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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

"Amadeus" - ein Armenbegräbnis im Film

Autor/in: Peter Schulze
Ausgabe Nr. 79, IV, 2002 - November 2002

Wolfgang Amadeus Mozart (* Salzburg 27.1.1756 , † Wien 5.12.1791), erscheint uns heute als eines der vielseitigsten Musikgenies aller Zeiten.

"Es gibt kein Musikgebiet, auf dem er nicht Herrlichstes und Höchstes geschaffen hätte," schreibt Gerhart von Westerman, Intendant des Berliner Philharmonischen Orchesters, in Knaurs Konzertführer 1951. Gleichwohl war dem so berühmten Komponisten nur ein sehr kurzes und zeitweilig sehr beschwerliches Leben vergönnt.

Nachdem er eine sichere Stellung als erzbischöflicher Konzertmeister in Salzburg aufgegeben hatte, um als freier Künstler zu wirken, hatte Mozart immer wieder mit schweren Geldnöten zu kämpfen. Die ständigen Sorgen und Überarbeitung bei zartester Gesundheit führten ein frühzeitiges Ende herbei: Er war gerade einmal 35 Jahre alt und mitten in der Arbeit an seinem Requiem, als er, vermutlich an einer Infektionskrankheit, verstarb. Da Mozart zu dieser Zeit wieder einmal völlig mittellos war, erhielt er ein Armenbegräbnis ohne jegliche Feierlichkeiten.

Der genaue Ort der Mozart-Grabstätte ist heute unbekannt. Denn den wenigen Angehörigen soll der Weg zum Friedhof bei winterlicher Dunkelheit und schlechtem Wetter zu unbequem gewesen sein. Nicht einmal ein eigener Sarg war dem Verstorbenen vergönnt. Man benutzte einen wieder verwendbaren Sarg mit aufklappbarem Boden, mit dem der in einen Sack eingenähte Leichnam über einer Grube "verklappt" werden konnte.

Die Darstellung dieses Armenbegräbnisses für den berühmten Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart war eine der beklemmendsten Szenen in dem seinerzeit sehr erfolgreichen Kino-Film "Amadeus" aus dem Jahr 1984. Der von dem tschechisch-amerikanischen Regisseur Milos Forman nach einer Vorlage des englischen Dramatikers Peter Shaffer aus dem Jahr 1979 gedrehte Spielfilm über das Leben und Sterben Mozarts erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den als besten Film, den für die beste Textvorlage und für die beste Regie, sowie vier Golden Globes.

Das heute auch in Österreich unübliche Begräbnisverfahren entsprach Hofdekreten des Kaisers Joseph II. vom 23. August und 13. September 1784, worin es heißt: "Da bei der Verwesung kein anderes Absehen sein kann, als die Verwesung sobald als möglich zu befördern und solcher nichts hinderlicher ist, als die Eingrabung der Leiche in Todtentruhen, so wird für gegenwärtig geboten, dass alle Leichen ganz bloß ohne Kleidungsstücke eingenäht, sodann in die Todtentruhe gelegt, und in solcher zum Gottesacker gebracht werden sollen."

Weiter heißt es in diesem Hofdekret: "Soll bei den Kirchhöfen jederzeit ein Graben von 6 Schuh tief und 4 Schuh breit gemacht, die dahin gebrachte Leiche aus der Truhe allemal herausgenommen, und wie sie in den leinenen Sack eingenäht ist, in diese Grube geleget, mit ungelöschtem Kalk überworfen, und gleich mit der Erde zugedeckt werden. Sollten zu gleicher Zeit mehrere Leichen ankommen, so können mehrere in die nämliche Grube gelegt werden; jedoch ist unfehlbar die Veranstaltung zu treffen, daß jeder Graben, in welche tote Körper gelegt werden, allsogleich mit Erde angefüllt und zugedeckt werde, auf welche Art dergestalt fortzufahren ist, daß jederzeit zwischen den Gräben ein Raum von 4 Schuh zu lassen ist.

Zur Ersparung der Kösten ist die Veranlassung zu treffen, dass jede Pfarre eine ihrer Volksmenge angemessene Anzahl gutgemachter Todtentruhen von verschiedener Größe sich beischaffe, welche jedem unentgeltlich darzugeben sind; sollte aber dennoch jemand eigene Todtentruhen für seine verstorbenen Verwandten sich beischaffen, so ist es ihm unbenommen; jedoch können die Leichen nie mit den Truhen unter die Erde gebracht werden, sondern müssen aus solchen wieder herausgenommen, und diese zu anderen Leichen gebraucht werden."

Diplom-Kaufmann Franz Knispel von der Europäischen Vereinigung für Bestattungsdienste in Wien, der dem Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof freundlicherweise Kopien der Hofdekrete zur Verfügung stellte, vermutet, dass die darin angeordnete Manipulation mit der Leiche dazu geführt hat, die erwähnte Todtentruhe, d.h. den Sarg, mit einem aufklappbaren Sargboden zu versehen und dass die Bezeichnung "Klappsarg" dem allgemeine Sprachgebrauch, also dem Volksmund, entstammt.

klappsarg
"Klappsarg" (Foto: aus "Bestattungswesen Wien")

Auch der Ausdruck "Armengräber" ist keine offizielle Bezeichnung, obwohl auch noch in den Medien - vor allem in Wien - von solchen Gräbern gesprochen wird. Schon Joseph II. sah in seinem Hofdekret vor, dass gegebenenfalls mehrere Leichen in die nämliche Grube (Schacht) gelegt werden können, und die Friedhofsordnung der Stadt Wien kannte noch bis 1970 Schachtgräber für die Aufnahme mehrerer Leichen, wenn für die Kosten des Begräbnisses niemand aufkam. Ab dem Jahre 1971 werden Verstorbene, wenn innerhalb von fünf Tagen kein Begräbnis bestellt wird, zu Lasten der Stadt Wien in "einfachen Gräbern", jedoch jeweils nur eine Leiche, bestattet. Das Benützungsrecht an diesen einfachen Gräbern endet jedoch nach 10 Jahren und kann nicht verlängert werden. Die Bezeichnung "Sozialbestattung" ist ebenfalls in Österreich nicht üblich, es wird in jenen Fällen, in denen kein Besteller auftritt, auf Grund der Sozialhilfegesetze der einzelnen Bundesländer von den Gemeinden ein einfaches Begräbnis durchgeführt.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Armenbegräbnisse (November 2002).
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