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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Maria Nühlen: Sensenmann und Engelsflügel. Die Grabmalkunst des Merseburger Stadtfriedhofes St. Maximi

Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2008, 159 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen

Obwohl der Merseburger Stadtfriedhof St. Maximi eine Reihe von großartigen plastischen Grabmalen aus der Zeit des Barock beherbergt, war er bisher nur wenigen Eingeweihten bekannt. Jetzt hat Maria Nühlen, Professorin an der Fachhochschule Merseburg, das Verdienst, diesen Friedhof und seine Grabmale erstmals in einem kleinen, aber gehaltvollen Buch in das öffentliche Bewusstsein zu heben. Sie beschreibt in chronologischer Gliederung die erhaltenen Grabmale und stellt sie im Bild vor, wobei der älteste erhaltene Grabstein des Friedhofes, aus dem Jahr 1581, dem Jahr der Friedhofseinweihung, stammt. Zwei weitere Grabmale des 16. Jahrhunderts besitzt der Friedhof außerdem noch; eines von ihnen – ein kleines Relief an der Kapellenwand – zeigt ein Kind oder junges Mädchen mit offenem Haar und einem Totenkranz in Form eines schlichten Reifes auf dem Kopf, ein Zeichen das für ein Kinder- bzw. Ledigenbegräbnis steht. Das andere Grabmal zeigt das eindrucksvolle Relief einer Bürgersfrau in langem Mantel, dessen Falten parallel über den Körper herabfallen.

Darauf folgen insgesamt 21 Grabmale aus der Zeit zwischen dem Beginn des 17. und dem ausgehenden 18. Jahrhundert, die unter die beiden Oberbegriffe "Grabmalkunst des Barock" und "Grabmalkunst des Spätbarock und Rokoko" subsumiert sind. In diesem Zusammenhang erscheinen außerdem die beiden außergewöhnlichen Plastiken – der Tod und der Totengräber –, die den Übergang zur Friedhofserweiterung von 1726 schmücken. Interessant ist dabei, dass sich eine Reihe dieser Grabmale – insgesamt sieben – Bildhauern namentlich zuweisen lassen. Dabei handelt es sich um die Mitglieder der beiden Bildhauerdynastien Hoppenhaupt und Agner, sowie Johan Christian Throte. Sie alle werden jeweils in kurzen Lebensläufen vorgestellt.

Schade ist das kleine Format dieses Bandes. So sind die Fotos in relativ geringer Größe wiedergegeben, auch wenn eine Reihe von Detailaufnahmen dafür etwas entschädigen. Die Fotos hätten sicher ein größeres Format vertragen, und es wäre schön gewesen, wenn wirklich alle Grabmäler so im Bild vorgestellt worden wären, dass man einen besseren Überblick über sie erhalten hätte. Die Texte zu den einzelnen Werken bestehen zu einem großen Teil aus Zitaten, welche die Autorin aus älteren Abhandlungen übernommen hat. Dabei stellt sie auch einmal zwei gegensätzliche Beschreibungen unvermittelt nebeneinander, wenn bei dem eindruckvollen Grabdenkmal Herzog der eine Autor die Plastik "als auffahrenden Christus" und der andere den "Jüngling im wallenden Lockenhaar" als Allegorie des Freimaurerordens ausmacht. (S. 74f. ) Auch die Zuweisung der großen Frucht, die der Jüngling auf dem Grabmal Maudrich trägt – es ist auch auf dem Buchtitel zu sehen – als Mohnkapsel, übernimmt die Autorin unbesehen, obwohl weder die Frucht noch ihre Blätter dem Mohn ähneln, sondern als Granatapfel zu erkennen sind, der in der antiken Mythologie mit dem Hades verbunden wurde und auch als Symbol bei den Freimaurern zu finden ist. So merkt man an manchen Stellen, dass die Autorin sich noch nicht lange mit der Friedhofsthematik befasst hat. Dennoch ist dieses Buch sehr verdienstvoll, trägt es doch nicht nur zur Kenntnis der Grabmale des St. Maximi-Friedhofes und ihrer Bildhauer bei, sondern erzählt auch von der Friedhofseinweihung und gibt eine Trauerpredigt von 1664 sowie die Schilderung eines Begräbnisses aus dem 18. Jahrhundert wieder.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Musealisierung der Friedhöfe (Februar 2009).
Erkunden Sie auch die Inhalte der bisherigen Themenhefte (1999-2024).