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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Die Bedeutung ehrenamtlicher Tätigkeiten für den Ohlsdorfer Friedhof

Der Parkfriedhof Hamburg-Ohlsdorf ist nicht nur wegen seiner enormen Größe und wegen seiner Bestattungszahlen weltweit bekannt geworden, sondern insbesondere wegen seiner Bedeutung als Gesamtkunstwerk: Grabmalplastiken, eingebettet in die romantische Parklandschaft des Friedhofsdirektors Wilhelm Cordes oder in die architektonisch strenge Gestalt eines Reformfriedhofs des Gartendirektors Otto Linne, erfreuen noch heute jeden Friedhofsbesucher.

Um dieses Werk erhalten zu können, führte das Denkmalschutzamt mit finanzieller Unterstützung der Volkswagenstiftung von 1981 bis 1986 ein Forschungsprojekt zur Inventarisierung des Grabmalbestandes durch. Sein Ergebnis mündete im zweibändigen Standardwerk Der Hamburger Hauptfriedhof Ohlsdorf. In der Zeit danach erhob sich die Frage: Wie geht es nun weiter? Hier beginnt 1989 die Geschichte des ehrenamtlich wirkenden Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof e.V., die Geschichte eines Erfolgsmodells und seine Bedeutung für den Friedhof. Das Ziel ist, durch Information der Öffentlichkeit zu helfen, historische Grabdenkmale und Friedhöfe in Hamburg mit dem Schwerpunkt Ohlsdorf zu erhalten, und der Verdrängung des Todes aus dem öffentlichen Bewusstsein entgegenzuwirken. Die Gründungsmitglieder kamen aus unterschiedlichen Berufsgruppen. Aus den dreizehn Startern wurden bis heute über 200 eingetragene Mitglieder und etwa 200 weitere dem Verein nahestehende Interessierte. Etwa 30 von ihnen bilden heute den „harten Kern”. Sie tragen die Hauptlast in ausschließlich ehrenamtlicher Tätigkeit, rein rechnerisch durchschnittlich etwa 2 bis 3 Stunden täglich – bei einigen mit Sicherheit deutlich mehr! Dieser kaum auf Zeitverbrauch ausgerichtete Einsatz um einer ideellen Aufgabe wegen ist nicht hoch genug zu loben. Der Altersaufbau der Aktiven nähert sich dem demoskopischen Bild unserer Gesellschaft, immer mehr werden 50 Jahre alt und älter.

Der Verein versteht sich auch als eine Art Bildungseinrichtung in Sachen Friedhofskultur – nicht nur für den Ohlsdorfer Friedhof. In den Monaten April bis Oktober eines jeden Jahres bietet der Verein Friedhofsführungen und auswärtige Exkursionen an, im Winterhalbjahr wissenschaftliche Vorträge. In den 15 Jahren des Bestehens wurden auf etwa 400 öffentlichen und 300 Sonderführungen fast 25 000 Besucher gezählt. Auf den Sonderführungen werden z.B. Privatgruppen, Hausfrauen- und Sportvereine aber auch Schulklassen, Schwesternschülerinnen sowie Studenten mit ihren Professoren angesprochen. Die Veranstaltungen stehen oftmals unter einem Schwerpunktthema wie Trauer und Musik oder jüdische Friedhöfe. Auf den mehrtägigen Exkursionen wurden ausgesuchte Friedhöfe in Deutschland unter fachkundiger und örtlicher Leitung besucht. Seit 1995 erscheint unsere Vierteljahresschrift Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur. Auch sie wird in ehrenamtlicher Tätigkeit von Mitgliedern erstellt. Der Internetauftritt des Vereins schlägt elektronische Brücken zu Gleichgesinnten. Und was wäre das Friedhofsmuseum ohne die ehrenamtlichen Betreuer und Betreuerinnen und der jährlich wiederkehrende zehntägige Informationsstand auf der Hamburger Messe Du und deine Welt? Die Idee der Grabmalpatenschaften kam vom Friedhof Melaten in Köln zum Friedhof Ohlsdorf in Hamburg, gefördert und vorbereitet vom Förderkreis.

All diese ehrenamtlichen Tätigkeiten werden in bester Zusammenarbeit und in Harmonie mit der Friedhofsverwaltung geleistet. Beide Seiten wissen, dass es wohl kaum zu solchen Erfolgen kommen könnte, wenn nicht der eine in betrieblicher und der andere in ehrenamtlicher Weise freundschaftlich miteinander verkehren würde. Die ehrenamtliche Bedeutung des Vereins liegt darin begründet. Er hat sich damit auch zu einer Art Musterverein für Friedhofsförderer entwickelt, der bereits für Berlin-Stahnsdorf und Dresden Pate stand und vielleicht auch für die Stadt Ljungby in Schweden stehen könnte, wie jüngst der Besuch von dortigen Friedhofsverwaltern andeuten ließ.

Wie finanziert der Verein seine Aktivitäten? Auf keinen Fall durch staatliche Zuschüsse, denn für historische Friedhöfe sind die Kassen geschlossen. Ausnahmen sind Mittel des Denkmalschutzamtes für die Restaurierung zweier Objekte, doch das liegt Jahre zurück. Die Ausgaben für die Vereinsverwaltung werden durch die Mitgliedsbeiträge gedeckt. Aber viele Kleinspender geben nach den Veranstaltungen und ihrem Museumsbesuch einen Obolus und manchmal tritt überraschend auch ein Spender mit einer etwas größeren Summe auf den Plan. Das Hauptkapital ist jedoch die idealistische Kraft der Mitglieder und deren Gemeinschafsgefühl für die gemeinsame „Ohlsdorf-Liebe”. Ihnen allen sei an dieser Stelle Dank gesagt.

Ein ähnlicher Förderverein ist auch anderen Friedhöfen zu wünschen. Wäre hier nicht die Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal (AFD) geeignet, mit ihrem Ansehen als Verbindungsglied, als Initiator zu wirken? Ein gemeinschaftliches Treffen in der „Sepulkral-Hauptstadt Kassel” zum Wissensaustausch bereits bestehender Fördervereine und für Informationen interessierter Gruppen sei hiermit angeregt, damit die dargelegte Bedeutung ehrenamtlicher Tätigkeiten auch anderen Friedhöfen zugute käme.

(Gekürzte Fassung eines Vortrages, gehalten anlässlich der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal AFD am 18. Juni 2004 in Hamburg)

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Friends of Ohlsdorf - 15 Jahre Förderkreis (August 2004).
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