Interview mit Thomas Lienau-Becker, Lebenspartner des verstorbenen Dr. Heiko K.L. Schulze
Ohlsdorf - Zeitschrift für Trauerkultur (OZT): Thomas, wann ist dir zum ersten Mal aufgefallen, dass Heiko sich für den Bildhauer Arthur Bock interessiert?
Thomas Lienau-Becker (TLB): Von 1984 bis 1986 hat Heiko ja zusammen mit Barbara Leisner und Ellen Thormann beim Forschungsprojekt des Denkmalamtes auf dem Ohlsdorfer Friedhof gearbeitet. Davon hat er damals viel erzählt und auch viele Namen von Künstlern erwähnt. Aber an den von Arthur Bock kann ich mich aus dieser Zeit nicht erinnern.
Kurz nach unserem Umzug nach Kiel 1986 waren wir dann auf einem Kunstmarkt in der Ostseehalle. Und ich erinnere mich noch gut, wie er an einem Stand eine ca. 30 cm hohe Bronzefigur entdeckte, deren Schöpfer er offensichtlich aus Ohlsdorf kannte. Kurze Zeit später war sein erstes in Kiel verdientes Monatsgehalt ausgegeben und Heiko war glücklicher Besitzer der Bronzefigur "Vaterland" von Arthur Bock. Damals habe ich diesen Namen zum ersten Mal bewusst wahrgenommen. Und dann stand diese Plastik mehr als drei Jahrzehnte in seinem Arbeitszimmer.

OZT: In Kiel war Heiko dann ja Dezernent im Landesamt für Denkmalpflege. Hat er in dieser Tätigkeit auch mit Arthur Bock zu tun gehabt?
TLB: Nein, da war er lange für historische Bauforschung zuständig, aber auch für Publikationen und später für Planungsverfahren (und vieles andere). Daneben behielt er aber immer sein Interesse an historischen Friedhöfen und hat auch einmal ein kleines Buch veröffentlicht: "Darauf man mit Andacht gehen kann. Historische Friedhöfe in Schleswig-Holstein". Das war die Jahresgabe einer Versicherung an ihre Mitglieder - von denen nicht alle von dem Thema begeistert waren...

OZT: Hat er sich in dieser Zeit denn auch weiter mit Arthur Bock beschäftigt?
TLB: Ja, der Name tauchte gelegentlich auf. Vor allem seitdem es das Internet gab, hat Heiko immer mal wieder geschaut, was er dort über Arthur Bock findet. Und oft sagte er, wie schade es sei, dass das Werk dieses Bildhauers nie gründlich erforscht worden wäre. Also, den Wunsch, sich noch einmal gründlich mit Arthur Bock zu befassen, hatte er schon lange.
OZT: Und richtig losgelegt hat Heiko dann, als er im Ruhestand war?
TLB: Nein, das war schon früher. Er hatte sich ja neben seiner Arbeit einige Jahre lang in der Piratenpartei engagiert, und als es ab 2013 mit der bergab ging, hatte er mehr Zeit für Arthur Bock. Damals hat er dann intensiv den Kunstmarkt verfolgt und auch einige Bronzen erworben - die mir unterschiedlich gut gefielen, um ehrlich zu sein. Und als er Ende 2017 in Ruhestand ging, hatte er natürlich deutlich mehr Zeit für seine Forschungen.
OZT: Heiko hat ja viele bis dahin unbekannte Werke von Arthur Bock gefunden. Wie hat er das geschafft?
TLB: Durch intensive Recherche, insbesondere im Internet. Ich erinnere mich z.B., als er über den digitalisierten Bestand eines Archivs in den USA auf Tagebuchnotizen des Bildhauers John Storrs stieß, der eine Zeitlang bei Bock gearbeitet hatte. Das entwickelte sich dann zu einer Fundgrube für weitere spannende Informationen. Viele Werke hat er auch über Auktionshäuser ausfindig gemacht. Und ich erinnere mich gut, wie oft er mich gut gelaunt begrüßte, wenn ich von der Arbeit kam: "Ich hab einen neuen Bock entdeckt!"

OZT: Was gehörte noch zu seiner Forschung?
TLB: Auf Friedhöfe zu gehen natürlich! Einige Reisen haben wir deswegen gemacht: Nach Lausanne, Breslau, Eisenach, Schwerin - aber vor allem sind wir natürlich unzählige Male nach Ohlsdorf gefahren. Heiko war ja ein unglaublich genau arbeitender Wissenschaftler, und darum wollte er jedes Grabmal noch einmal sehen, beschreiben und vermessen. Das war dann mein Job, genauso wie in die
Büsche zu krabbeln, um Signaturen an den Grabmalen zu suchen.

OZT: Und wie kam es dann zur Veröffentlichung des Buchs?
TLB: Es war ein großes Glück, dass das Hamburger Denkmalschutzamt Heikos Ergebnisse veröffentlichte. Das war dann auch gut so, denn ab 2021 war Heiko auf einen Rollator angewiesen und konnte kaum noch auf Friedhöfe gehen. Geistig blieb er aber vollkommen rege - und ich glaube, er kannte bis zuletzt alle Bock-Werke auswendig. Und dann hat er sich riesig gefreut, im August 2022 das fertige Buch in der Hand zu halten. Kurz vor seinem Tod hat er noch mitbekommen, dass es auf der Shortlist für den Buchpreis Hamburg Lesen stand. Und jetzt bin ich es, der dankbar und stolz ist, wieviel Anerkennung Heikos Werk findet.