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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Landschaftliche Gräberfelder auf deutschen Friedhöfen

Autor/in: Dagmar Kuhle
Ausgabe Nr. 158, III, 2022 - September 2022

Was sind landschaftliche Gräberfelder? Dagmar Kuhle erläutert in ihrer Dissertation, warum das Thema Landschaft so komplex ist.

Zur Einführung

Was sind landschaftliche Gräberfelder? Zunächst scheint es leicht, eine Antwort zu geben: Es sind Gräberfelder, die, auf welcher Grundlage - auf ebener oder morphologisch bewegter Fläche und unter Einbezug von viel oder wenig Vegetation - und durch welches landschaftliche Motiv auch immer, landschaftlich gestaltet sind. Damit stellt sich die Frage, was landschaftlich, also letztlich Landschaft ist. Dies lässt es komplex werden, denn für die planerische Perspektive, die in dieser Studie eingenommen wird, ist es nicht wichtig, Landschaft zu definieren, sondern vielmehr die Bandbreite von Bedeutungen zu erschließen, die einzelne Menschen oder Menschengruppen mit dem Begriff verbinden.

Landschaft kann schön sein, oder auch erhaben, heiter, melancholisch, oder in noch weiteren Gefühlskategorien wirken. In Bezug auf diesen Punkt gilt für landschaftliche Gräberfelder auf Friedhöfen, dass letztere in der Regel von einem Verständnis von Schönheit geprägt sind, das von Hygiene, Sauberkeit und Ordnung bestimmt wird, und in dem die 'Institution Friedhof' durchschlägt. So zählte C. C. L. Hirschfeld in seiner "Theorie der Gartenkunst" (1779-1785) den Friedhof zu den "Gärten, deren Charakter von besonderen Bestimmungen abhängig ist". Darunter fasste er Volksgärten, Akademien, Klöster, Gesundheitsbrunnen, Hospitäler und eben "Begräbnisörter". Er sah den Friedhof also bei den Institutionen angesiedelt. Aus Hirschfelds Beschreibung des Friedhofs als ein "großes, ernstes, düsteres und feyerliches Gemälde", bestehend aus einem "finster angränzendem Tannenwald", und Bäumen, die zu Gruppen und Hainen zusammengestellt sind, ergibt sich entgegen der gängigen damaligen Friedhofspraxis das Bild eines stark bewachsenen Friedhofs.

In der weiteren Entwicklung des Friedhofs finden sich landschaftliche Elemente Ende des 19. Jahrhunderts im Parkfriedhof. Damit zieht Landschaft als Wahrnehmungsmuster, das sich ursprünglich in der Kunst, erstmals in der Malerei, entwickelte, in den Friedhof ein. Rund hundert Jahre nach dem Landschaftsgarten werden Zentralfriedhöfe, die zwar weit vor den Städten liegen, aber eindeutig städtisch geprägte Räume sind, nach dem gartenkünstlerischen Ideal von Landschaft gestaltet. Die zeitliche Verzögerung kommt durch die starke Prägung des Friedhofs durch Ordnung und Hygiene zustande.

Anfang des 20. Jahrhunderts kündigten sich, auch innerhalb des landschaftlichen Friedhofs, neue Ordnungsmuster an. Pietzner, ein Vertreter des landschaftlichen Friedhofs, integrierte die "wegen ihrer Raumersparnis und intensiven Ausnutzung der Flächen überaus praktische Beerdigungsart" der Reihengräber in den landschaftlichen Friedhof. Für diese nannte er neben der Raumausnutzung als ein weiteres Argument die Ästhetik einer durchgängigen Rasenfläche. Diese begründete er nicht mit der Ästhetik von Landschaft, sondern als sichtbaren Ausdruck des Gedankens, dass der Tod gleich macht und vernünftiger Grabpflege statt "geschmackloser Gräber" und damit letztlich als Ausdruck von Ordnung. Die Merkmale von Landschaft wurden nun anders gedeutet und anders eingesetzt.

In den 1907 erlassenen Vorschriften über die Erhaltung von Denkmälern und die Behandlung der Grabstätten in dem von Hans Grässel konzipierten Waldfriedhof in München ist der Satz zu finden: "Schon Ordnung ist Schönheit". Damit wurde der Waldfriedhof, der mit dem Wald ein Inbegriff von Natur ist, mit dem Thema Ordnung verknüpft. Im landschaftlichen Gräberfeld von heute findet sich dieses Spannungsfeld zwischen ästhetischer Landschaft auf der einen und einer auf Ordnung und Übersicht basierenden Ästhetik auf der anderen Seite weiterhin. So bildet das Ordnung ausdrückende Rasengrab gerade die Basis landschaftlicher Gestaltung oder das Gegenüber zur landschaftlichen Gestaltung im Friedhof.

Gegenwärtig kommt die Bezeichnung Landschaft im Zusammenhang mit einem Gräberfeld insgesamt nur selten vor; bei den für diese Untersuchung aufgesuchten Gräberfeldern nur einmal. Die Zuordnung der Gräberfelder zum Motiv Landschaft erfolgt daher aufgrund unterschiedlicher Bezeichnungen. Die meisten werden als Park bezeichnet. Die Begründung für die Gleichsetzung von Park mit Landschaft im Kontext dieser Studie lautet, dass der historische Parkfriedhof den Landschaftsgarten zum Vorbild hatte. Zudem legt die mit dem Friedhof verbundene charakteristische Ruhe nahe, dass sich der Begriff Park in diesem Zusammenhang eher auf Landschaft als auf den Park im geometrisch-regelmäßigen Stil bezieht.

