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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Friedhof als maritime Landschaft: Niendorf an der Ostsee und andere Beispiele

Gemeinschaftsgrabanlagen zählen zu den wichtigsten Trends aktueller Friedhofs- und Bestattungskultur. Der Begriff selbst ist nicht eindeutig definiert. Im weitesten Sinn meint er eine Anlage, die zusammenhängenden Gestaltungskriterien folgt und von zentraler Hand gepflegt wird. Lange Zeit wurde der Begriff allein für so genannte Anonyme Felder mit Rasenbestattungen ohne individuelle Kennzeichnung des Einzelgrabes verwendet. Gegenwärtig jedoch wird der Begriff vor allem für thematisch, symbolisch oder gruppenbezogen orientierte Anlagen benutzt. Meist - aber nicht immer und keineswegs zwingend - handelt es sich um Aschenbeisetzungen.

Auf Friedhöfen an den Küsten von Nord- und Ostsee wird dabei verstärkt auf maritime Symbolik und maritim-landschaftliche Gestaltung zurückgegriffen. Ein bereits seit einigen Jahren bestehendes Beispiel befindet sich auf dem Hauptfriedhof Altona in Hamburg. Unter den gartenarchitektonisch vielfältig gestalteten "Erinnerungsgärten" gibt es die sogenannten Küstengärten. Weithin sichtbar ist ein rotweißer Leuchtturm, der zusammen mit Anker- und Schiffsdarstellungen diese Gemeinschaftsanlage akzentuiert.


Evangelischer Friedhof Niendorf an der Ostsee: Grabanlage "Am Leuchtturm" (1; Fotos 1-4: Norbert Fischer)

Urnengemeinschaftsfeld "Am Strand" (2)

Besonders eindrücklich und die Gesamtanlage geradezu prägend zeigt sich die maritime Landschaft auf dem evangelischen Friedhof Niendorf - einem Ortsteil des Seebades Timmendorferstrand an der Ostsee (Lübecker Bucht). Hier tragen die Urnengemeinschaftsfelder unterschiedliche maritime Namen: Ein Leuchtturm bildet den Mittelpunkt der gleichnamigen Anlage, die sich links neben dem Haupteingang befindet. Sie bietet Platz für 22 Urnen und die Möglichkeit, eine gravierte Grabplatte zu legen. Eine weitere Anlage trägt den Namen "Am Strand" und dient der namenlosen Beisetzung. Auf der Anlage "Unter Segeln" erfolgt die Namensnennung auf einer Stele, auch Schnittblumen als Gedenkzeichen können abgelegt werden. Bepflanzung und Pflege der Urnengemeinschaftsanlagen obliegen der Friedhofsverwaltung.
Darüber hinaus bieten immer mehr Friedhöfe die Möglichkeit, die Namen von seebestatteten Personen auf einem Gemeinschaftsdenkmal vermerken oder Erinnerungsorte in einer maritimen Gemeinschaftsanlage gestalten zu lassen. Dies gilt auch für den Niendorfer: Der zentrale Gedenkstein besteht aus schwarzem Granit und trägt eine Inschrift, die auf Worten des biblischen Psalm 139 beruht. Zusätzlich sind auf dem Gedenkstein die Koordinaten der Beisetzungsstelle in der Lübecker Bucht verzeichnet. Hinterbliebene können einen kleinen Naturstein mit dem Namen des oder der Verstorbenen für zehn Jahre auf der Gedenkanlage ablegen. Dass dies viel genutzt wird, hängt mit der Bedeutung Niendorfs als Ostseehafen und häufiger Ausgangspunkt für Seebestattungen zusammen.


Zentrales Denkmal für Seebestattungen auf dem Friedhof Niendorf (3)

Persönlicher Gedenkstein für eine Seebestattung mit den Koordinaten des Beisetzungsortes (4)

Aber auch weiter im Binnenland liegende Friedhöfe weisen maritim gestaltete Seebestattungs-Gedenkplätze auf, wie der Rensefelder Friedhof in Bad Schwartau und der Friedhof Ratekau dokumentieren - beide befinden sich in der Nähe von Lübeck.


Gedenkanlage für Seebestattungen auf dem Rensefelder Friedhof in Bad Schwartau (5)
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