in Hamburg an der Landeskunstschule wieder aufnehmen. Hervorzuheben sind seine vielen bronzenen Porträtbüsten wie die von Lovis Corinth, Max Liebermann, Heinrich Mann, Emil Nolde und Max Brauer, und natürlich sein letztes Werk „Drei Männer im Boot“, aufgestellt in Hamburg an der Außenalster in Höhe Schwanenwik. Kurz vor seinem Tod erhielt der Hamburger Kunstpreis seinen Namen, letztlich eine Bestätigung der Intentionen, die Scharff während seines letzten Lebensjahrzehnts verfolgt hatte. Im Herbst 2005 wird das Edwin-Scharff-Museum in Neu-Ulm eine Ausstellung zeigen, die Scharff nicht nur als bedeutenden Plastiker seiner Zeit vorstellt, sondern auch als exemplarische Künstlerpersönlichkeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
- Bronzeplatte auf dem Grabmal Edwin Scharff (Foto: Schulze)
Die Grabstätte des Ehepaares Scharff auf dem Friedhof Ohlsdorf ist von besonderer Art. Ihre Gräber sind nicht nebeneinander, sondern gegenüber angeordnet, aber nahezu gleich gestaltet. Längliche, gestufte Platten aus Kalkstein, vermutlich Traniperlato, decken ihre Gräber. Sie sind zurückhaltend geschmückt mit einer bronzenen Schrifttafel mit Kruzifix ohne das übliche Kreuz: ein Hinweis auf die enge Verbundenheit der Bestatteten zum katholischen Glauben. Die Tafeln wurden von seiner Schülerin Ursula Querner gestaltet. Die Grabplatten von Edwin und Ylona Scharff entsprechen in der Gestaltung denen, die er für seine Eltern in den 1920er-Jahren entworfen hat. Aus jener Zeit mögen die Gipsmodelle für die beiden unterschiedlich gestalteten Kruzifixe stammen. Die Gräber befinden sich oberhalb des sog. Prökelmoorteiches in der Nähe eines quadratischen Schöpfbeckens. Die beiden Grabplatten wurden aus Anlass des Todestages von Edwin Scharff im April 2005 auf Veranlassung des Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof e.V. hergerichtet und gesäubert.