Das allgemeine Motiv Landschaft

Die zum Motiv Landschaft hier vorgestellten Gräberfelder sind fast alle groß, vielfältig, topographisch bewegt, und es gibt Bänke mit Aussichten. Dennoch lassen sich drei verschiedene Ausprägungen des Motivs unterscheiden. Erstens scheint die Fortschreibung des Friedhofs als kommunale Daseinsvorsorge in der Interpretation des Motivs durch. Ein Beispiel hierfür ist der Friedpark in Wettenberg, Ortsteil Launsbach (Abb. 1). Er unterscheidet sich in allen Merkmalen von dem, was für Landschaft typisch ist, und kann nur durch einen Einbezug der außerhalb des Friedhofs liegenden Landschaft überhaupt noch unter das Thema gefasst werden.


Friedpark vor Landschaft im Hintergrund in Wettenberg, Ortsteil Launsbach, Foto 2014 (1)

Zweitens gibt es 'Landschaft als Ausschnitt von Landschaft'. In der Urnengrabstätte Alter Friedhof Immenhausen zeigt sich dies in einer Kombination aus Rasen und Wald, im Landschaftsgräberfeld des Friedhofs Blankenese als Abbild lokaler Knicklandschaft (Abb.2), und im vorderen Teil des Friedparks Ahnatal, Ortsteil Heckershausen in der Brache des historischen Friedhofs, die an Heide erinnert. In ihnen scheint die jeweilige lokale Friedhofsgeschichte als ein besonderes Merkmal einer neuen 'Friedhofslandschaft' auf. In Immenhausen wird auf die Grundstrukturen des historischen Friedhofs zurückgegriffen, in Hamburg-Sülldorf ergibt sich eine Parallele zwischen den Knicks im Landschaftsgräberfeld und denen des umgebenden Friedhofs, und in Ahnatal, Ortsteil Heckershausen wurden die typisch dunklen, säulenförmig wachsenden, ins Alter gekommenen Friedhofspflanzen des vormaligen Friedhofs eingebunden.


Landschaftsgräber in einer Knick-Landschaft, Friedhof Blankenese in Hamburg-Sülldorf, Foto 2014 (2)

Drittens finden sich landschaftsparkähnliche Gestaltungen. Hierunter lassen sich der Friedpark Wahlershausen und das Parkgrabfeld in Mannheim fassen. Dabei erscheint die Ähnlichkeit zwischen der Anlage im Friedpark Wahlershausen und dem Landschaftspark zufällig, während sie im Parkgrabfeld in Mannheim als Konzept anzusehen ist (Abb. 3). Dies hat allerdings den Effekt, dass durch die Miniaturisierung von Landschaft ein Großteil ihrer Wirkungen verloren geht: Vielfalt wird überschaubar und der Betrachter schaut nicht zu Landschaftselementen auf, sondern überblickt sie oder blickt auf sie herab.


Parkgrabfeld aus miniaturisierter Landschaft, Mannheim, Foto 2014 (3)

In der Hälfte der untersuchten Beispiele, im Friedpark Wahlershausen (Abb..4), in den Landschaftsgräbern in Blankenese und in manchen Bereichen des Alten Friedhofs in Immenhausen kann sich der Besucher auf Rasen ganz frei, ohne Wege, durch die Landschaft bewegen. Damit ist Landschaft als vorgegebene Abfolge von Bildern aufgegeben. Dies schließt allerdings nicht aus, dass dennoch Aussichten hergestellt werden. Die in allen Anlagen platzierten Bänke können als Indikatoren dafür interpretiert werden, dass Aussichten unabhängig von Wegen, die auf sie hinführen, wichtig sind (Abb.5). Die Stimmung der Anlagen ist überwiegend angenehm-heiter - mit Einsprengseln von Szenen, die eine melancholische Stimmung ansprechen. Einzige Ausnahme hiervon ist der Friedpark in Ahnatal-Heckershausen, der stark durch Melancholie geprägt ist.


Auf Rasen überall begehbarer Friedpark, Kassel, Bezirk Wahlershausen, Foto 2014 (4)

Bank mit Aussicht in die Landschaft des Friedparks in Kassel, Hauptfriedhof, Foto 2013 (5)

Über alle unterschiedlichen Ausprägungen hinweg ist herauszustellen, dass in den vorgestellten Gräberfeldern ganz eigene, noch nie dagewesene 'Friedhofslandschaften' entstehen, die dadurch charakterisiert sind, dass sie ganz unterschiedliche Assoziationen in Bezug auf reale Landschaften ermöglichen und zugleich Verbindungen zur Geschichte des Friedhofs aufweisen, auf dem sie sich befinden.

