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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Besuch von Wandergesellin Julia im Museum

Die meisten Hamburger haben sicher schon einmal einen oder zwei dieser reisenden Gesellen aus der Zunft der Maurer oder Zimmerleute in berufstypischer Kluft mit schwarzer Melone oder breitkrempigen Hut gesehen.

Meistens sind es wohl männliche Vertreter ihres Handwerks gewesen. Wenig bekannt ist, dass es etwa 35 verschiedene Berufe gibt, deren Gesellen nach traditioneller Weise auf die Walz gehen, darunter zum Beispiel Bäcker, Konditoren, Buchbinder, Geigenbauer, Steinmetze, Schmiede, Maler, Schlosser und natürlich die schon erwähnten Berufe vom Bau. Und weiter ist interessant, dass zehn Prozent aller Wandergesellen Frauen sind, wobei diese Zahl in letzter Zeit ansteigend ist.

Zufällig war ein Fotoapparat mit Blitzlicht zur Hand, als am 21. August 2006 eine Wandergesellin im Museum Friedhof Ohlsdorf zu Besuch war. An ihrer roten Kluft mit den großen weißen Knöpfen ist sie als Vergolderin zu erkennen. Ihr Name ist Julia – Nachnamen spielen bei der Wanderschaft keine Rolle – sie ist 25 Jahre alt und schon seit dem Jahr 2003 unterwegs.

Vergoldergesellin Julia
Reisende Vergolder-Gesellin Julia zu Besuch im Museum Friedhof Ohlsdorf mit Helmut Schoenfeld vom Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V. (Foto: Schulze)

Üblicherweise dauert die Wanderschaft eines Gesellen oder einer Gesellin drei Jahre und einen Tag. Zu den weiteren Regeln der Wanderschaft zählt das Tragen der berufstypischen Kluft und eine Bannmeile um den Heimatort, in der man sich während der Wanderzeit nicht blicken lassen darf. In dem dicken Wanderbuch, das sie auf dem Foto in der Hand hält, werden die Nachweise für die Wanderschaft dokumentiert: Stempel, Adressen und Unterschriften von Handwerksmeistern, bei denen sie Arbeit gefunden hat, von Behörden und Institutionen, die weitergeholfen haben, wo es keine Arbeit gab, und auch von Museen. Helmut Schoenfeld, rechts im Bild, hat dafür gesorgt, dass jetzt auch Stempel und Unterschrift vom Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof in Julias Wanderbuch enthalten sind.

Zum Berufsbild der Vergolder und Vergolderinnen gehören Vergoldungen und Metallisierungen aller Art ebenso wie die Verarbeitung von Blattgold zum Beispiel bei der Herstellung von Bilderrahmen. Betätigungsmöglichkeiten finden sie darüber hinaus im Bereich Restaurierung und Denkmalpflege, bei der Wiederherstellung von vergoldeten Stuckelementen in barocken Kirchen und historischen Schlössern.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Torhaus und Friedhof (Februar 2007).
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