Direkt zum Inhalt

OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Der Tod eines Zwangsarbeiters

"An dieser Stelle wurde am 23. März 1942 der auf dem Gut Hohenbuchen eingesetzte polnische Zwangsarbeiter Andrzej Szablewski auf Initiative der Hamburger Gestapo gehenkt."

"Der einzige Grund für seine Ermordung war die Unterstellung einer Liebesbeziehung zu einer deutschen Frau aus Poppenbüttel. Der 29-jährige Andrzej Szablewski war wie Millionen andere Ausländer zur Arbeit für die deutsche Kriegswirtschaft gezwungen worden. Die deutsche Frau verbüßte für diese nie bewiesene Beziehung eine dreijährige Haftstrafe im KZ Ravensbrück."

So lautet der Text einer Gedenktafel im Park Hohenbuchen in Hamburg-Poppenbüttel, die fast auf den Tag genau 61 Jahre später an der Stelle errichtet wurde, auf der einst eine mächtige Eiche stand, der Todesbaum für den polnischen Zwangsarbeiter. Der Ermordete wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf am Eingang Bramfeld verscharrt. Bis zum Kriegsende kamen hier einige tausend weitere Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge hinzu. Das weitläufige Gräberfeld der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft aus 28 Nationen strahlt heute eine friedliche und versöhnliche Atmosphäre aus. Jeder Tote hat ein eigenes Grab. Es ist mit einer Liegeplatte gekennzeichnet und mit Blumen bepflanzt, auch das von Andrzej Szablewski. Leider weist die Inschrift eine unkorrekte Schreibweise und ein falsches Todesdatum auf.

Die Aufstellung der Gedenktafel ist dem Historiker Andreas Seeger zu verdanken. Ohne seine mühevolle und beeindruckende Recherche über die Schicksale der beiden betroffenen Menschen wüssten wir heute nichts von alledem. Er hat das Ergebnis in einem Buch dokumentiert. Etwa 100 Gäste weihten am 24. März 2003 mit ihm die Gedenktafel ein, auch Angehörige des Zwangsarbeiters, extra aus Polen angereist, und die damals in Ravensbrück inhaftierte Hildegard Lütten waren dabei.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Urne im Wohnzimmer? (Mai 2003).
Erkunden Sie auch die Inhalte der bisherigen Themenhefte (1999-2024).