Anm. d. Redaktion: Am 7./8. September 2012 fand an der Universität Hamburg eine Tagung unter dem oben genannten Titel statt. Im Folgenden werden jene beiden Vorträge zusammengefasst, die sich in besonderem Maß mit Tod, Trauer und Erinnerung im Umfeld des Zweiten Weltkriegs befassten. Veranstalter der Tagung: Universität Hamburg, Institut für Volkskunde/Kulturanthropologie und Historisches Seminar/Hamburger Arbeitskreis für Regionalgeschichte (Prof. Dr. Sabine Kienitz, Prof. Dr. Norbert Fischer, Prof. Dr. Franklin Kopitzsch).
Der Historiker Malte Thiessen refererierte zum Thema "Bunker, Bombenlücken, Brandspuren – Die Stadt als Erinnerungsrahmen und Resonanzraum für Zeitzeugen".
Am Beispiel der Bombenangriffe auf Hamburg im Zweiten Weltkrieg zeigte er, wie der städtische Raum als Referenzrahmen für die Narrative familiärer Gedächtnisse funktionierte. Empirische Grundlage sind rund 250 Interviews mit Zeitzeugen.
Erstens dokumentierte Malte Thiessen, wie sich die Erinnerung an den "Feuersturm" in der Stadt zeigt, beispielsweise durch eine Gedenkstätte auf dem Ohlsdorfer Friedhof, durch Ausstellungen in Museen oder Erinnerungsreliefs an Hauswänden. Diese Spuren in der Topografie der Stadt bilden für die Überlebenden so genannte "Erinnerungsimpulse".
Neben diesen Formen reflektierten Gedenkens wirken zweitens Ruinen wie St. Nikolai sowie die Präsenz von Bombenlücken im Stadtbild als "Beglaubigung" für die eigene Erinnerung.
Drittens bilden die Geräusche der Stadt ("soundscape") einen Referenzrahmen: Feuerwehrsirenen und Probealarme wecken bei Zeitzeugen die Erinnerung an die Bombenangriffe. Resümierend stellte Malte Thiessen fest, dass der gegenwärtige Stadtraum hilft, Erinnerungen zu strukturieren und das Familiengedächtnis zu speisen. Abschließend analysierte Malte Thiessen jene Transformationsprozesse, denen Erinnerungen im Lebenslauf der Befragten unterliegen.
Die Sozial- und Wirtschaftshistorikerin Sylvina Zander ging unter dem Titel "Bombentrichter als landschaftliche Relikte: Der Luftangriff auf Bad Oldesloe 1945" den Spuren des Bombenangriffs vom 24. April 1945 auf die südostholsteinische Stadt nach. Es handelte sich – verursacht durch die Funktion Oldesloes als Bahnknotenpunkt – um einen der schwersten Luftangriffe in Schleswig-Holstein während des Zweiten Weltkriegs mit über 700 Toten.
In der im Stadtarchiv Bad Oldesloe dokumentierten mündlichen Erinnerung wird der Schrecken des Bombenkrieges unter anderem mit den auf der Angriffszeit 10.36 Uhr stehengebliebenen öffentlichen Uhren erinnert. Im Weichbild der Stadt zeigen sich teils bis heute die Folgen des Angriffs in Baulücken und Bombenkratern. Letztere sind inzwischen in offiziellen Karten als Biotope verzeichnet. Ein Bombenrelikt wurde museal in der Nähe des Bahnhofs als Hauptschauplatz des Angriffs aufgestellt.
Das Gedenken an den verheerenden Luftangriff wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch ein auf dem städtischen Friedhof 1947 errichtetes, vom Bildhauer Richard Kuöhl gestaltetes Denkmal und regelmäßige Gedenkfeiern zum Jahrestag institutionalisiert. Im städtischen Rathaus ist eine Tafel mit den Namen der Opfer angebracht. Nach zwischenzeitlichem Verebben der Gedenkfeiern werden diese gegenwärtig unter regelmäßigen, auch Zeitzeugenberichte umfassenden Presseberichten auch außerhalb des Friedhofs als Erinnerungsakte wieder durchgeführt.