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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Carl Otto Czeschka – Ein Wiener Künstler in Hamburg

Der Maler und Gebrauchsgrafiker Carl Otto Czeschka (1878-1960) wurde 1907 aus seiner Vaterstadt Wien nach Hamburg als Professor an die Kunstgewerbeschule am Steintorplatz berufen.

Einfluss auf die Entscheidung, dass innerhalb weniger Monate nicht nur der Bildhauer Richard Luksch, sondern auch Czeschka von Wien nach Hamburg geholt wurde, hatte vor allem Justus Brinckmann, der Gründungsdirektor des Museums für Kunst und Gewerbe.

In Wien war Czeschka in der Zeit von 1904 bis 1912 neben Josef Hoffmann und Koloman Moser ein besonders einflussreicher Entwerfer der "Wiener Werkstätte" gewesen. Die "WW" war eine Produktionsgemeinschaft bildender Künstler mit zeitweise 100 Handwerkern, die den Jugendstil in Wien prägten mit gediegenen Produkten für den Alltag und für das Besondere – für Möbel und Hausgeräte ebenso wie für teuren Schmuck.

Seine Lehrtätigkeit an der Hamburger Kunstgewerbeschule begann im Gebäude des heutigen Museums für Kunst und Gewerbe. In dem späteren Neubau am Lerchenfeld unterrichtete Czeschka bis zu seiner Pensionierung kurz nach der Bombardierung Hamburgs 1943. Viele erfolgreiche Grafiker berufen sich auf Czeschka als ihren Lehrer.

Als Hamburgs großer Baudirektor Fritz Schumacher den Neubau für die neue Kunstgewerbeschule am Lerchenfeld konzipierte, bezog er in die künstlerische Ausgestaltung des Schulgebäudes die dortigen Lehrer ein – insbesondere den Bildhauer Luksch, den Maler Willy von Beckerath und Czeschka. Das sieben Meter hohe fünfteilige bleiverglaste Hellglasfenster "Die Botschaft der Schönheit" von Czeschka in der Eingangshalle mit seinen verschiedenen Glasarten und Glasbearbeitungen mochte Fritz Schumacher ganz beson-ders gern. Zum Glück wurde es rechtzeitig ausgebaut, bevor das Lerchenfeld in den Bombennächten schwer zerstört wurde.

Für einen anderen Schumacher-Bau entstand 1915 die 15-teilige Fensterfront "Die Handwerke" für den Großen Saal des Gewerbehauses am Holstenwall (Sitz der Handwerkskammer Hamburg). Zwei farbige Tryptichen "Die Schöpfung" und "Die Heilige Nacht" wurden 1919 in der Gnadenkirche im Karolinenviertel geweiht. Diese Fenster wurden 1943 zerstört. Für die Friedhofskapelle in Wismar entstand in den 1940er Jahren ein großes farbiges Rundfenster mit dem Phönix.

Wismar
Fenster in der Friedhofskapelle von Wismar nach einem Entwurf von Carl Otto Czeschka. Foto: Hella Häussler

Die Gestaltung von Glasfenstern war nur ein kleiner Teil seiner Arbeiten der großen und kleinen Form. Czeschka hinterließ ein sehr umfangreiches und vielfältiges Werk. Er entwarf unter anderem Zeichnungen, Grafiken, Schriften (z.B. die Czeschka-Antiqua), Holzschnitte, buchkünstlerische Arbeiten, Kalender, Schmuck, Postkarten, Firmen-Signets, Stoffe, Gobelins (u. a. "Tausendundeine Nacht"), Möbel und Theaterausstattungen. Auch die Produktwerbung für die Zigarrenfirma L. Wolff und die Ladengestaltung der HACIFA-Geschäfte lagen in seinen Händen. Das berühmteste Werk seiner Buchgestaltung ist das 1908 entstandene Büchlein "Die Nibelungen" in der Jugendbuchreihe des Wiener Verlags Gerlach & Wiedling. Diese Nibelungen-Illustrationen wurden eine wichtige Inspirationsquelle für den Stummfilm "Die Nibelungen" von Fritz Lang und Thea von Harbou. Für die überregionale Wochenzeitung "Die Zeit" schuf er die seit 1946 unveränderte Kopfzeile mit dem Bremer Schlüssel zwischen den Hamburger Löwen.

Grabmal
Grabmal des Malers und Grafikers Carl Otto Czeschka auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Foto: Hella Häussler

Carl Otto Czeschka starb 1960 fast 82jährig. Er wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf bei Kapelle 1 (Grablage: V 10, 288-89) beerdigt. Sein Name wird hier in der Liste bekannter Persönlichkeiten geführt. Im Herbst 2011 widmete ihm die Handelskammer Hamburg die eindrucksvolle Ausstellung "Carl Otto Czeschka – Ein Wiener Künstler und die Hamburger Wirtschaft".

Kontakt zur Autorin: [email protected]

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