Am 10. Juli 1998 beschlossen im Festsaal der Wiener Städtischen Bestattung die Leiter und Mitarbeiter der europäischen Bestattungsmuseen die Gründung der European Federation of Funeral Museums (EFFM), um ihre Öffentlichkeitsarbeit durch eine gemeinsame Plattform zu intensivieren.
Mit Ausnahme des traditionsreichen Wiener Bestattungsmuseums, das bereits 1967 aus Anlaß des 60jährigen Bestehens der Städtischen Bestattung Wien eröffnet wurde, sind alle Partnermuseen der EFFM relativ junge Einrichtungen, darunter auch das 1992 eröffnete Museum für Sepulkralkultur in Kassel. Galt das Wiener Museum mit seinem Sammlungsbestand aus Särgen, Leichenwagen, Bahrtüchern, Uniformen der Friedhofsbediensteten usw. lange Jahre als Exot in der Museumslandschaft, nicht minder das Kasseler Museum zum Zeitpunkt seiner Entstehung, so überrascht wenige Jahre später die Vielfalt der europäischen Bestattungsmuseen die Fachwelt ebenso wie die Besucherinnen und Besucher, zumal man noch vor wenigen Jahren derartigen Spezialmuseen, die sich den Themenkreisen Sterben, Tod und Bestattung widmen, kaum eine Existenzchance eingeräumt hätte. Denn immer noch gelten Sterben und Tod als gesellschaftliche Tabuthemen.
Falsch würde man aber mit der Vermutung liegen, es gäbe europaweit politische Entscheidungen zugunsten solcher Museen im Sinne einer öffentlichen Aufklärungs- kampagne, um die Menschen wieder an die Grundlagen einer verantworteten Bestat- tungskultur heranzuführen. Vielmehr verrät die höchst unterschiedliche Organisation und Struktur dieser Museen eine ebenso differenzierte Entstehungsgeschichte, die im Einzelfall auch Widerstände und Finanzierungsschwierigkeiten erkennen läßt, mehr aber noch belegt, daß das Engagement einzelner Persönlichkeiten ausschlaggebend gewesen ist. Abzulesen ist das alles auch an der Form, wie die Trägerschaft solcher Einrichtungen geregelt wird.
Am verständlichsten ist sicherlich die Entstehung des Wiener Bestattungsmuseums, das gewissermaßen als Firmenmuseum der Wiener Städtischen Bestattung entstand und als solches auch heute von den Wiener Stadtwerken getragen wird. In dieser Form war das Wiener Museum Vorbild für eine ähnliche Einrichtung in Budapest, das Kegyeleti Múzeum, am ehesten mit Pietäts- oder Ehrfurchtsmuseum zu übersetzen. Das Kasseler Museum für Sepulkralkultur besitzt einen eigenen Status, da es zwar von einem Verein, der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal getragen wird, als einziges der europäischen Bestattungsmuseen aber mit Hilfe großzügig gewährter Förderungen des Bundes, des Landes Hessen und der Kirchen betrieben werden kann. Die angesprochene Vielfalt der europäischen Bestattungsmuseen ist jedoch in erster Linie dem jahrzehntelangen Engagement Einzelner und dem tatkräftigen Wirken von Fördervereinen zu verdanken.
Der Grundstock für die Sammlung Friedhof Hörnli in Riehen bei Basel wurde so vor Jahrzehnten gelegt, als der Friedhofsangestellte Peter Galler mit der Entsorgung zahlreicher Urnen beauftragt war, er in Anbetracht des kulturhistorischen Wertes dieser Urnen sie aber nicht vernichtete, sondern erst einmal aufhob. Der Gedanke an ein eigenes Museum war damals noch fern, aber immer mehr Gegenstände kamen zusammen, alles, was in irgendeiner Form mit der Bestattung und dem Friedhof in Basel Stadt und Land zu tun hatte. Peter Galler sammelte dabei keineswegs nur das Besondere oder Wertvolle, sondern durchaus im Sinne heutiger Kulturarbeit auch das Gewöhnliche und Normale. So besitzt die Sammlung Friedhof Hörnli heute u.a. auch die ältesten motorisierten Friedhofsgeräte, benzingetriebene Rasenmäher und einen alten Traktor. Damit wurde die Voraussetzung geschaffen, die Sammlung zu einem Identifikationsmittelpunkt für alle werden zu lassen, die beruflich mit dem Friedhof zu tun haben, eine nicht zu unterschätzende soziale Funktion für Berufe, deren gesellschaftliche Akzeptanz noch nicht in der wünschenswerten Weise erfolgt ist.