Motiv Wald

Die mit Blick auf das Motiv Wald vorgestellten und diskutierten Gräberfelder gleichen sich darin, dass sie auf dem Friedhof eine abseitige Lage haben, zumindest die Illusion von Größe und fast immer eine gewisse Nachlässigkeit vermitteln. Obwohl der Platz auf dem Friedhof letztlich sehr begrenzt ist, ist sogar die Ausbildung unterschiedlicher Bereiche möglich. Dies zeigt sich etwa bei der Hälfte der untersuchten Wälder. Mit den unterschiedlich ausgeprägten Bereichen gehen unterschiedliche Stimmungen innerhalb einer Anlage einher. Die andere Hälfte der besprochenen Gräberfelder ist zwar vielfältig, aber auf so kleinem Raum, dass nur eine Stimmung dominiert.

In Bezug auf die hervorgerufenen Stimmungen überwiegen das Erhabene und angenehme Heiterkeit. Doch in den Waldbegräbnissen in Blankenese (Abb.6) bewegen Gemeinschaftsgrabzeichen in traditioneller Stelenform die Stimmung in Richtung Melancholie und auf dem Waldfriedhof Schäferberg und im Lichtwald in Berlin (Abb. 7) rühren dunkle Bestände an diese Stimmung. Im letztgenannten Wald dient dieser Bestand zusätzlich als Kontrast für die Erfahrung von Überraschung, die durch die Grabzeichen hervorgerufen wird.


Waldbegräbnisse mit Stelen als Gemeinschaftsgrabzeichen, Friedhof Blankenese, Foto 2014 (6)

Im dunklen Wald leuchtende Kunststoffscheiben sind Grabzeichen im Lichtwald, Berlin-Charlottenburg, Foto 2014 (7)

Durchgängig für alle Anlagen gilt, dass der Besucher jenseits der Hauptwege seine Wege selbst wählen kann. Dies entspricht der Freiheit des Waldes. Weiter ist für alle Gräberfelder das Fehlen einer unregelmäßigen äußeren Begrenzung festzustellen. Stattdessen dominieren an dieser Stelle die geometrischen Friedhofsstrukturen. Mit ihnen gehen breite, stark befestigte Wirtschaftswege einher, die im Widerspruch zur Nachlässigkeit des Waldes und der Landschaft allgemein stehen. Die Gründe sind unterschiedlich. Sie reichen von der Übernahme eines Waldwirtschaftsweges in der Waldruhe Schäferberg über die besonders befestigten Wirtschaftswege am Friedhofsrand, im Seelwald Hannover, zu den auf einem Friedhof üblichen befestigten Wegen im Ruhewald Ohlsdorf und im Lichtwald Berlin. Insbesondere für letztere könnte ein weicherer Wegebelag in Erwägung gezogen werden. Fast alle Friedhofsbetreiber der vorgestellten Wald-Gräberfelder heben in ihrer Öffentlichkeitsarbeit das Stimmungsvolle des Waldes hervor.

Motiv Hain

Den zum Motiv Hain versammelten Gräberfeldern ist gemeinsam, dass sie der Vorgabe zur Anzahl der Bäume weitgehend entsprechen: Alle haben mindestens zwei Bäume, mehr als die Hälfte der untersuchten Gräberfelder weisen über dreißig Bäume auf.

Als jeweils erkennbarer Zusammenhang werden die Haine auf drei unterschiedliche Arten hergestellt. Erstens sind sie eine von außen erkennbare Einheit, der Bestattungshain in Hamm (Abb. 8) mit seiner beeindruckend ausladenden Krone und der Italienische Hain in Berlin mit seiner an mediterrane Landschaften erinnernden Silhouette sind hierfür eindrucksvolle Beispiele. Zweitens ist ihre Einheit durch Aussparung, sozusagen in einer Negativ-Form, hergestellt. Sowohl der Eichenhain als auch der Buchenhain in Koblenz (Abb, 9) sind solche jungen Haine in Aussparungen inmitten eines umgebenden Altbaumbestandes. Drittens werden sie durch Abteilungsgrenzen als Einheit definiert, so beim Trauerhain in Frankfurt und beim Birkenhain in Göttingen (Abb. 10). Dann allerdings verlieren sie das Merkmal einer unregelmäßi-gen Umfassungslinie, das sie als landschaftliche Haine auszeichnen würde.


Silhouette des Bestattungshains in Hamm, Foto 2013 (8)

Junger Eichenhain inmitten eines Altbaumbestandes in Koblenz, Foto 2014 (9)

Abteilungsgrenzen definieren die Begrenzung des Birkenhains in Göttingen, Foto 2014 (10)

Weiter gilt für fast alle besprochenen Anlagen, dass es sich um homogene Bestände handelt, mit einer ihnen eigenen Schönheit und einer damit verbindbaren Stimmung. Da die "Schönheit" des Hains eine so große Rolle spielt, fällt die Diskrepanz, die öfter in Bezug auf erschließende Wege besteht, besonders auf. Beispiele hierfür sind der Buchenhain in Koblenz und der Bestattungshain in Hamm, zu denen je ein breiter Wirtschaftsweg führt, und der Trauerhain in Frankfurt, der von einem Wirtschaftsweg durchzogen ist.

Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung von "Schönheit" erstaunt, dass in der Öffentlichkeitsarbeit nicht auf eben diese eingegangen wird, sondern eher andere Merkmale der Haine dargestellt werden, vor allem das Praktische, so für den Eichenhain in Koblenz, und sogar für den Kirschblütenhain in Koblenz, der doch ganz auf die Wirkung der Kirschblüten angelegt ist. Auch das Thema Naturschutz wird herausgestellt, so beim Bestattungshain in Hamm. Das Kompakte des Hains legt die Nähe zu einem überschaubaren Raum nahe, von dort ist es nicht weit zur Architektur. Eine solche Interpretation des Hains ist der Sonderfall Platanenfeld in Nürnberg. Schließlich ist in den Gräberfeldern mit dem Motiv Hain verbindend, dass alle einen ebenen Boden haben und die meisten auf Rasen frei begehbar sind. Eine Sonderstellung diesbezüglich nimmt der Kirschblütenhain in Koblenz ein, der als nicht begehbares Bild angelegt ist.

Motiv Einzelbaum

Die zum Motiv Einzelbaum untersuchten landschaftlichen Gräberfelder haben gemeinsam, dass sich für alle Bäume - außer der Säulenhainbuche auf dem Friedhof in Celle - Besonderheiten nach den Anregungen in der "Theorie der Gartenkunst" aufzeigen lassen. Allerdings ist dort ein Einzelstand mindestens genauso maßgeblich wie die Baumart und dieses Kriterium erfüllen nicht alle betrachteten Anlagen. Über die Hälfte jedoch sind Einzelbäume. Auf einem kleinen Friedhof wie in Frankenau-Dainrode (Abb. 11) kommt ein Einzelbaum tatsächlich schon aus der Ferne des Friedhofs zur Wirkung (vgl. auch Calden-Westuffeln), während auf vielen größeren Friedhöfen der Einzelstand durch große Abstände zwischen den Bäumen innerhalb von Baumgruppen hergestellt wird. Diese Baumgruppen wirken, da sie stark von dem Aspekt des Einzelbaums geprägt sind, oft als Baum-Sammlungen, so in den Anlagen in Kummerfeld, Ahrensburg und Mannheim, und entsprechen dadurch nicht der Idee des landschaftlichen Einzelbaumes.


Eiche als Einzelbaum für eine Baumbestatung in Frankenau, Stadtteil Dainrode, Foto 2014 (11)

Die Bäume aller Anlagen stehen auf Rasen. Diese Regel löst sich nur da auf, wo Bäume an Wegen zum Einzelbaum wurden, wie in Koblenz, Celle und Schlüchtern, und der Weg zum Bestandteil des Bodens unter den Bäumen wird. Dies bringt die bereits angesprochene Problematik mit sich, dass die Wege aufgrund ihres Materials oder beziehungsweise und ihrer Dimension nicht immer auf das Thema Landschaft hinführen.

Fast die Hälfte der Bäume sind keine Einzelbäume, weil sie durch Alleen oder Baumreihen anderweitig gebunden sind. Da es sich in diesen Fällen um Altbaumbestände handelt, die nun mehrfach genutzt werden, ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen für die Nutzung des Friedhofs, wie er vor der Zeit der Einführung der Baumgräber eingespielt war. Konsequenzen sind zum Beispiel - jeweils von der Wahrnehmung her -, dass Außengrenzen dünner werden, so in Calden-Ehrsten, weil die Baumgräber nur noch einen Maschendraht zwischen sich und der Friedhofsumgebung haben, oder, wie in Schlüchtern und Celle (Abb. 12), dass Wege enger werden, weil Passanten ihn sich mit Kontemplierenden teilen müssen.


Baumgräber in eine Allee aus Säulenhainbuchen, Celle, Foto 2014 (12)

Die Stimmung, die beim Einzelbaum nicht an erster Stelle steht, ist in den untersuchten landschaftlichen Gräberfeldern den verwendeten Baumarten und Kontextualisierungen des Einzelbaumes entsprechend vielfältig, doch ist sie am häufigsten angenehm-heiter, zum Beispiel in Ahrensburg und Kummerfeld. An der Qualität Stimmung ist nochmals der Einfluss der Umgebung zu diskutieren: So könnte in Calden-Ehrsten die Stimmung unter einer Linde durchaus feierlich sein, wäre da nicht die Nähe zu einer nun kaum mehr durch eine Grenze getrennten Straße.

