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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Zwei Hamburger Maler und ihre markanten Grabdenkmäler

Autor/in: H. Boysen
Ausgabe Nr. 161, II, 2023 - Juni 2023

Auf dem Ohlsdorfer Friedhof sind zwei Maler mit markanten Denkmälern vertreten: Christopher Rave (1881-1933) war Schiffsmaler; Carl Albrecht (1862 - 1926) malte Landschaften und Stillleben. Beide Künstler sind relativ früh gestorben und ihre beiden Grabstätten, die stilistisch sehr unterschiedlich sind, wurden jeweils von einem befreundeten Bildhauer gestaltet.

Die auffällige hohe Grabstätte des Marinemalers Christopher Rave befindet sich nördlich von Kapelle 4. Sie wurde 1931 von Valentin Kraus, einem Schüler Christopher Raves, geschaffen (Abb. 1).


Grabmal für Christopher Rave von dem Bildhauer Valentin Kraus (1)

Kraus ist im August 1873 in Mühlhausen bei Würzburg geboren und 1941 dort gestorben. Er war ein deutscher Bildhauer und Professor für bildende Kunst. Schon mit 13 Jahren begann er seine Ausbildung an der Holzschnitzerschule in Bischofsheim. Nach seiner Gesellenprüfung ging er auf Wanderschaft und arbeitete in Bad Kissingen, Marburg, Frankfurt und Würzburg in mehreren Kunstwerkstätten. Er studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München, war Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft und stellte regelmäßig seine Werke in der Münchner Kunstausstellung im Glaspalast aus. 1925 wurde er Professor. Seine Werke sind der christlichen Kunst zuzuordnen. Sein erstes Atelier eröffnete er 1906 in der Münchener Theresienstraße (Nr. 74). Werke von ihm befinden sich in der Würzburger Schottenkirche und im Bamberger Dom. 1933 trat Valentin Kraus als Drittordensbruder in die Benediktiner-Abtei in Münsterschwarzach ein und leitete dort die Bildhauerschule St. Bernhard. 1932 nahm den Namen Frater Maurus an. Das Kloster wurde 1941 von den Nationalsozialisten aufgelöst.

Valentin Kraus' Grabmal für Christopher Rave wurde auf der Münchner Kunstausstellung als Bronzemodell vorgestellt. Auf einem Sockel aus Granit ist ein Mann mit Hut, einem Wanderstab und einem aufgeschlagenen Buch dargestellt. Über seine rechte Schulter blickt ein großer Seeadler. Beide schauen in die Ferne.

Christopher Rave war ein vielbeschäftigter Mann. Er studierte an den Kunstgewerbeschulen in Berlin und Paris. Außerdem unternahm er Seereisen und schloss sich einer Arktis-Expedition als Polarforscher an (Abb. 2).


Christopher Rave, Federzeichnung Treurenberg Bay (Spitzbergen), abgedruckt in: Christopher Rave, Tagebuch von der verunglückten Expedition Schröder-Stranz (2)

Sein Meisterwerk ist die Darstellung der Geschichte der Seefahrt in 300 Ölgemälden, an denen er 10 Jahre lang gearbeitet hat. Aus Geldmangel musste er diese Sammlung 1913 verkaufen. Aus dem Anlass gab es in Hamburg eine große Ausstellung seiner Bilder. Das riesige Abschlussgemälde "Die brandenburgische Flotte vor Emden" (4,80m x 3,50 m) befindet sich in der Hamburger Kunsthalle.

Sein bekanntestes Bild ist aber das um 1924 entstandene Gemälde der SMS Seeadler, das als Postkarte vervielfältigt wurde (Abb. 3). Das 1878 vom Stapel gelaufene und 1916 in Dienst gestellte Schiff war ein Hilfskreuzer der Kaiserlichen Marine und eines der letzten Segelschiffe im Kriegseinsatz. Getarnt mit falscher Flagge und gefälschten Papieren konnte es unerkannt die britische Blockade passieren. Innerhalb von nur sieben Monaten hat es 14 Schiffe versenkt. Geleitet wurde die Operation von Felix Graf Luckner, der ebenfalls auf dem Ohlsdorfer Friedhof beerdigt worden ist.