Der rührige Peter Galler ließ aber nicht locker, ehe ein Weg zur Präsentation seiner Schätze gefunden war. Schließlich fand die Sammlung ein Unterkommen in einem Trakt des Krematoriums auf dem Hörnlifriedhof, wodurch auch deutlich wird, daß Gallers Engagement spätestens bei der Museumsfrage ohne die tatkräftige Unterstützung seitens der Friedhofsverwaltung nicht mehr ausgekommen wäre. 1994 konnte das Museum "Sammlung Friedhof Hörnli" gegründet werden und kann nun auf 380 qm eine Vielzahl bedeutender kulturgeschichtlicher Objekte der Basler und Schweizer Bestattungskultur zeigen. Besonders beeindruckend für die Besucher sind die zahlreichen pferdegezogenen Leichenwagen, die längst nicht mehr alle in der Schausammlung Platz finden, sondern teilweise in den Grüften des Krematoriums magaziniert werden müssen. Die Erweiterung der Ausstellungsfläche ist deshalb das nächste angepeilte Ziel.
Galler ist dabei nicht nur Sammler, Verwalter und Sponsorensucher, sondern auch Restaurator seiner geschätzten Leichenkutschen. Sachkundig erklärt Galler sogar anhand des Abriebes der Räder, ob der Leichenwagen ehedem auf gepflastertem oder geschotterten Wegen unterwegs war. Unterstützt wird die Museumstätigkeit durch einen Förderverein, der auch während der Öffnungszeiten des Museums die Betreuung der Besucher übernimmt, und eine Tasse Kaffee gehört allemal dazu.
Auf eine durchaus vergleichbare Geschichte blickt das "Museum Friedhof Ohlsdorf" zurück, dessen Sammlung ebenfalls zu einem Zeitpunkt entstand, als noch niemand an ein Museum dachte, am wenigsten Uwe Prasse, während seiner aktiven Berufszeit Leiter des Krematoriums, der hier stellvertretend für die Friedhofsmitarbeiter genannt werden soll, die, jeder auf seinem Gebiet, mit Billigung ihrer Vorgesetzten, aber ohne Auftrag, historisches "Allerlei" gesammelt haben, um es vor dem Vergessen, Verschwinden oder Vernichten zu bewahren. Glücklich ist der Umstand zu werten, daß die Tätigkeit des Sammelns und Bewahrens frühzeitig mit den Aktivitäten des "Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof" koordiniert werden konnte, dessen Anliegen die Erforschung und Bewahrung des mit 400 Hektar weltgrößten Friedhofes ist. Da es sich bei diesem 1877 eröffneten Friedhof um den ersten, nach amerikanischen Vorbildern gestalteten Parkfriedhof Deutschlands handelt, der die Friedhofsplanung in unserem Land nachhaltig beeinflußt hat, darf das schließlich am 20. November 1996 eröffnete Museum durchaus eine überregionale Bedeutung für sich beanspruchen.
Den Weg zum Museum beschleunigte die seit 1995 neue Betriebsform der "Hamburger Friedhöfe - AöR", die aufgrund eines neuen Selbstverständnisses vom Friedhof als kundenorientierter Serviceeinrichtung der Museumsgründung aufgeschlossen gegenüberstanden und auch bereit waren, sich finanziell zu beteiligen. So entstand aus privatem Engagement, dem ehrenamtlichen Wirken der Mitglieder des Förderkreises und der Unterstützung durch den Friedhofsträger ein eindrucksvolles Museum. Eingerichtet wurde es in einem nahe dem Eingang des Friedhofes gelegenen Gebäude, das grundlegend renoviert und für museale Zwecke umgebaut wurde. Immerhin stehen jetzt 60 qm, verteilt auf drei Räume, zur Verfügung, um die Geschichte des Ohlsdorfer Friedhofes, seine Grabmalkultur und die Entwicklung der Feuerbestattung in der Hansestadt zu dokumentieren.
