"Historische Friedhöfe in Deutschland – Zum Umgang in unterschiedlichen Epochen"
Gegenwärtig ist die kulturhistorische Bedeutung von Friedhöfen unbestritten. In vielen Orten sind Dokumentationen erstellt und Grabmal-Museumsbereiche eingerichtet worden. Friedhofsführungen finden viel Zulauf, zahlreiche Bücher über lokale Friedhöfe und Grabmäler sind erschienen.
Diese allgemeine Wertschätzung historischer Friedhöfe ist ein relativ neues Phänomen. In früheren Epochen ging man ganz unterschiedlich mit Friedhöfen um. Frühe Anzeichen, dass Friedhöfe mehr waren als Schauplätze privater Trauer und Erinnerung, stammen aus dem 18. Jahrhundert. Neuartige, reformerische Friedhöfe, wie in Herrnhut und Dessau, wurden in der aufgeklärten Öffentlichkeit viel beachtet, die Grabstätten von Klopstock und Rousseau wurden zu Pilgerstätten des gebildeten Bürgertums. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich die Parkfriedhöfe zu städtischen Promenaden, die man zum kontemplativen Spaziergang aufsuchte. Zugleich aber wurden innerstädtische Friedhofsanlagen vielerorts zugunsten von städtebaulichen Maßnahmen aufgegeben und unwiderruflich zerstört. Das hatte Folgen: In der Epoche um und nach 1900 entwickelte sich im Kontext der anti-urban eingestellten Heimatschutzbewegung eine neue Sensibilität gegenüber Grabmälern wie auch ganzen Friedhofsensembles. Während der Diktatur der Nationalsozialisten wurden spezielle "heimat"-bezogene Grabmaltypen als schutzwürdig erachtet, andere hingegen – teils in Wechselwirkung mit der Friedhofsreformbewegung – als minderwertig stigmatisiert. Jüdische Friedhöfe und Grabmäler sollten im Prinzip vollkommen zerstört werden, allerdings reichte die Zeit dafür zum Glück nicht. Historische christliche Begräbnisplätze wurden gern aufgehoben und zum Beispiel in Aufmarschplätze umgestaltet. Nach 1945 herrschte zunächst jahrzehntelang wenig Interesse an historischen Friedhöfen, bevor in den 1980er-Jahren eine Renaissance mit zahlreichen Projekten einsetzte – frühzeitig dokumentiert im AFD-Band "Umgang mit historischen Friedhöfen" (1984).
Mit der geplanten Tagung soll einerseits eine historische Längsschnittanalyse zum Umgang mit historischen Friedhöfen und Grabstätten von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart entstehen. Andererseits soll in einem zweiten Block das bürgerschaftliche Engagement für historische Friedhöfe im Focus stehen und in einem dritten Teil soll es um die Wiederbelebung dieses besonderen kulturhistorischen Erbes und darum gehen, wie man – auch mit Hilfe der neuen Medien – seinen Wert am besten kommunizieren kann.
Erwünscht sind Themenvorschläge zu den genannten und weiteren, vergleichbaren Bereichen. Diese können lokal situiert oder übergreifend angelegt sein. Bitte senden Sie für Ihren Vorschlag ein ca. 1-seitiges Abstract inkl. wissenschaftlicher Kurzbiografie an folgende Anschrift:
Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal, Stichwort Tagung historische Friedhöfe, Weinbergstraße 25, 34117 Kassel, E-Mail: [email protected]. Organisation: Inge Gotzmann, Jutta Lange, Norbert Fischer, Reiner Sörries, Barbara Leisner.