Postkarten-Reproduktion des Gemäldes der Seeadler von Christopher Rave (3)

Die hohe Grabstätte des Malers Carl Heinrich Christian Albrecht ist nicht zu übersehen. Es ist ein baldachinartiges Grabdenkmal, das von seinem Freund und Kollegen Friedrich Lahrs geschaffen wurde (Abb. 4).


Grabmal für Carl Albrecht von dem Bildhauer Friedrich Lahrs (4)

Friedrich Lahrs stammte aus Königsberg, wo er 1880 geboren wurde. Die Freunde haben sich in Königsberg kennen- und schätzen gelernt. Friedrich Lahrs studierte an der Technischen Hochschule Charlottenburg. 1906 erhielt er dort den Schinkelpreis. Schon 1908 ging er an die Kunstakademie Königsberg und lehrte dort von 1911 bis 1934 als ordentlicher Professor Architektur, Flächenkunst und Raumlehre. Zu seiner Hauptarbeit gehört das Konzept für die Gebäude der großen Kunstakademie Königsberg. Friedrich Lahrs ist 1964 in Stuttgart gestorben. Ab 1957 war er Mitglied der Historischen Kommission für ost- und westpreussische Landesforschung.

Das Grabmal mit seinem großen Baldachin hat Friedrich Lahrs seinem Freund, dem Kunstmaler Carl Albrecht gewidmet, der aus Hamburg stammte. Albrecht machte zunächst eine Kaufmannslehre in seiner Heimatstadt und besuchte dann von 1882 bis 1884 einen Kursus für Zeichenlehrer an der dortigen Gewerbeschule. An dieser Schule lernte er Ludwig Mettmann kennen, der 1901 Direktor der Kunstakademie Königsberg wurde.

Um Landschaftsmaler zu werden, ging Carl Albrecht 1884 an die Großherzogliche Kunstschule in Weimar. Dort veränderte sich sein Malstil: Aus einer mehr idealistischen entstand seine mehr realistische Bildauffassung. Als Schüler des Landschaftsmalers Theodor Hagen studierte er in Weimar bis 1889. Ab 1895 studierte er in München, Venedig und Florenz. Anschließend arbeitete er als freischaffender Künstler in Hamburg und wurde Mitglied im Hamburger Künstlerverein von 1832 (Abb. 5).


Fotografie des Malers Carl Albrecht mit Palette vor seiner Staffelei (5)

Er malte vorwiegend impressionistische Landschaften; aber auch Stillleben und Porträts. Seine Themen suchte er auch auf Reisen nach Belgien, Holland und Italien. Schon ab 1888 beteiligte er sich regelmäßig mit seinen Werken an Ausstellungen in München Berlin, Hamburg, Bremen und Königsberg. Die Hamburger Kunsthalle besitzt mehrere Gemälde von Carl Albrecht: eine Heidelandschaft von 1887; das Ölbild "Neue Rabenstraße"; ein Pastell von 1892 und das Stillleben "Gedeckte Tafel" von 1902. Weitere Werke gibt es in der Berliner Nationalgalerie und der Alten Pinakothek in München. In den Jahren 2005 und 2008 wurden Werke von ihm in Ausstellunen in Oldenburg und München gezeigt (Abb. 6 und 7).


Karl Albrecht, Dorfstraße, 1890 (6)

Carl Albrecht, Stillleben (Porzellan), vor 1914 (7)

Die Bekanntschaft und Freundschaft mit dem Hamburger Kunstprofessor Ludwig Mettmann hatte zur Folge, dass Carl Albrecht 1906 ein Lehrstuhl an der Königsberger Kunstakademie angeboten wurde, den er bis 1925 bekleidete. Er ist dort am 26. September 1926 gestorben und wurde nach Hamburg überführt, wo er auf dem Ohlsdorfer Friedhof begraben wurde. Sein südlich von Kapelle 10 gelegenes vier Meter hohes Grabdenkmal wurde 1928 errichtet. Die Steinmetz-Arbeiten hat Otto Pecht, der Inhaber des Steinmetzbetriebs Steinhoff in Königsberg, ausgeführt.

Fotos: 1, 4: H. Boysen, 2023; 2: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12339861; 3: https://de.wikipedia.org/wiki/SMS_Seeadler_(Schiff,_1878)#/media/Datei:…; 5: Von CarlAlbrechtder2te - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?cu-rid=39448173; 6: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/y7GEY60GPV/karl-albrecht/…, , CC BY-SA 4.0; 7: CarlAlbrechtder2te - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39449155

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