Für unseren Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof schreibe ich mit Herzen diesen Nachruf für unser Gründungsmitglied Alfred Karbenk. Dies im Besonderen, weil sein Lebenslauf seltene schicksalhafte Verbindungen mit meinem Leben hatte durch die deutsche Geschichte unserer letzten 90 Jahre – also unser beider gemeinsame Lebenszeit.
Alfred Karbenk wurde am 21. Mai 1930 im deutschen Ostpreußen geboren, wie ich 1931. Als 13-Jähriger wurde er 1943 nach Hamburg in den Wehrdienst als Marinehelfer eingezogen, wie ich im gleichen Alter 1944 als Späher nach Feindpanzern bei Hannover. So etwas vergisst man nie und prägt ein künftiges Leben mit!
Nach dem Kriege erlernte er in Hamburg den Steinmetzberuf und gründete 1958 als frisch bestandener Steinmetzmeister seinen eigenen Betrieb am Friedhof Ohlsdorf. (Zur gleichen Zeit bestand ich hier 1958 das medizinische Staatsexamen.) Viele Grabsteine schuf er nach eigenen Entwürfen. Eine Großaufgabe und selten im Norden von Deutschland ist der Kreuzweg mit seinen zwölf Stationen als Bildstöcke im katholischen Teil unseres Ohlsdorfer Friedhofes. Auch wichtige Restaurierungsarbeiten am Harburger und Hamburger Rathaus, an der Michaeliskirche und der Kunsthalle stammen aus seiner Hand.
Aber Alfred Karbenk beließ es nicht bei handwerklichen Arbeiten. Intensiv engagierte er sich ehrenamtlich: Für uns "FOF-ler" besonders wichtig einer als der dreizehn Mitbegründer unseres Förder- und Kulturkreises Ohlsdorfer Friedhof am 21. August 1989 zeitgleich mit mir und damit wieder eine Gemeinsamkeit unseres Lebens.
Intensiv hielt er tatkräftig Kontakt vor und nach der Wende zwischen der Bundesrepublik und der DDR, indem er zwischen den Steinmetzverbänden im sogenannten Wartburgkreis vermittelte. Nach der Wende setzte er sich als einer der Ersten für den Wiederaufbau der Dresdener Frauenkirche mit großem Einsatz ein. Auch hier, kaum zu glauben, eine Parallele zu meinem Lebensentscheid.
Alfred Karbenk war 24 Jahre lang Obermeister der Bildhauer- und Steinmetzinnung Hamburg, 5 Jahre stellvertretender Bundesinnungsmeister und Mitglied im Denkmalrat der Kulturbehörde Hamburg. So etwas gelingt nicht so nebenbei! Man beschrieb ihn "er sei weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen. Er habe auch den Mut, die eigene Meinung zu vertreten und sich gegen Ungerechtigkeiten zu wehren."
Während des gemeinsamen Jahrestreffens der Aktiven unseres Förderkreises am 5. Dezember 2019 wurde sein Sohn Michael Karbenk, unser jetziger 1. Vorsitzender, zu seinem sterbenden Vater Alfred Karbenk gerufen.
Ein fast mystischer Kreis. Je älter man wird, spürt man intensiver, dass alles ein Ende hat – und das ist gut so, da sonst nichts Neues entstünde. Aber wie tröstend die zwei Worte in der Traueranzeige der Familie:
In unendlicher Trauer
Unser Herr habe ihn selig
In Verbundenheit
Hans-Jörg Mauss