Motiv Wiese

Gemeinsam ist den unter dem Typus Wiese beschriebenen Anlagen Aschenstreuwiese in Minden, Obstbaumwiese in Göttingen und der Friedwiese in Calden, dass es sich aufgrund der Graslänge nicht um Wiesen, sondern um Rasen handelt. Es wurden jedoch zwei verschiedene Lösungen gefunden, trotz Rasen das Bild Wiese in die Anlagen einzubringen. Die erste Lösung ist, dass dem Rasen Ausschnitte von Wiesen zu Seite gestellt werden. Dies geschieht in der Friedwiese Calden durch kleine Stellen, die wiederholt als bunte Wiesen angesät werden, und bei der Blumeninsel in Ahrensburg in Form einer großen Wiese, die von einem Bauern zweischürig gemäht wird und so den Eindruck einer echten Wiese erweckt (Abb. 13). Die zweite Lösung ist, die Vorstellung einer schönen Wiese zu evozieren. Für die Obstbaumwiesenbestattung in Göttingen gelingt dies, indem das Bild einer gerade gemähten Streuobstwiese angelegt ist, so dass in der Vorstellung andere Jahreszeiten und Graslängen mitgedacht werden, und bei der Naturwiese in Koblenz, indem es sich um eine anonyme Wiese handelt, für die ein Faltblatt die Vorstellung langgrasiger, bunt blühender Wiesen anregt. Erstaunlicherweise zeigt die letztgenannte Wiese, die als anonyme Wiese in der Regel von Trauernden gar nicht gesehen wird, vergleichsweise den höchsten Aufwuchs. Dieser erklärt sich - aus eben dem Grund, dass die Wiese kaum gesehen wird - aus einer im Vergleich zum Scherrasen nachlässigeren Pflege, aus der - in diesem Sinne zufällig - eine Wiese hervorgeht. Für eine Wiese ist es jedoch eine relativ niedrige Höhe. Sie ergibt sich dar-aus, dass unter dieser Graslänge Beisetzungen noch gut handhabbar sein müssen.


Blumeninsel mit benachbarter Wiese, Ahrensburg, Foto 2014 (13)

In zwei Beispielen wurden innovative Lösungen im Bemühen um Blumen gefunden; innovativ deshalb, weil darin Brücken zwischen der Friedhofs- bzw. Gedenkkultur und Landschaft geschlagen werden. Sie machen deutlich, dass es das Bedürfnis nach Blumen als Ausdruck von Ästhetik gibt. In der Friedwiese in Calden werden um die Grabsteine im Rasen Frühjahrsblüher gepflanzt, und in der Blumeninsel werden Stauden, Gräser und Sträucher kombiniert. Am Beispiel dieser Gräberfelder kristallisiert sich die große Bedeutung heraus, die Blumen im Zusammenhang landschaftlicher Gräberfelder haben. Sie lässt sich aus zwei Richtungen her erklären. Erstens können die Blumen als Fortsetzung einer an dieser Stelle eigentlich seitens der Nutzungsberechtigten nicht mehr gewünschten und daher seitens der Friedhofsbetreiber auch nicht mehr erwünschten Grabpflege interpretiert werden. Zweitens, und dies rührt an den tieferliegenden Gehalt der Wiese als Sinnbild, ist das Bild der blumigen Wiese, beziehungsweise des blumigen Rasens, ein Sinnbild christlicher Erlösungshoffnung.

Allen zum Motiv Wiese untersuchten landschaftlichen Gräberfeldern ist gemeinsam, dass sie eben und groß sind. Darin kommt die Grundstruktur des Friedhofs aus ebenen, mehr oder weniger großen Gräberfeldern durch. Das Weitläufige ist jedoch, wie für die Friedwiese in Calden beschrieben, durch eine Bepflanzung mit blühenden Sträuchern wieder eingeschränkt und in Richtung eines blühenden Gartens abgeändert. Dies gilt ebenfalls für das Beispiel Aschenstreuwiese in Minden. Darin entstehen ganz neue Landschaften, die nicht in das in dieser Studie zugrunde gelegte Hirschfeldsche Raster passen.

Bei allen Beispielen ist der rechteckige Grundriss zumindest noch zu erahnen, selbst wenn die rechteckige Form, wie in der Naturwiese in Metternich und der Wildblumenwiese Ahrensburg (Abb. 14) durch Strauchpflanzungen am Rand verdeckt ist. Darin kommt, wie schon im Merkmal Ebene, die Struktur des Friedhofs durch. Dies steht jedoch einer Interpretation der Wiese als landschaftlich, indem sie in den Kontext dörflicher Landschaft gesetzt wird, nicht entgegen.


Blumeninsel mit Stauden, Ahrensburg, Foto 2014 (14)

Es stellt sich schließlich die Frage, weshalb so viele Wiesen Rasen sind. Hierfür gibt es mehrere mögliche Antworten, die auf den Kontext Friedhof verweisen. So bleibt auf Rasen, erstens, beim Durchlaufen keine Spur geknickter Grashalme zurück. Zweitens ist nach einer Beisetzung der Bestand schneller wieder nachgewachsen.

Drittens gilt Rasen als ordentlicher als eine Wiese. Viertens ist Rasen handwerklich einfacher als eine Wiese zu handhaben. Schließlich kann, fünftens, Rasen auch in der Funktion der Botschaft des Aussperrens angewandt sein, so in der Aschenstreuwiese in Minden, um den Effekt pietätvollen Abstandhaltens zu erreichen. Insgesamt schlägt also in der Ausgestaltung des Motivs Wiese relativ stark der Friedhof als Basis der Anlagen durch. Darin, dass es mehr Rasen als Wiesen sind, wird der Friedhof als Ort sichtbar, der durch ständigen Umbruch durch Beisetzungen gekennzeichnet ist und weiter als Ort, in dem, zum Beispiel im Rasen, Ordnung als Gegenpol zum Chaos durch die Erfahrung des Todes gesucht wird.

