Am 1.9.2022, 83 Jahre nach dem Überfall Deutschlands auf Polen und damit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, fand auf dem Friedhof Ohlsdorf die Einweihung des restaurierten Grabfeldes für polnische Opfer des Nationalsozialismus statt.
Polen war das erste Land, das 1939 von Deutschland überfallen wurde. Die nachfolgende Herrschaft war erbarmungslos und ohne jeden Skrupel. Polen wurden in dieser Zeit aus zwei Gründen nach Deutschland gebracht. Entweder zum Arbeiten in der Vielzahl von deutschen Betrieben, in denen viele auch umkamen oder zur Bestrafung und letztendlich Tötung. Das Märchen, Massentötungen hätte nur "im Osten" stattgefunden ist eben ein Märchen. Das müssen wir als Deutsche der späteren Generationen akzeptieren.
Allein auf dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg, Gräberfeld BP 73, Reihen 36 bis 44, dem polnischen Ehrenfeld, ruhen die sterblichen Überreste von 1229 in Hamburg getöteten Polen. Polen, die als Zwangsarbeiter in Hamburg arbeiten mussten, Polen, die als Kriegsgefangene in Hamburg arbeiten mussten und für die 1941 ein besonderes Strafrecht eingeführt wurde, was sie vollständig entrechtete und jeglichen Verstoß mit Todesstrafe ahndete oder Polen, die gegen Ende des Krieges zur Exekution nach Hamburg verbracht wurden. Hieraus ergaben sich Hunderte von gewaltsamen Todesfällen.
Die Restaurierung dieses Ehrenfeldes, 83 Jahre später, war notwendig und dem Respekt für die Opfer geschuldet. Die Handwerker aus Polen führten umfangreiche Arbeiten durch. 300 Grabplatten waren nicht mehr lesbar, da vermoost und überwachsen. Sie wurden restauriert. Es wurden Sockel für Steinkreuze gegossen, dann ein Ensemble von Steinkreuzen aufgestellt, die mit historischen polnischen Wappen versehen sind. Es wurde eine metallene Namenstafel auf Stein mit den 1229 Namen der Opfer in diesem Bereich in den Boden gelassen.
Schließlich wurde eine Informationstafel vor dem Grabfeld aufgestellt, die Auskunft über das Schicksal der Menschen gibt, deren sterbliche Überreste dort ihre letzte Ruhe fanden; eine umfassende Restaurierung, die dem Grabfeld ein würdevolles Gesicht verleiht und die Verbundenheit mit den Opfern betont. Die Arbeiten für die Restaurierung wurden Anfang 2022 durch die polnische Stiftung zur Polnisch-Deutschen Aussöhnung in die Wege geleitet. Wir vom Förderkreis des Museums Ohlsdorf waren frühzeitig involviert und konnten Unterlagen für die geplante Informationstafel liefern.
Die Feierstunde der Einweihung der Anlage erfolgte am 1.9.2022.
Es sprachen an diesem Tag:
-Der Generalkonsul in Hamburg Pawel Jaworski für die polnische Regierung
-Frau Staatsrätin Möller für die Stadt Hamburg
-Jakub Deka, Vorsitzender der Stiftung "Polnisch-Deutsche Aussöhnung"
-Vertreter der polnischen Kirchen
Die Redner betonten die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen unseren Völkern nach diesen Ereignissen, die von deutscher Seite so viel Leid brachten. Aber auch, dass eine Verständigung machbar ist und auch erfolgt. 1229 polnische Schicksale endeten allein in Hamburg auf dem Friedhof Ohlsdorf. 83 Jahre später arbeiten Deutsche und Polen an der Aufarbeitung der Geschichte und Geschichten, die nicht vergessen werden dürfen. Ein jüdischer Rabbi und ein katholischer Priester weihten die restaurierte Anlage und gaben der Veranstaltung eine tiefe Würdigung.
Die Zahl der Gäste lag bei etwa 150, von denen einige aus Warschau angereist waren, insbesondere auch junge Leute. Sie gaben der Veranstaltung einen würdigen Rahmen, den das erfahrene Leid gebietet und die Verbindung mit den Opfern, 83 Jahre später, aufzeigt. Ein wichtiger Beitrag in unseren auch heute nicht gerade friedfertigen Zeiten, in denen Gewalt immer noch Teil von Politik werden kann.