Dass Friedrich der Große seine geliebten Windhunde im Park von Schloss Sanssouci in Potsdam beerdigen ließ, ist bekannt; in der letzten Ausgabe von „Ohlsdorf“ wird dies von Albrecht Schreiber in seinem Artikel „Trauer um Pferd und Hund“ sehr schön geschildert.
Nun weiß man vielleicht weniger, dass ein gutes Jahrhundert später einer seiner Nachfolger in der großartigen Parkanlage des Kasseler Schlosses Wilhelmshöhe das gleiche tat.
Der Wilhelmshöher Park bei Kassel mit Kaskadenanlagen und Riesenschloss, gekrönt vom berühmten Herkules, ist angeblich Europas größter Bergpark, der Ende des 18. Jahrhunderts unter englischem Einfluss zu einem Landschaftsgarten mit Grotten und Ruinen umgestaltet wurde; die Rosensammlung zu Wilhelmshöhe südlich des Schlosses, die seit 1767 zu den ältesten gehört, zählt heute wieder 1.000 verschiedene Sorten (darunter auch die 1773 kreierte „Perle von Weißenstein“, die älteste Zuchtrose Deutschlands). Überraschenderweise kann der Spaziergänger inmitten dieser traumhaften Anlage – auf der so genannten Roseninsel – ein kleines Grab mit folgender Inschrift finden:
ANDENKEN
AN MEINEN TREUEN DACHSHUND
ERDMANN 1890 – 1901
W.II
- Grabstein für den Dachshund Erdmann (Foto: Behrens)
Ein Dachshund also – welch ein Kontrast zu den eleganten, schnellen Windhunden des Vorfahren! Man denke nur an die langen Schlappohren, die kurzen, oft krummen Beine... In der Schlossbibliothek bestätigt eine „Geschichte der Wilhelmshöhe“ von 1909 die Anwesenheit des Kaisers am Ort. Im Juli 1889 verbrachte die deutsche Kaiserin erstmalig einen längeren Aufenthalt im Schloss; seit 1891 kam auch der deutsche Kaiser Wilhelm II. alljährlich nach Wilhelmshöhe. 1907 waren auch Chulalongkorn I., König von Siam, und Eduard VII., König von England, Gäste des Kaisers auf Wilhelmshöhe. Wurde damals die internationale Politik verhandelt, oder folgten diese Besucher vielmehr freundlichen Einladungen zur Jagd?
Sicher ist, dass der Dachshund, Dächsel (Canis vertagus), Dackel oder Teckel als Jagdhund oder „Erdhund“ in dieser Zeit besonders geschätzt war. Das „Brockhaus’ Konversations-Lexikon“ von 1894 beschreibt ihn mit sehr feiner Nase, scharfen Krallen und starkem Gebiss als „gelehrig, treu, wachsam, tapfer“, kurz als „unermüdlichen Jäger“; weiter:
„Von Charakter sind sie bissig, unverträglich, eigensinnig. Man benutzt sie vorzugsweise zur Fuchs- und Dachsjagd, indem man sie in den Bau hineinsetzt.“ Mit seinem Namen war also der Hund Erdmann wohl beides – der treue Begleiter und der erfolgreiche Jäger.
Laut eines Interviews mit dem Vorsitzenden des Bundesverbandes der Tierbestatter e.V., Reinhard Feldkamp, über „Tierbestattungen – ein Thema für Deutschland“, ließ Kaiser Wilhelm seinen Lieblingsteckel im August 1901 mit allem Pomp beerdigen. In seiner Trauer wählte er am Fuß des Herkules‘ das schönste Ehrengrab für ihn: An einem Hang auf der (auch im Winter!) idyllischen Roseninsel, in unmittelbarer Nähe und Sichtweite des Weißensteinflügels...
Im 50. Jahr ihres Bestehens hat die Ortsgruppe des Teckelklubs Kassel die Patenschaft für die Grabstätte übernommen:
„Am 17. Oktober 1997 wurde die Umgebung des Teckelgrabes von störender Spontanvegetation befreit und der Stein aufpoliert. Seine Inschrift glänzt jetzt wieder im ursprünglichen Gold. Eingerahmt wird das Hundegrab von Azaleen.“ Für die Pflege des Grabes sorgen weiterhin Teckelfreunde.
Literatur:
Albrecht Schreiber: Trauer um Pferd und Hund, in: Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur Nr. 88, S. 17–18
Paul Heidelbach: Die Geschichte der Wilhelmshöhe. Leipzig 1909
Brockhaus’ Konversations-Lexikon. Leipzig, 1894
www.dachshunde.com (Wissenswertes über Dachshunde, Dackel oder Teckel)
www.jagdtreff.com (Jagd und Hund)
www.teckelklub-kassel.de/patenschaft.htm (Patenschaft für das Grab des kaisertreuen Erdmann)
www.bvt-marburg.de/aktuelles_Der Hund.html (Exklusives Interview über „Tierbestattungen – ein Thema für Deutschland“, veröffentlicht in „DER HUND“ – Ausgabe Nr. 2 / 2005)