Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Friedhöfe vor die Tore der Städte verbannt wurden und Napoleon im Jahr 1804 das Beerdigen in der Stadt ganz und gar verbot, legte man die neuen Begräbnisorte fast überall nach "rationalen" Grundsätzen an.
Wenn irgend möglich bestanden sie aus einer rechteckigen Fläche, die durch gerade Wege in regelmäßige Grabfelder unterteilt waren. Nur in Paris wich man von dieser Regel ab. Im Jahr des napoleonischen Beerdigungsediktes eröffnete man dort den neuen Friedhof Père Lachaise. Er bestand aus einem hügeligen Anwesen, dessen verwilderter Park bis dahin nach Art der englischen Gärten gestaltet war. Der Einfachheit halber bezog man weite Teile dieser Anlage mit ihren Alleen und Wegen in die Friedhofsgestaltung ein. Damit sollte dieser Friedhof zu einem Vorbild werden, das weit in das 19. und sogar noch in das 20. Jahrhundert hinein ausstrahlte.
Nach den Recherchen des Sheffielder Gartenhistorikers Jan Woudstra reiste in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sogar ein hölzernes Modell dieses Friedhofs durch England. So übernahmen zum Beispiel sowohl die Glasgower Nekropole, die 1832 eröffnet wurde, als auch der St. James Friedhof in Liverpool, der schon 1829 fertig geworden war, und der 1836 eingeweihte konfessionslose General Cemetery in Sheffield die Idee der landschaftlichen Anlage, bei der die Planer von den vor Ort schon vorhandenen Gegebenheiten ausgingen und diese überformten.
In Deutschland wurden die meisten neuen Friedhofsanlagen in dieser Zeit noch nach bewährtem Muster rechtwinklig angelegt. Allerdings verband man diese Planung mancherorts schon mit parkartigen Elementen. Der 1813 eingeweihte Alte Friedhof in Flensburg erhielt so an seinen beiden Endseiten landschaftliche Bereiche und ist damit als ein früher Vertreter der Parkfriedhofsidee in Deutschland anzusehen. Andere Anlagen erhielten wie der 1828 eingeweihte Frankfurter Hauptfriedhof einen geschlängelten Weg, der um den Rand herumführte. Die anliegenden Flächen besetzte man mit Buschwerk und einzeln stehenden Bäumen und sie wurden für repräsentativere Grabstätten ausgewiesen.
In den wachsenden Städten des amerikanischen Ostens gewann dagegen die Idee, dass Friedhöfe nicht nur zum Beerdigen dienen sollten, immer größere Bedeutung. Wichtigstes Vorbild wurde der Bostoner Friedhof Mount Auburn, dessen Gründer nicht nur der neuen Einstellung zum Tod als "Schlafes Bruder" Rechnung trugen, sondern auch die Idee vertraten, dass ihr neuer Begräbnisplatz weit außerhalb der Stadt zu einem Platz nicht nur für die Toten und sondern auch für die Lebenden werden und dabei der Feier der Familie und ihrer Beständigkeit dienen sollte. Dabei sollte besonders die Natur den Angehörigen Trost und Inspiration spenden. Für den 1831 eingeweihten Friedhof hatte man eine Fläche mit unterschiedlicher Topografie ausgewählt: Es gab ein Netzwerk von Teichen und Feuchtgebieten verbunden mit einen hochgewachsenen Forst aus einheimischen Kiefern, Eichen und Buchen. Und auch hier stand der Père Lachaise in gewisser Weise Pate.
Der neue Friedhof wurde innerhalb von fünfzehn Jahren zum Vorbild für mindestens neun weitere große Friedhöfe, unter denen Laurel Hill in Philadelphia (1836) und Green-Wood in Brooklyn bei New York zu den bekanntesten gehören. Die neue Gestaltung breitete sich in den Vereinigten Staaten auch deswegen so stark aus, weil die landschaftlich gelegenen Gräber mit ihren aufwendigen Grabmalen zum einen die großen Familien der jeweiligen Stadt repräsentierten, und weil die neuen Friedhöfe zum anderen auch zu einem Symbol der im Entstehen begriffenen nationalen und bürgerlichen Kultur Amerikas wurden. Die Begräbnisplätze, die vorher von der Allgemeinheit eher vernachlässigt worden waren, wurden damit zu einer identitätsstiftenden und moralischen Anstalt für die ganze Nation.
