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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Zur Geschichte der Ohlsdorfer Friedhofsführungen

Nachweislich wurden vor 112 Jahren die ersten Führungen über den Ohlsdorfer Friedhof angeboten.

Die Allgemeine Gartenbau-Ausstellung zu Hamburg brachte vom 1. Mai bis 4. Oktober 1897 viele auswärtige Besucher auf den Friedhof. Die größte Besucherzahl stellte der Internationale Gärtnertag Ende August mit etwa 2.000 Personen dar. Berufsbezogene Vereinigungen wie der Verein der Deutschen Garten-Künstler und die Deutsche Dendrologische Gesellschaft statteten dem Friedhof einen Besuch ab. Friedhofsdirektor Wilhelm Cordes erläuterte ihnen vor Ort die Sehenswürdigkeit Friedhof. Eigens zu diesem Zweck verfasste er einen Friedhofsführer.

Wie späteren Zeitungsberichten zu entnehmen ist, wurde der Friedhof 1900 schon damals bei den Hamburgern zu einem beliebten Ausflugsziel. An sommerlichen Tagen mussten die beiden Straßenbahnlinien in einem ein- bis zweiminütigen Abstand nach Ohlsdorf fahren. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Spaziergänge mit Erläuterungen angeboten wurden, denn die immer wieder aktualisierten Friedhofsführer beschrieben vermehrt zu empfehlende Spazierwege. Recherchen in alten Tageszeitungen zur Entwicklung der Ohlsdorf-Führungen in jener Zeit könnten Aufschluss darüber geben. Dem Verfasser ist bekannt, dass ab den 1970er Jahren vermehrt berufsorientierte Gruppen von der Verwaltung über den Friedhof geführt wurden, aber auch anlässlich der Internationalen Gartenbauausstellungen 1953, 1963 und 1973.

Den Typus Öffentliche Ohlsdorf-Führung mag es wohl erst seit 1989, dem Gründungszeitpunkt des Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof, geben: Man kündigt öffentlich in den Medien eine Führung an und erwartet Teilnehmer. Kommen nun Interessierte oder nicht, ist auch heute noch bis zur letzten Minute die Frage. Bis auf wenige Ausnahmen, wie eine sehr ungemütliche Wetterlage, hat der Förderkreis diese Konzeption in den zwanzig Jahren seines Bestehens mit Erfolg beibehalten. Ein erster Erfolg war die Friedhofsführung am 6. Dezember 1989 bei minus 6°, es kamen unerwartet 60 Teilnehmer. Von laufend wiederkehrenden Erfolgen kann die präzise geführte Statistik des Vereins berichten.

In dieser Statistik wird auch der Typus Sonderführung aufgeführt, angeboten auf Nachfrage von Gruppen, die zu allgemeinen oder bestimmten Zielen geführt werden möchten. Ob es der Hausfrauenbund oder eine Schulklasse ist, ob es Auszubildende im Pflegeberuf oder Studenten sind, aber auch Privatgruppen oder Betriebsausflügler, sie alle bedienen sich, z. T. wiederkehrend, gern der angebotenen Bereitschaft des Vereins, sich die Besonderheiten des Friedhofs erläutern zu lassen.
Ein Blick in die Statistik lässt erkennen, wie sich die Zahlen von Friedhofsführungen des Vereins auszugsweise in den zwanzig Jahren seines Bestehens darstellen. Danach konnten im rechnerischen Mittel in dieser Zeit, sowohl auf 527 öffentlichen als auch auf 780 Sonderführungen abgerundet etwa je 16.000 Interessierte (die Einwohnerzahl von zwei Kleinstädten!) informiert werden.

Eine tabellarische Darstellung lässt erkennen, dass die Anzahl öffentlicher Führungen statistisch gesehen etwa gleich bleibt, in der Praxis der letzten Jahre aber leicht abnimmt, die der Sonderführungen etwas steigt. Auf Führungen zu besonderen Anlässen und Zielen, wie die Rhododendronblüte, der Tag des offenen Denkmals oder das Riedemann-Mausoleum, sind besonders viele Teilnehmer zu verzeichnen. Einige Male wurden sogar fast 400 Teilnehmer gezählt. Das zunehmende Angebot anderer Vereinigungen, auch kommerzieller Art, mag die Kurve der gezählten Teilnehmer mit den Jahren wohl etwas nach unten ziehen, den Hauptanteil leistet aber immer noch der Förderkreis.

Die Führenden kommen aus unterschiedlichen Berufszweigen und haben sich das Wissen selbst angeeignet, oftmals im Rückgriff auf das Archiv des Vereins. Keine Führung gleicht der anderen. Es wird damit ein breites Spektrum an Themen angeboten, wie Friedhofs- und Stadtgeschichte, Mausoleen und Kapellen, Prominente, alte und neue Grabmalkunst, Friedhofsanlagen und Botanik, meistens miteinander kombiniert. Vor jeder öffentlichen Führung kann sich der Besucher an einem Info-Tisch über den Förderkreis oder den Friedhof informieren. Alle erwähnten Leistungen werden ehrenamtlich vollbracht und sind selbstverständlich kostenlos. Die erbetenden Spenden fallen leider oftmals mager aus. Dennoch, der Förderkreis wird bei seiner eingeschlagenen Konzeption bleiben und damit seinen Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit für den Friedhof leisten.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Friedhofsführer (August 2009).
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