Auf dem früheren Friedhof von Iselersheim befindet sich ein für seine Zeit ungewöhnliches Grabmal.
Das Tor der rechteckigen Grabanlage, die von einer Buchenhecke eingefriedet ist, besteht aus zwei rechteckigen Sandsteinpfeilern mit einem Gebälk, das einen flachen Stufengiebel trägt. Er zeigt in der Mitte das Porträt des Verstorbenen umgeben von einem Lorbeerkranz und benennt ihn mit einer beidseitigen Inschrift als: "JUERGEN CHRISTIAN FINDORF KÖNIGL. MOORKOMMISAER GEB. 22. FEBR. 1720 GEST. 31. JUL. 1792". Dieses Tor führt zu einem kleinen Platz mit einem Findling, der oben schräg spitzbogig zuläuft und in seiner Mitte noch einmal den schlichten Namenszug "Findorff" trägt.1 Während der Findling anscheinend schon kurz nach der Beerdigung Findorffs - allerdings noch ohne Schriftzug - als Erinnerungszeichen auf das Grab gesetzt wurde, kamen die Einfassung und das Tor erst in den 20er Jahren hinzu.
Dieser Findling ist ein sehr ungewöhnliches Grabmal, da solche großen unbehauenen Steine im 18. Jahrhundert äußerst selten als Grabmal verwendet wurden. Der Überlieferung nach soll der Bestattete sich diesen Stein selbst ausgesucht haben, so dass man das Erinnerungsmal auch als ein Zeichen seiner Persönlichkeit und seines Wirkens ansehen kann. Wer also war Jürgen Christian Findorf, dass er sich ein solche Grabstätte einrichten konnte?2
Findorff wurde in Lauenburg geboren, wo sein Vater Ratstischler war. Der Sohn erlernte das väterliche Handwerk. Bekannt ist, dass er wiederholt Auseinandersetzung mit der Zunft der Lauenburger Tischler hatte. 1747 wird er erstmals mit Tischlerarbeiten an einer Schleuse an der Mündung der Stecknitz in die Elbe aktenkundig. Der Aufseher dieser Arbeiten, der kurhannoversche Oberlandbaumeister Otto Heinrich von Bonn, förderte den jungen Mann in der Folgezeit mit einer Reihe weiterer Aufträge, wodurch dieser sich auch Kenntnisse in der Landvermessung und dem Zeichnen von Rissen und Karten erwarb.
Ende der 1740er-Jahre begannen die Arbeiten zur Kolonisation der Moore an Wümme, Hamme und Oste, an denen auch von Bonn und mit ihm Findorff teilnahm. Eine von diesem gezeichnete Karte der "Moore in den Ämtern Ottersberg, Lilienthal, Bremervörde" stammt aus dem Jahr 1753, in dem er als Kondukteur im Moor genannt wird. Bald kamen die Amtmänner der vier Moorämter Ottersberg, Lilienthal, Osterholz und Bremervörde nicht mehr ohne ihn aus. 1771 erreichten sie Findorffs Ernennung zum Moorkommissar, der ab dem folgenden Jahr eine feste Besoldung erhielt. Der neue Moorkommissar trieb die Kolonisation unaufhörlich voran. Im Jahre 1780 entwarf er den sogenannten Generalkulturplan, eine Karte des Moores zwischen Stade und Bremen und der daran grenzenden Geest mit dem Entwurf der neuen "Moor-Anbauungen". Er selbst verlegte seinen Wohnsitz nach Bremervörde und erwarb im nahen Mehedorf eine eigene Moorbauernstelle. Noch zu seinen Lebzeiten konnte das Kolonisationswerk weitestgehend abgeschlossen werden. In seinem Moorkatechismus hielt er die Grundsätze seiner Kolonisationsarbeit fest. Im Mittelpunkt dieser Schrift stehen die Menschen, die sich im Moor niederlassen sollten. Er entwarf und baute auch alle drei Moorkirchen in Worpswede, Gnarrenburg und Grasberg und bestimmte selbst die Auswahl der ersten Pfarrer mit. Zeitgenossen und Nachfahren haben sein Lebenswerk anerkennend gewürdigt. Seine Bauern nannten ihn "Vater aller Moorbauern" und seine Freunde unter den Beamten der Moorämter setzten ihm auf dem Worpsweder Weyerberg einen Obelisken als Denkmal, und auf dem Kirchhof seiner eigenén Gemeinde wurde er begraben.
1 Laut: Claudia Bei der Wieden, Erinnerungszeichen. Historische Grabmäler zwischen Elbe und Weser (1231-1900), Stade 2005, Bd. 2, S. 428 sollte sich dieses Grab in Klein Mehedorf (Iselersheim) bei Bremervörde - außerhalb des Friedhofes auf privatem Grund - befinden. Diese Angabe wurde auch in den Text übernommen und ist deswegen weiterhin in der gedruckten Ausgabe dieser Zeitschrift zu finden. Anfang 2010 erreichte die Redaktion jedoch die freundliche Mitteilung von Hermann Röttjer aus Iselersheim, dem Vorsitzenden des örtlichen Heimatvereins, mit dem Hinweis auf die richtige Lage der Grabstätte. Zur Erläuterung schreibt er dazu: "Der Begräbnisplatz in der Ortsmitte von Iselersheim wurde seit Gründung der Moorsiedlungen seit etwa 1777 bis Mitte der 1950er Jahre zur Bestattung der Verstorbenen aus Mehedorf, Iselersheim und Neuendamm genutzt. Danach wurde ein neuer Friedhof angelegt. Fast alle Gräber sind inzwischen geschleift. Auf dem alten Begräbnisplatz wurde 1958 die Findorff-Kirche erbaut und 2005 das Findorff-Haus, in dem über das Leben und Werk von Findorff in einer Dauerausstellung berichtet wird. Findorff starb am 31. 7. 1792 in Bremervörde und wurde am 3.8.1792 in Iselersheim beigesetzt."
2 Die Informationen zu Findorff stammen aus: Lebensläufe zwischen Elbe und Weser. Ein biographisches Lexikon, Bd. 1, Stade, Landschaftsverband der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden, 2002.