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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Die Gründung des Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof und ihre Wurzeln

Vor 20 Jahren, im August 1989, wurde der Förderkreis gegründet.

Dieses Jubiläum ist Anlass, auf besondere Weise zurückzublicken, nämlich in der Erkenntnis, dass hier Ursache und Wirkung, wenn auch nicht zeitlich, eng beieinander liegen. Die zündende Idee, einen Friedhofsverein zu gründen, hatte ein Anwohner des Friedhofs. Der Theologe Prof. Dr. Dr. Wenzel Lohff, Hauptpastor em. an der Jakobikirche in Hamburg, wohnte damals in Steilshoop. Auf seinen Spaziergängen über den Friedhof wurde er auf die Inventarisationsarbeiten aufmerksam und schaute später auch gern einmal in der Verwaltung vorbei (vergleiche dazu auch seinen ausführlichen Beitrag in der Ausgabe Nr. 66/67, S. 10 ff dieser Zeitschrift). In der ausführlichen Rückschau und Vorgeschichte zur Gründung des Vereins Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof erschließt sich dem heutigen Betrachter ein dicht verzweigtes Wurzelgeflecht, das zum Stammgebilde "Gesamtkunstwerk Friedhof Ohlsdorf" führt und an einem seiner Äste den 1989 gegründeten Verein trägt. In diesem Jahr begeht er sein zwanzigjähriges Jubiläum und ist zu einem kräftigen Gebilde herangewachsen. Der Verfasser hat die Schritte des Wachsens miterlebt und teilweise auch daran mitgewirkt. 1994 dokumentierte er in einer dreiseitigen "Chronologie von Gesprächen, Beschlüssen und Maßnahmen zur Erhaltung schutzwürdiger Grabmale und Grabfelder auf dem Friedhof Ohlsdorf" diesen Wachstumsprozess. Nachstehend werden daraus markante Punkte des Werdens vorgestellt.

Ausgangspunkt war 1975 das Europäische Jahr des Denkmalschutzes. Aus diesem Anlass wurden abgeräumte und bei Kapelle 12 lagernde Grabsteine vom Garten- und Friedhofsamt auf ihre historische und handwerkliche Aussage hin gesichtet und in der Dauerausstellung "Grabmalkunst im Wandel der Zeit" auf dem Friedhof Öjendorf aufgestellt. War es Zufall oder Gunst der Stunde: Im darauf folgenden Jahr beschloss der Denkmalrat, die Anlagen des alten Friedhofsteiles unter Ensembleschutz stellen zu lassen. Anfang 1977 stellte dann Notar Hertz vom Staatsarchiv sein Memorandum über "Erhaltungswürdige Gräber und Grabmale, insbesondere auf dem Hauptfriedhof Ohlsdorf" vor. Erste Gespräche zwischen den beteiligten Behörden wurden geführt. Anlässlich des 100jährigen Bestehens des Friedhofs besuchten über 3.000 Interessierte eine Ausstellung im Treppenhaus des Verwaltungsgebäudes des Friedhofs.

Ende 1977 kamen dann erste Kontakte zwischen dem Garten- und Friedhofsamt und dem Denkmalschutzamt zustande, in denen auch dessen Hilfe für eine Grabmalinventarisation zugesagt wurde. Nachdem der Abgeordnete Bürrig eine schriftliche Kleine Anfrage gestellt hatte, trat der Senat in seiner Antwort vom 29.11.1977 dafür ein, dass Grabstätten von historischer und künstlerischer Bedeutung zu erhalten sind. Nun begann eine rege Tätigkeit in der Friedhofsdenkmalpflege Hamburgs. Ein Probelauf zur Erfassung und Erhaltung schutzwürdiger Grabmale und eine mehrtägige Expertentagung unter Hermann Hipp wurden 1978 durchgeführt. Die Schlusserklärung dazu lautet stichwortartig:

Der Friedhof ist als Gesamtkunstwerk von höchstem Rang zu betrachten

Wichtige Merkmale sind für die Zukunft zu erhalten

Summarische Beschreibung und Dokumentation überschaubarer Grabfelder ist vorzunehmen

Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme ist erforderlich

Daraufhin erfolgte in den Jahren 1981 bis 1986 die Durchführung des empfohlenen Forschungsprojektes "Erfassen, Erschließen und Erhalten des Gesamtkunstwerkes Hauptfriedhof Ohlsdorf". Das Projekt wurde von der Stiftung Volkswagen-Werk finanziell gefördert, vom Denkmalschutzamt wissenschaftlich begleitet und vom Garten- und Friedhofsamt vor Ort betreut.

