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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Kulturpreisträger Wolfgang Sieg ist tot

Am 11. September 2015 verstarb in Elmshorn der Kolumnist und Oberstudienrat Wolfgang Sieg.

Bekannt geworden ist er der älteren Generation u. a. durch die Veröffentlichung satirisch-grotesker Kurzprosa in hochdeutsch, plattdeutsch und "missingsch". Das ist, wie der Verlagstext zu seiner nachstehend genannten Buchveröffentlichung es treffend vermerkt, "die brackige Mischung aus salzigem Platt und Hochdeutsch-Süßwasser, aber doch wieder etwas ganz Eigenes, die phonetische Quadratur des Kreises, eine vollendete Verbindung von breit und kurz".

In diesem Sprachduktus veröffentlichte er 1989, und zehn Jahre später noch einmal, sein wohl heute noch bekanntes Buch "Ohlsdorf lebt oder Der Sarg-Discounter". Dort begleitet er den liebenswerten, leidgeprüften Laubharker Putzi über den Ohlsdorfer Friedhof, lässt ihn in unwirklichen Geschichten Gestalt annehmen und sich mit anderen Friedhofs-Besuchern über seine Sorgen und Nöte unterhalten. Als Sieg sein Buch vorstellen wollte, lud er mithilfe einer Tageszeitung zu einer öffentlichen Friedhofsführung ein. Es kamen viel mehr Teilnehmer als erwartet. Mehrere hundert Interessierte mögen es gewesen sein, am Haupteingang wimmelte es nur so von Menschen. Dank der spontanen Unterstützung der Verwaltung konnte mit einem Megaphon die Menschenmenge in Richtung Krematorium gelenkt und dort auf dem freien Platz begrüßt werden. So bekannt war Wolfgang Sieg.
Könnte der Satiriker Sieg sich heute noch dazu äußern, er würde in Anlehnung an den Titel seines Buches bemerken: "Nun bin ich tot, aber Ohlsdorf lebt". Seine Familie gedachte seiner in ihrer Todesanzeige mit dem Zitat von Kurt Tucholsky treffend: "Die Sprache ist eine Waffe, haltet sie scharf". Und der Verfasser hält für einen Moment inne.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Insel, Tod und Trauer (November 2015).
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