Ähnlich Basel wird man in Hamburg in absehbarer Zeit an eine Erweiterung der Räumlichkeiten denken, und zumindest eine Nutzung der Freiflächen vor dem Museum wäre ohne allzu großen Aufwand beispielsweise für die Präsentation historischer Grabmale oder auch für einen Leichenwagen denkbar. Pläne für ein großräumiges Freilichtmuseum werden bereits diskutiert. Räumlichkeiten der Friedhofsverwaltung oder des alten Krematoriums wären für Sonderausstellungen nutzbar. Basel wie Hamburg zeigen, wie aus kleinen Anfängen in einer gewissen Eigendynamik Realisation und weitere Pläne entstehen. Dabei sind sich die Verantwortlichen, die hier nicht alle genannt werden können, darin einig, daß auch oder gerade Museen für Bestattungskultur ständig an ihrer Attraktivität und Akzeptanz arbeiten müssen. Wenn hier für Basel und Hamburg zwei Namen stellvertretend für Eigeninitiative und ehrenamtliche Tätigkeit genannt wurden, so darf nicht vergessen werden, daß es sich stets um ein Zusammenwirken vieler handelt.
Das gilt uneingeschränkt auch für das im Entstehen begriffene "Nederlands Uitvaartmuseum" (wörtlich Ausfahrtsmuseum), das noch in der Phase der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten und der notwendigen finanziellen Ausstattung steht. Die reichhaltige Sammlung historischer Bestattungsrequisiten, die schon mehrfach in Sonderausstellungen zu sehen war, läßt von diesen Plänen eine wertvolle Bereicherung einer wachsenden sepulkralen Museumslandschaft erwarten.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang schließlich das Bestreben eines Bestattungsunternehmers im Londoner Westend, mit der Errichtung des "National Funeral Museums" auf dem Gelände seines erst jüngst bezogenen neuen Betriebsgeländes englische Bestattungskultur zu bewahren und zu zeigen. Wird dieses weitere Museum ausschließlich auf privatwirtschaftlicher Basis betrieben, so müssen alle Investitionen aus dem Betrieb des Unternehmens erwirtschaftet werden, während der Unterhalt durch die Angliederung eines Schulungs- und Seminarzentrums mit finanziert werden soll. Für Interessenten ist schon heute die reiche Sammlung an historischen Bestattungsfahrzeugen und Dokumenten britischer Begräbniskultur auf Anfrage zugänglich.
Der knappe Überblick über die Bestattungs- und Friedhofsmuseen, die auf private Initiative zurückgehen, zeigt, daß die Mehrzahl der jüngst in einem gemeinsamen Prospekt vorgestellten Partnermuseen der EFFM ohne dieses persönliche Engagement nicht entstanden wären und nicht betrieben werden könnten. Dabei ist weniger an die Finanzmittel zu denken, die von den Fördervereinen eingeworben werden, sondern mehr noch an die Betreuung der Sammlung wie der Besucher, an die wissenschaftliche Arbeit und die Organisation der Öffentlichkeitsarbeit. Im Zusammenwirken der betriebseigenen Museen der Bestattungsanstalten, der ehrenamtlich oder privatwirtschaftlich organisierten Sammlungen und dem öffentlich geförderten Museum in Kassel liegen Chancen, in deren Nutzbarmachung alle Beteiligten noch am Beginn stehen. Der Austausch von Information, ein erleichterter Leihverkehr zwischen den Partnermuseen, die Weitergabe von Sonderausstellungen, eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit und nicht zuletzt die persönliche Begegnung sind die Ziele einer verstärkten Zusammenarbeit. Gleichwohl erfordert die Zusammenarbeit in welcher Form auch immer Zeit und Geld, und letzteres ist am ehesten für die ehrenamtlich geleiteten Museen das Hauptproblem. Ein gemeinsamer finanzieller Mindestetat über einen oder mehrere Förderer der EFFM steht deshalb auf der Prioritätenliste ganz oben. Ob dies zu erreichen ist, wird ganz wesentlich davon abhängen, daß es gelingt, die geleistete Arbeit als wichtig für die Gesellschaft erkennbar werden zu lassen. Gelingt dies nicht, so steht auch ehrenamtliches Engagement in der Gefahr, durch Frustration geschmälert zu werden.
Zunächst einmal ist jedoch allen Engagierten für das bisher Erreichte zu gratulieren und gerade aus der Warte eines "Hauptamtlichen" großer Respekt für die geleistete Arbeit zu zollen.