Motiv Rasen

Den drei zum Motiv Rasen untersuchten Gräberfeldern ist gemeinsam, dass es sich um mehr oder weniger weite, ebene, grüne Plätze handelt. Mit allem, was darüber hinaus reicht, fächern sie sich bereits in unterschiedliche Grade von Ferne zu landschaftlicher Gestaltung auf. Es wird deutlich, dass landschaftlicher Rasen nicht für sich alleine stehen kann, sondern er vielmehr durch das, was ihn umgibt, geformt wird. Auf diese Weise sind die landschaftlichen Rasen in Gänze abhängig von den jewei-ligen Kontextualisierungen. So stellen sich die Urnenrasengrabstätte in Fürstenwald und die Rasengräber in Koblenz als Lichtungen dar, erstere in Form vieler kleiner Lichtungen, die zweiten in Form einer großen Lichtung geschaffen. Die Anlage in Calden-Westuffeln ist umgekehrt ein freier Platz, der wesentlich über einen Baum geprägt wird. Bemerkenswert ist, dass die Rasengräber, die in allen anderen Motiven auch vorhanden sind, aber dort aufgrund ihrer Schlichtheit nur eine Nebenrolle spielen, als Ordnungsmuster relevant werden, wenn der Blick auf den Rasen als Motiv fällt. So betonen sie durch die Art ihrer Ausrichtung den Rasen als Fläche oder auch etwas ganz anderes. Die langen Reihen aus Rasengräbern heben zum Beispiel die Größe und Weite des Rasens hervor, so in den Rasengräbern in Koblenz, und der Kreis um den Baum in Calden-Westuffeln betont eben diesen Baum.

Motiv Wasser

Das beispielhaft für das Motiv Wasser untersuchte landschaftliche Gräberfeld zeigt, dass auch ein für den Friedhof untypisches Motiv der Landschaft eingefügt werden kann. Zugleich wird das Motiv insofern aus dem Kanon der übrigen landschaftlichen Motive gelöst, indem es, wohl auch aufgrund der Nachbildung, sehr deutlich als Symbol eingesetzt wird (Abb. 15). Im gleichen Maße, wie dies geschieht, verliert Landschaft das Subtile und das Potential von Mehrfachbedeutungen.


Aus Steinen geformter Fluss im Fluss der Zeit, Tübingen , Foto 2017 (15)

Motiv Heide

Die beiden unter dem Motiv Heide gefassten landschaftlichen Gräberfelder haben gemeinsam, dass in ihnen mit heidetypischen Pflanzen, die sich insgesamt durch eine zumeist gedeckte Farbgebung auszeichnen, und dem Wald als Rahmung sowie mit Findlingen der Eindruck einer Heidelandschaft geschaffen wird (Abb. 16). Sofern man Setzungen in der Literatur zur Stimmung der Heide folgt, lassen sich mit der Heide die Stimmungen Ruhe und Melancholie verbinden.


Heide im Naturgarten, Celle, Foto 2014 (16)

Resümee und Ausblick

Am Anfang der Untersuchung stand die These, dass die "Theorie der Gartenkunst" von C. C. L. Hirschfeld geeignet ist, heutige landschaftliche Gräberfelder zu verstehen. Seine Überlegungen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind im Kontext der Idee von Landschaft der Aufklärungszeit zu sehen. In dieser Zeit war die Idee von Landschaft vorwärtsgewandt und im Fall des Landschaftsgartens mit Arkadien als einer Utopie verknüpft. Ein in die Zukunft gerichteter Landschaftsbegriff zeigt sich auch bei den Beisetzungswäldern, die seit Anfang der 2000er Jahre in Deutschland angelegt werden. Sie setzen sich als vorwärts gewandt von den bestehenden Friedhöfen ab. Zugleich gingen von den Beisetzungswäldern wesentliche Impulse für die landschaftlichen Gräberfelder auf Friedhöfen aus. Diese sind also eine Reaktion auf den Beisetzungswald. Ihr Absetzen vom Beisetzungswald besteht darin, dass Landschaft nicht nur als Wald, sondern in vielen weiteren Motiven in den Friedhof aufgenommen ist. Es sind Motive, die sich, außer der Heide, alle in der "Theorie der Gartenkunst" beschrieben finden.

Die Analyse und Diskussion der untersuchten Gräberfelder haben gezeigt, dass es grundsätzlich viele Übereinstimmungen mit den Regeln für landschaftliche Motive nach der Theorie von Hirschfeld gibt, dass sich aber auch Variationen finden.

Motivübergreifend ist in der Zusammenschau zu fragen, wie die landschaftlichen Gräberfelder die drei Regeln der gerahmten Landschaft, der Nicht-Künstlichkeit und des Einbezuges von vorhandener Vegetation erfüllen. Die Rahmung der Landschaft ist ein Merkmal, das im Friedhof oft mit einer geometrischen Einfassung der Gräberfelder verbunden ist, entweder durch einen geschlossenen Rand aus geschnittenen Hecken oder einen offenen Rand in Form von breiten und stark befestigten Wegen. In den vorgestellten Gräberfeldern zeigt sich jedoch, dass es möglich ist, einen landschaftlichen Rahmen zu gestalten, indem zum Beispiel eine geschnittene Hecke auf der Seite des landschaftlichen Gräberfeldes zu einer freiwachsenden Hecke wird, indem die Umgebung eines landschaftlichen Friedhofs als Rahmung inszeniert wird oder weiche Wegebelege als Übergang gewählt werden.

