Wer in Vorbereitung eines Besuches in Luxemburg Stadt im Internet stöbert, kann bei Wikipedia in der Rubrik 'Weitere mit der Stadt verbundene Persönlichkeiten' den Namen Friedrich Wilhelm Voigt entdecken, besser bekannt als Hauptmann von Köpenick.
Dieser hatte tatsächlich seine letzten Lebensjahre in Luxemburg verbracht und starb dort am 3. Januar 1922. Sein Grab liegt auf dem Cimetière Notre Dame, zu Deutsch Liebfrauenfriedhof.
Der Friedhof liegt recht zentral an der Allée des Résistants et des Déportés und ist von der Innenstadt aus gut zu Fuß zu erreichen. Daher stand für mich bei einem Kurzbesuch fest, dass ich den Friedhof besichtigen würde. Am Friedhofseingang angekommen konnte ich allerdings keinen Plan entdecken, ganz zu schweigen von Hinweisen auf irgendwelche Persönlichkeiten. Auskunft konnte auch niemand geben. Es half also nur Suchen, wobei ich dann aber einen recht guten Eindruck von der Friedhofsanlage bekam.
- Blick über ein Grabfeld im Cimetière Notre Dame in Luxemburg. Foto: P. Schmolinske
In den meisten Abteilungen des Friedhofs bestimmen steinerne Grababdeckungen inmitten glatter, unkrautfreier Kiesflächen das Bild. Grabbepflanzung ist die Ausnahme. Manche Abdeckungen haben einen kleinen Ausschnitt, in dem etwas wächst, weit häufiger stehen Pflanzgefäße mit den Blumen der Saison auf den Gräbern. Lediglich die an den Friedhofsrändern liegenden Urnengräber sind ganz anders gestaltet. Östlich sind es Kissensteine in einem mit kleinen Gehölzen bestandenen Grünstreifen, am westlichen Rand dagegen Urnenwände. Man sieht ihnen an, dass sie recht neu sind. Die Kremation ist in Luxemburg erst seit 1972 der Körperbestattung gleichgestellt, und noch bis 1995 mussten die Toten zur Einäscherung ins Ausland gebracht werden. Dann nahm das Krematorium in Luxemburg-Hamm seinen Betrieb auf, und die Zahl der Einäscherungen stieg seitdem deutlich an.
- Grabfeld mit vielen Kruzifixen auf dem Cimetière Notre Dame in Luxemburg. Foto: P. Schmolinske
In Luxemburg ist die Mehrheit der Bevölkerung katholisch. Genaue Zahlen gibt es nicht, da seit 1979 dazu bei Volkszählungen keine Werte mehr erhoben werden, aber die Grabmäler zeigen es deutlich. Kreuze, Kruzifixe und Darstellungen vom Haupt des Gekreuzigten sind in großer Zahl vorhanden. Engel sind eher selten, dafür gibt es zahlreiche Darstellungen von Trauernden, unter denen man auch einige "Zwillingsschwestern" unserer Ohlsdorfer Damen entdecken kann. Besonders viele hohe Kreuze stehen im Grabfeld nahe dem Eingang, aber auch zahlreiche sarkophagartige Grabmale, kleine "Kapellen" und andere besonders repräsentative Grabmale.
- Grabfigur einer trauernden Frau mit Urne. Foto: P. Schmolinske
- Grabmal des Hauptmanns von Köpenick. Foto: P. Schmolinske
Nach längerem Suchen konnte ich das Grab von Friedrich Wilhelm Voigt schließlich finden. Es liegt nicht sehr weit vom Eingang linkerhand vor einer Mauer. Laut Wikipedia erwarb der Zirkus Sarrasani 1961 das Grab und stiftete einen Grabstein. Seit 1975 wird das Grab von der Stadt gepflegt, und der Grabstein wurde erneuert. Die großen Buchstaben der Worte 'HAUPTMANN VON KOEPENICK' sind um eine Pickelhaube herum angeordnet. Das 'VON' steht so unter dieser Haube, dass man den Eindruck eines Kopfes bekommt, mit dem ‚O‘ als weit aufgerissenem, Befehle brüllendem Mund. Weiter unten steht viel kleiner die Inschrift 'Wilhelm Voigt 1850-–1922'. Das korrekte Geburtsdatum ist allerdings der 13. Februar 1849, und so sind die vom 'Traditionsverein Hauptmann von Köpenick' am Grab hinterlassenen Grüße zum 168. Geburtstag keineswegs verfrüht.
Wenn man Wikipedia und den Luxemburger Fremdenführern glauben darf, kam Friedrich Wilhelm Voigt nach seinem Tode noch zu militärischen Ehren: Als die Trauergesellschaft auf dem Weg zum Friedhof einem Trupp französischer Soldaten begegnete, fragten diese, wen man da zu Grabe trüge. Die Antwort lautete: "Le Capitaine de Coepenick". In der Annahme, es wäre ein richtiger Capitaine, also Hauptmann, ließen sie den Trauerzug mit entsprechenden Ehrenbezeugungen passieren.