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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Vom Verschwinden eines Grabmals - (Friedhof Nienstedten)

Der Friedhof Nienstedten im Westen Hamburgs bietet ein reiches Spektrum an Grabmalkultur.

Hier schmücken bemerkenswerte Grabmale nicht nur die Gräber reicher Altonaer und Hamburger Kaufleute, sondern auch jener Menschen, die im engen Bezug zum Hafen der Freien und Hansestadt gestanden haben. Dazu gehört auch das Grabmal für Jan Molsen (1869–1932), ehemaliger Direktor der Hamburger Hafen-Dampfschifffahrt-Gesellschaft, kurz HADAG genannt. Jan Molsen gilt als Vater der "grünen Dampfer", die noch heute unter gleicher Flagge den Personenfährbetrieb im Hafen sicherstellen.

Herausragend auf dem Friedhof war sein Grabmal: eine zweiflügelige und nach hinten abgestufte, sich verengende mannshohe Backsteinwand, errichtet ganz in der Tradition der vom Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher in den 1920/30er-Jahren propagierten Backsteinarchitektur. Werner Johannsen beschreibt sie in seinem 1992 erschienenen Friedhofsführer wie folgt: "... Dem Mittelteil sind zwei rechteckige Platten aus Muschelkalk eingefügt. Auf der unteren sind in Frakturschrift die Lebensdaten des Beigesetzten angebracht, die obere enthält in einem kreisrunden Feld das Relief eines in Fahrt befindlichen Großseglers. Die mit Jan Peter (Peter ist der zweite Vorname Jan Molsens) gekennzeichnete Brigg verweist zweifellos auf die berufliche Beziehung des Verstorbenen zur Schifffahrt …"

Bei der Recherche zur 3. Auflage seines Friedhofsführers stellte Werner Johannsen im März 2004 fest, dass das Grabmal nicht mehr existiert: Es war von der Friedhofsverwaltung abgeräumt worden, d.h., es musste erst zerstört werden, bevor es den Friedhof als Bauschutt verlassen konnte, ein unglaublicher Vorgang! Was mag wohl das Denkmalschutzamt, das auf diesem Friedhof viel in die Erhaltung bemerkenswerter Grabmale investiert hat, dazu sagen?

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Tod, Trauer und Weiblichkeit (Mai 2004).
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