Das Merkmal der Nicht-Künstlichkeit wird nur von einer Miniaturisierung und der Nachbildung des Motivs Wasser verlassen. In den anderen landschaftlichen Gräberfeldern hingegen wird versucht, in Bezug auf Grabzeichen und in Bezug auf Blumenschmuck eine Landschaftlichkeit zu erreichen. Zum Beispiel wird mit der Anlage zentraler Ablageflächen angestrebt, möglichst wenig Blumenschmuck auf den Flächen zu haben. Hier ist kritisch zu fragen, inwieweit diese Reglementierung einerseits einer friedhofsspezifischen Praxis des Gedenkens in Form einer Blumenablage am Grab entgegensteht und andererseits das dadurch entstehende ordentliche Rasengrab Landschaft auch konterkarieren kann. In einer großen Zahl der besprochenen Anlagen sind die Gräber unscheinbare, grenzenlose Rasengräber mit bodenbündig verlegten Grabzeichen oder die Grabzeichen sind in der Höhe der Bodenvegetation angepasst. Dadurch gehen sie nahtlos in die Landschaft über.

Im Hinblick auf einen Einbezug von Altbäumen ist festzuhalten, dass dies ein grundsätzlich oft gewähltes Vorgehen ist. Dabei zeichnet sich für einige Gräberfelder ab, dass die bisherige Bedeutung der nun neu interpretierten Altbäume nicht reflektiert wurde. An dieser Stelle scheint die Folgerung erlaubt, dass auch das Thema Überhangflächen, sofern vorhanden, nicht reflektiert ist. Letztlich wäre deren Über-planung zu landschaftlichen Gräberfeldern naheliegender als eine Um-Interpretation von Beständen, die für den bestehenden Friedhof noch Bedeutung haben, zum Beispiel als Allee oder Grenze und zudem aufgrund ihrer Regelhaftigkeit dem Thema Landschaft grundsätzlich entgegenstehen. Möglicherweise liegt diesem Vorgehen das Missverständnis zugrunde, ebenso wie die Beisetzungswälder einfach mit dem Altbaumbestand arbeiten zu können. Darauf deutet in einigen Anlagen die Übernahme des Systems der Baumplaketten als Hinweise auf Grabstätten an Bäumen hin.

In der Zusammenschau ist weiter festzuhalten, dass bis auf zwei Beispiele in landschaftlichen Gräberfeldern eine freie Wegewahl, zumeist auf Rasen, möglich ist. Das Nichtvorhandensein von Wegen bedeutet jedoch keinen Verzicht auf Aussichten, die mit einer Bank angezeigt werden können. Nimmt man die Bank diesbezüglich als Merkmal, kann sich ergänzend eine mögliche weitere Bedeutung eines landschaftlichen Gräberfeldes erschließen. Ein landschaftliches Gräberfeld, das in sich relativ ab- geschlossen gestaltet ist, kann als eine Fortschreibung einer großen Familiengrablage interpretiert werden, aus der eine Wahlgemeinschaft von Landschaftsinteressierten geworden ist. Der Übergang zu einer Gemeinschaftsgrabanlage, die in diesem Fall unter dem Thema Landschaft steht, ist fließend. Nur in zwei der landschaftlichen Gräberfelder ist die Aussicht zur alleinigen Ansicht gewendet, und zwar in einem Hain und in einer Wiese. Die Unbetretbarkeit von Landschaft ist mit der Ehrung der Toten verknüpft. Landschaft bekommt in dieser Verbindung etwas Jenseitiges. Historisch war im Landschaftsgarten das Jenseitige im Bild der (in der Regel unerreichbaren) Rousseau-Insel gefasst. Sogar diese kommt im gegenwärtigen Friedhof im Kontext landschaftlicher Gräber wieder vor, so in der 2016 nachgebildeten Rousseau-Insel auf dem Luisenkirchhof in Berlin.

Orte des Trauerns im Landschaftsgarten und im Friedhof wurden im 18. und 19. Jahrhundert als dunkle Orte - dunkle Haine und dunkle Friedhöfe - für die Trauer vorgestellt, denn Trauer gilt als geeignet, das Spannungsfeld zwischen Tod und menschlichem Leiden aufzulösen. Dementsprechend wurden viele Friedhöfe dunkel oder in Teilen dunkel gestaltet. Dies ist der Hintergrund, vor dem auf vielen Friedhöfen landschaftliche Gräberfelder eingerichtet werden. In ihnen ist nun aber auch ein anderer Bezug aufgenommen, nämlich der auf Arkadien als lichte, parkartige Weidelandschaft. In diesem Kontext zeigt die Untersuchung, dass drei verschiedene Varianten von Landschaften entstehen.
1) Es gibt landschaftliche Gräberfelder, die auf dem dunklen, melancholischen Grundton des Friedhofs aufbauen, diesen nun jedoch als Hintergrund nutzen, um darauf einen Überraschungseffekt zu setzen und sie damit zu einem positiven Sinnbild aufhellen (Lichtwald, Italienischer Hain).
2) Im Vergleich dazu sind andere landschaftliche Gräberfelder insgesamt licht und damit heiter (Friedpark Wettenberg, Birkenhain Göttingen, Einzelbaum Kummerfeld Einzelbaum Ahrensburg, und Friedwiese Calden). Mit ihnen vollzieht sich ein grundlegender Wandel des melancholischen Friedhofs ins Heitere.
3) Es entstehen Mischlandschaften, in denen Relikte des dunklen und melancholischen Friedhofs fortgeschrieben werden und zugleich etwas Neues entsteht (Friedpark Ahnatal, und Friedpark Kassel, Landschaftsgräber Hamburg-Sülldorf und Aschenstreuwiese Minden). Durch die Fortschreibungen bleibt der Friedhof einerseits als spezifischer Ort der Stadt präsent. Andererseits entstehen durch die Mi-schung changierende Stimmungen, die den Friedhof nivellieren. Zugleich lassen sich die Mischungen auch als Ausdruck eines gewandelten Verständnisses von Trauer, hin zu mehr Differenzierungen als im 19. und 20. Jahrhundert, interpretieren.

