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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Humor auf Grabsteinen

Autor/in: Peter Schulze
Ausgabe Nr. 128, I, 2015 - Februar 2015

Humor auf Grabsteinen? Auf Grabsteinen des Ohlsdorfer Friedhofs ist das wohl eher eine Ausnahme.

Dort, wo außer Namen und Lebensdaten noch weitere Texte in den Stein gehauen sind, haben diese Sprüche oder Losungen eher etwas Nachdenkliches an sich, oft sind es Zitate aus der Bibel oder aus der großen Literatur, auf jeden Fall nichts zum Lachen. Humor scheint mit dem Ernst der Trauergebräuche in und um Hamburg herum nicht vereinbar. Ein Grabspruch wie "Hier liegen meine Gebeine, ich wünscht‘ es wären Deine", Titel einer gleichnamigen Grabspruchsammlung von Enno Hansing1, wäre unvorstellbar auf einem Ohlsdorfer Grabstein. Die für die Genehmigung von Grabsteinen zuständige Stelle der Ohlsdorfer Friedhofsverwaltung hätte mit Sicherheit ihr Veto eingelegt.

Ganz anders im Alpenraum, in Bayern, Österreich und der Schweiz, wie wir seit der Ausstellung "Der lustige Friedhof" vor und im Friedhofsmuseum im Jahre 2005 wissen.2 Zahlreiche Exponate dieser Ausstellung sind wegen ihres humorvollen Inhalts bestimmt den vielen Besuchern der Ausstellung noch immer in guter Erinnerung, wie zum Beispiel der Spruch "Hier schweigt Johanna Vogelsang, sie zwitscherte ihr Leben lang" oder "Hier liegt Martin Krug, der Kinder, Weib und Orgel schlug".

Die von Günther Kell zusammengetragene Sammlung von Sprüchen auf Grabsteinen des Ohlsdorfer Friedhofs, die im Friedhofsmuseum zur Einsicht ausliegt, enthält ebenfalls keinerlei Hinweise auf Texte, die auch nur ansatzweise etwas mit Witz oder Humor zu tun haben. Der Tod ist eben eine ernste Angelegenheit im Norden.

Grabsteine
Drei Ohlsdorfer Grabsteine mit zumindest merkwürdigen Grabsprüchen. Fotos: P. Schulze

Allerdings fand der Autor der erwähnten Sprüchesammlung drei Inschriften, die den Besucher mit Humor in einer ziemlich sarkastischen Form konfrontieren: "Zwischenstation" heißt es da kurz und knapp auf dem schwarzen Obelisken Linke in T18. Soll das ein Scherz sein? Gemeint ist wohl eine Zwischenstation zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Humor? Nicht wirklich. Auf dem Grabstein Keim in Q9, 15 kann man lesen: "Die Dummheit der Menschen hat mich umgebracht". Und auf dem Grabmal Grosse in S16, 445 mit Abbildung eines Hundekopfs steht: "Wer die Menschen kennt, liebt die Tiere". Verbitterung und Enttäuschungen im Leben werden wohl Grund für diese merkwürdigen Grabsprüche sein.

Es gibt aber noch einen Grabstein in Ohlsdorf, der wirklich zum Schmunzeln Anlass bietet: Wenn man von der Hagenbeckgrabstätte am Millionenhügel in Richtung Kapelle 7 läuft, kann man auf der rechten Seite des Weges den Grabstein von Professor Volker G. Schlegel entdecken, einen schönen, bildhauerisch bearbeiteten Grabstein mit dem Relief eines Löwenkopfes im oberen runden Abschluss.

Schlegel1
Grabmal Schlegel, Grablage AE 16, 178-81. Foto: P. Schulze

Unter dem Namen und dem Geburts- und Sterbedatum liest man den Spruch "Bitte keine Werbung" auf einem in den weißen Stein eingehauenen Briefkastenschlitz. Das ist ungewöhnlich! Was will uns der Verstorbene damit wohl sagen? Dazu muss man wissen, wer Prof. Volker G. Schlegel war. Professor Schlegel war der langjährige Leiter der Abteilung Werbefilm der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg, hatte also zeitlebens intensiv mit Werbung zu tun. Nachdem er gestorben ist, möchte er dem Besucher seiner Grabstätte anscheinend mitteilen: Jetzt ist damit Schluss! Bitte keine Werbung mehr! Der Mann hatte offenbar Humor über seinen Tod hinaus.

Schlegel2

1 Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur, Nr. 75, IV, 2001
2 Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur, Nr. 90, III, 2005

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Das Lachen und der Tod (Februar 2015).
Erkunden Sie auch die Inhalte der bisherigen Themenhefte (1999-2024).