Katalog
Der zweibändige Katalog, in dem die Ergebniss des Forschungsprojekts "Erfassen, Erschließen und Erhalten des Gesamtkunstwerkes Hauptfriedhof Ohlsdorf" veröffentlicht wurden
Foto: P. Schulze

Nachdem das Manuskript des Forschungsergebnisses 1989 vorlag (es erschien 1990 zweibändig unter dem Titel "Der Hamburger Hauptfriedhof Ohlsdorf" in gedruckter Form), fragten sich nicht nur einige der am Projekt Beteiligten: Und wie soll es nun weitergehen? Werden diese Akten in Regalen verstauben? Wer übernimmt die Initiative, das Resultat auch politisch umzusetzen? Es war kein Land in Sicht: Strukturveränderungen in der Verwaltung des Friedhofs waren zu erwarten, die Zuständigkeiten in Fragen der Friedhofsdenkmalpflege ungeklärt und, und, und. Da kam Prof. Dr. Dr. Wenzel Lohff mit dem Vorschlag auf den Plan: Gründet doch einen Verein! Er trug es Dr. Barbara Leisner-Fiedler und dem Verfasser vor. Die Idee wurde gezielt weitergetragen und entzündete ein Mitmachfieber, das alsbald am 21. August 1989 zur Gründung des Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof führte. Zu den Gründungsmitgliedern zählten u.a. der Ortsamtsleiter von Fuhlsbüttel Harald Rösler, die Mitbegründerin des Vereins "Rettet das Alte Krematorium" Hella Häussler, der spätere und langjährige 1. Vorsitzende Dr. Hans-Jörg Mauss und natürlich das nunmehrige Ehrenmitglied des Vereins Prof. Dr. Dr. Wenzel Lohff.

Die Vereinsgründer haben sich ein großes Ziel gesetzt, in Schriftform verankert im § 2 der Satzung des Vereins. Wie der Weg dahin zu begehen sei, war noch unklar. Wichtig erschien es zunächst einmal, die Öffentlichkeit, d. h. den Hamburger Bürger, auf dieses bedeutende Gesamtkunstwerk mit Führungen, Vorträgen und Ausstellungen aufmerksam zu machen. Die erste Veranstaltung war eine Friedhofsführung und überraschenderweise ein voller Erfolg. Weitere Erfolge blieben nicht aus und dauern an.

Mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit ist der Förderkreis zu einer festen Größe sowohl in der Information der Bevölkerung über das Gesamtkunstwerk Friedhof Ohlsdorf, als auch in denkmalpflegerischen Projekten herangewachsen. Er trägt daher seit kurzem in seinem Namen den Untertitel "Verein für Kultur und Denkmalpflege". Eine besondere Ehre erfuhr der Verein mit dem "AFD-Lebenszeichen 2006". Die Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V. in Kassel verlieh für besondere Leistungen und bemerkenswerte Haltungen im Bereich der Sterbe-, Bestattungs-, Friedhofs- und Trauerkultur dem Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V. diese Auszeichnung.

In der Rückschau auf die Wurzeln, die zur Gründung des Förderkreises führten, lässt sich zusammenfassend feststellen: Die ersten Ansätze zu einer kontinuierlichen Friedhofsdenkmalpflege auf Hamburgs Friedhöfen sind im Europäischen Jahr des Denkmalschutzes 1975 zu finden. Ein Höhepunkt war das Forschungsprojekt "Erfassen, Erschließen und Erhalten des Gesamtkunstwerkes Hauptfriedhof Ohlsdorf" von 1981 bis 1986, dessen Ergebnis 1990 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die etwa gleichzeitige Gründung des Förderkreises und sein nunmehr 20 Jahre langes Wirken haben dazu beigetragen, Teilaspekte der Erhaltensaussagen auf ehrenamtlicher Ebene umzusetzen, zumindest aber diese am "Köcheln" zu halten, damit die zuständigen amtlichen Stellen immer wieder daran erinnert werden. Der Verein betreibt "Denkmalpflege von unten".

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Friedhofsführer (August 2009).
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