Am Ende dieser Studie lassen sich noch mindestens zwei zukünftige Forschungsfelder benennen. So konnten zwei relevante Themenfelder nur angerissen werden. Das erste ist der Zusammenhang zwischen landschaftlichen Gräberfeldern und der Struktur der sie beherbergenden Friedhofstypen. Diese Struktur ist in einigen der beschriebenen Gräberfelder relativ dominant, zum Beispiel in Form von (Wirt-schafts-)Wegen. Außerdem ergeben sich zum Teil Mehrfachnutzungen von Beständen, die sich gegenseitig beeinflussen, zum Beispiel wenn Gräber unter Alleebäumen direkt an einem Zuweg angelegt werden. Wie sich dies auswirkt, wäre weiter zu untersuchen, insbesondere im Hinblick auf einen Wandel von Trauerformen und einen sich schon abzeichnenden Strukturwandel auf dem Friedhof.

Das zweite Themenfeld ist die Öffentlichkeitsarbeit für die neue Grabform, die in der vorliegenden Studie nur ansatzweise in den Blick genommen wurde. Es lässt sich jetzt schon feststellen, dass zwei wichtige Nachfragen der Zeit erkannt wurden: Pflegeleichtigkeit und geringe Kosten. Die Ästhetik landschaftlicher Gräberfelder hingegen wird kaum thematisiert. Hierfür deuten sich zwei Gründe an. Zum einen war es in der Vergangenheit nicht notwendig für Friedhöfe zu werben, so dass es hierfür wenig Anknüpfungspunkte gibt. Zum anderen wäre es denkbar, dass der Schwerpunkt der Friedhofsbetreiber nicht auf Ästhetik und Stimmungen von landschaftlichen Bildern liegt. Der Frage, weshalb sich dies so verhält, wäre weiter nachzugehen.

Literaturhinweise
-Assig, Sylvie: Waldesruh statt Gottesacker, Stuttgart 2007.
-Fischer, Norbert: Vom Gottesacker zum Krematorium. Eine Sozialgeschichte der Friedhöfe in Deutschland, Köln, Weimar, Wien 1996.
-Fischer, Norbert: Ein Mosaik von Miniaturlandschaften: Über den Friedhof des 21. Jahrhunderts. In: Friedhofskultur 102. Jg., 6/2012: S. 21-23.
-Hirschfeld, Cay Christian Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Fünf Bände. Leipzig 1779-1785 (Nachdruck der Originalausgabe bei hansebooks).
-Körner, Stefan/Venne, Martin/Bellin-Harder, Florian/Huxmann, Nora: Nachfrageorientierter Umbau urbaner Friedhofsflächen. In: Eichenlaub, Alexander, Pristl, Thomas (Hg.): Umbau mit Bestand. Schriften des Fachbereichs Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung der Universität Kassel, Kassel 2012: S. 219-231.
-Krieg, Nina A.: "Schon Ordnung ist Schönheit." Hans Grässels Münchner Friedhofsarchitektur (1894-1929), ein 'deutsches' Modell? München 1990.
-Pietzner, Hans: Landschaftliche Friedhöfe, ihre Anlage, Verwaltung und Unterhaltung, Leipzig 1904.-Vom neuen Münchener Waldfriedhof. In: Der deutsche Steinbildhauer, Steinmetz und Steinbruchbesitzer, 23. 1907, 30, S. 237-239.

Fotos: Dagmar Kuhle

Anmerkung der Redaktion: Der folgende Beitrag beruht auf Auszügen aus der Dissertation von der Verfasserin, die sie 2019 an der Universität Kassel einreichte (Erster Gutachter: Prof. Stefan Körner, Zweiter Gutachter: Prof. Norbert Fischer). Die Arbeit erschien 2021 unter dem Titel "Landschaftliche Gräberfelder auf Friedhöfen. Bestandsaufnahme und Diskussion der Gestaltung" bei Kassel University Press im Druck. Der hier veröffentlichte Text stellt eine Zusammenfassung der Erkenntnisse von Dagmar Kuhles Dissertation dar.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Landschaftliche Gräberfelder (September 2022).
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