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die parkartige Gestaltung mit dem Friedhof Spring Grove bei Cincinnati weiter. Sein Gelände bestand nicht nur aus der üblichen Hügellandschaft, sondern auch aus einer weiten sumpfigen Niederung. Neu war, dass neben den gewohnten kurvigen Wegen ein Hauptfahrweg den Besuchern auf einer Rundfahrt einen Überblick über den Friedhof gewährte und die an sich schon malerische Topographie durch Schluchten, Hohlwege und Pflanzungen dramatisiert worden war.
Doch war durch die Aufstellung von Monumenten mit Hecken und Gittern schon bald nicht mehr viel von der ursprünglichen Landschaftsgestaltung zu erkennen. Der deutsche Landschaftsgärtner Adolph Strauch, der bei dem berühmten Parkgestalter Fürst Hermann von Pückler-Muskau gelernt und sich danach in England weitergebildet hatte, wurde 1854 als neuer Friedhofsdirektor eingestellt und begann einen eigenen "landscape-lawn-plan" umzusetzen: Für neue Gräber erließ er ein Verbot der Grabumzäunungen und begrenzte Anzahl und Größe der Grabmale. Außerdem ließ er die feuchten Gebiete zu einer Abfolge von miteinander verbundenen Seen ausbilden und gestaltete die neugewonnenen Wiesen zu weiträumigen Friedhofsflächen um, so dass Land und Wasser zusammen mit Monumenten und Pflanzen eine künstlerische Einheit bildeten.
Dieser Plan war 1875 der Einzige, der zur Teilnahme an der Weltausstellung in Paris aufgefordert wurde und damit in Europa einen höheren Bekanntheitsgrad erreichte. So lobte der Eisenacher Hofgärtner Hermann Jäger 1877 in seinem Lehrbuch der Gartenkunst diesen Friedhof und erwähnte außerdem, dass man auch in Deutschland "hie und da die berühmt gewordenen nordamerikanischen Friedhöfe nachahmte", wobei er Bremen als neuestes Beispiel anführte.
Inzwischen war die Parkfriedhofsidee in Deutschland angekommen. In Schwerin legte der großherzogliche Gartendirektor Theodor Klett 1863 einen Plan für den neuen Gottesacker vor, der auf hügeligem Terrain am Ostorfer See liegt. Seine Wege schmiegen sich dem Verlauf der Hügelflächen an, während die Wasserflächen der Umgebung sich in dieses Bild so einfügen, als ob sie zu der Friedhofsfläche hinzugehörten.
1869 wurde dann der neue Südfriedhof in Kiel eröffnet, der wohl als erster Begräbnisplatz in Deutschland vollständig landschaftlich durchgestaltet wurde. Die Verbindung zu amerikanischen Vorbildern war durch den Landschaftsgärtner Wilhelm Benque gegeben. Zwischen 1872 und 1875 entstanden in Bremen bei Walle und in Riensberg die von Jäger erwähnten neuesten Beispiele von zwei Friedhöfen mit geschlängelten Wegen und den neuartigen natürlichen Wasserflächen. 1877 wurde schließlich der große Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg eingeweiht. Damit lagen Parkfriedhöfe ganz offensichtlich im Trend der Zeit und ihrem Vorbild folgten weitere Neuanlagen, zu denen zum Beispiel der Düsseldorfer "Friedhof hinter dem Tannenwäldchen" in der Golzheimer Heide von 1884 und der gleichzeitige Stoffelner Friedhof derselben Stadt gehören.
(Dieser Beitrag ist eine überarbeitete und ergänzte Zusammenfassung von B. Leisner, Ästhetisierung und Repräsentation. Die neuen Parkfriedhöfe des ausgehenden 19. Jahrhunderts. In: Raum für Tote, Braunschweig 2009, S. 111-144)
Fotos: 1: Paris - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Brongniart_-_Plans_du_Palais_de_… * 2: Frankfurt – aus: Ebba Drolshaben, Fig. 50 und 52 * 3: Boaton, Mount Auburn -http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/ca/1831_MtAuburnCemeter… * 4: Cincinnati - Permalink: https://lccn.loc.gov/2012586630 Library of Congress, Geography and Map Division. * 5: Schwerin - Abb 5: Friedhofsplan Schwerin, Klett 1863 Plan: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5248198 , Plan: https://proske-landschaftsarchitektur.de/content/alter-friedhof-schwerin.