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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Millionen für das Gesamtkunstwerk Ohlsdorfer Friedhof. Projekt "Ohlsdorf 2050"

Um den einmaligen Parkfriedhof Ohlsdorf langfristig weiter als Gesamtkunstwerk erhalten zu können, ist es notwendig, Anpassungen an die veränderten Anforderungen vorzunehmen. Daher werden ab Januar 2015 die für die Neubelegung zur Verfügung stehenden Flächen auf ausgewählte Bereiche beschränkt und diese in ihrer Struktur gestärkt.

Das Projekt "Ohlsdorf 2050" wurde vor dem Hintergrund der Auswirkungen der demografischen Entwicklung, einer sich wandelten Bestattungskultur und knapper kommunaler Ressourcen initiiert. Es zielt auf eine langfristige, planvolle und effiziente Gestaltung des Friedhofs, um seine Wertigkeit als Begräbnisplatz, Kulturstätte und Park zu erhalten und weiter zu entwickeln. Die Ausgangssituation ist, dass u. a. die Zahl der Sargbeisetzungen abnimmt, und dafür der Anteil der Urnenbeisetzungen steigt (z. Z. 80% der Gesamtbeisetzungen), die Urnenbeisetzungen verdichtet auf wenigen Flächen erfolgen und immer weniger Wahlgräber verlängert werden, d. h. auch die Nettograbfläche nimmt ab, der Flächenanteil des Parkgrüns (z. Z. 52 %) steigt. Hinzu kommt, dass nur bei der Hälfte aller Beisetzungen noch eine Trauerfeier in Räumen des Friedhofs stattfindet. All dies bedeutet weniger Flächenbedarf für Beisetzungen. Basierend auf den bekannten und zu erwartenden Flächenbelegungszahlen besteht in den nächsten Jahrzehnten nur ein Bedarf von 100 bis 120 ha. Um dem gerecht zu werden, werden seit Anfang 2015 neue Gräber nur noch auf etwa 100 ha ausgewiesener Fläche vergeben. Damit erfolgt eine Konzentration der zur Verfügung stehenden Ressourcen auf die erforderlichen Flächen (auf der Abbildung dunkel markiert). In bestehende Nutzungsrechte wird nicht eingegriffen.

Plan
"Ohlsdorf 2050", Plan aktiver Belegungsflächen. Grafik: Hamburger Friedhöfe -AöR-

Der vorstehende Text ist eine leicht gekürzte Fassung der Information der Friedhofsverwaltung vom November 2014. Der Verfasser der folgenden Zeilen weiß aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass ein solches Projekt ein ehrgeiziges Unterfangen ist, das mit vielen Unwägbarkeiten behaftet ist. Einst in den 1970er Jahren gesetzte Ziele waren nur allzu zäh zu erreichen bzw. sind immer noch nicht erreicht oder sogar von nicht vorhersehbaren Entwicklungen quasi überrollt worden.

Das Bundesbauministerium hat ein neues Förderprogramm für Investitionen in nationale Projekte des Städtebaus aufgelegt. Dabei geht es vor allem um große, baulich anspruchsvolle und auch experimentelle Vorhaben. Insgesamt stehen bundesweit 50 Millionen zur Verfügung. Hamburg hat sich mit dem Projekt "Ohlsdorf 2050" beworben und erhält zur Umsetzung seiner Ziele zwei Millionen Euro. Weitere Projektkosten in Höhe von 1 Million Euro werden von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, der Hamburger Friedhöfe -AöR- sowie dem Denkmalschutzamt getragen.

Im Einzelnen werden die Mittel eingesetzt für:
• die Nutzung und Gestaltung der historischen Parkanlage und des Friedhofs
• die Erhaltung von Gebäuden und Infrastruktur
• die denkmalgerechte Sanierung und Weiterentwicklung von Grünflächen
• einen Ideenwettbewerb mit Preisverleihung zu neuen Erholungsformen auf dem Friedhof
• die Kommunikation des Projektes in Abstimmung mit der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

Der Projektleiter Rainer Wirz vom Friedhof meint dazu: "Der Ohlsdorfer Friedhof wird bundesweit als beispielhaft wahrgenommen, insbesondere, wie es immer wieder gelungen ist, seinen grünen und kulturellen Reichtum zum Nutzen für alle Hamburgerinnen und Hamburger zu bewahren. Für den Friedhof eröffnet sich mit der Förderung durch das Bundesbauministerium die Perspektive einer langfristigen und visionären Entwicklung."

Begonnen hat diese Entwicklung eigentlich schon vor 36 Jahren als im November 1978 eine dreitägige Expertentagung in Ohlsdorf über „inhaltliche und methodische Probleme bei der Erfassung und Erschließung von Grabdenkmälern am Beispiel des Hauptfriedhofs Ohlsdorf in Hamburg“ diskutierte und folgende Schlusserklärung fasste:

• Der Friedhof ist als Gesamtkunstwerk von höchstem Rang zu betrachten
• Wichtige Merkmale sind für die Zukunft zu erhalten
• Eine summarische Beschreibung und Dokumentation überschaubarer Grabfelder ist vorzunehmen
• Eine wissenschaftliche Bestandsaufname ist erforderlich

Was kaum einer noch weiß, mit Hilfe von Fördermitteln der Volkswagen-Stiftung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen konnte von 1981 bis 1986 das umfangreiche Forschungsprojekt "Erfassen, Erschließen und Erhalten des Gesamtkunstwerkes Hauptfriedhof Ohlsdorf" erfolgreich durchgeführt werden. Das Ergebnis wirkt heute noch nach in der Bewertung des Grabmalbestandes, in der täglichen Arbeit der Friedhofsverwaltung und des Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof e. V., der sich 1989 in Folge gründete.

Das damalige Forschungsprojekt war der erste Schritt, das Gesamtkunstwerk Ohlsdorfer Friedhof zukunftsweisend und zielgerichtet unter denkmalschutzgerechten Aspekten gemäß den erarbeiteten Erhaltungsaussagen entwickeln zu können. Verbindliche Regelungen der zuständigen Behörden blieben jedoch aus. Mit dem neuen Projekt ist den Hamburger Friedhöfen -AöR- , dem Denkmalschutzamt und der Umweltbehörde die Möglichkeit eröffnet, auf solider, finanzieller Basis in einem weiteren Schritt ein Jahrhundertwerk in Gang zu setzen, das dem stetigen Wandel der Bestattungskultur in all seinen Facetten gerecht wird, die wachsende Bedeutung der Grünflächen für die stille Erholung herausstellt und dabei den historischen Charakter dieses einmaligen Friedhofs bewahrt.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Das Lachen und der Tod (Februar 2015).
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