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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Zwischen Kiez, Schanzenviertel und Altona: Der alte Friedhof Norderreihe

Kennen Sie den Wohlerspark? Oder sagt Ihnen der alte Name Friedhof Norderreihe mehr?

Entdecken Sie diesen malerischen Ort, lassen Sie sich verzaubern von dem besonderen Reiz des Parks mit seinen alten Lindenalleen und versteckten historischen Grabmalen und Grüften.

1831 wurde hier der neue evangelische Zentralfriedhof Altonas, damals weit draußen vor der Stadt, eingeweiht. Knapp 150 Jahre später, Ende der 1970er-Jahre, wurde er in einen öffentlichen Park umgewandelt. Die letzte Beisetzung fand 1945 statt, lag bereits ein Vierteljahrhundert zurück, als Staat und Kirche in einem beispielhaften Leihvertrag die neue Nutzung vereinbarten. Zahlreiche, noch vorhandene Grabstätten stehen seither unter Denkmalschutz und erzählen von der kulturellen und politischen Blütezeit Altonas, aber auch von den Kriegen im 19. Jahrhundert. Hierzu zählen das Hügelgrab des Altonaer Oberpräsidenten Conrad Daniel Graf von Blücher ebenso wie der Grabstein für den Dichter des Schleswig-Holstein-Liedes Matthäus Friedrich Chemnitz, die Ehrenmale für dänische Soldaten und deutsche Bundestruppen ebenso wie das Familiengrab, in dem Hedwig von Nyegaard, die Stifterin des bis heute existierenden Nyegaard-Stifts in der Altonaer Max-Brauer-Allee, ihre letzte Ruhe fand.

1950 tanzten Jugendliche Samba auf dem Friedhof. Sie hatten ihre Koffergrammophone mitgebracht und laut aufgedreht… Heute können Ihnen Elfen im Park begegnen. Dann proben die Mitglieder der freien Theatergruppe gleichen Namens eine neue Freilichtaufführung. Vom Ort der Toten zum denkmalgeschützten Park für die Lebenden – laut Parkordnung von 1978 soll der in eine öffentliche Grünanlage umgewidmete Friedhof der "ruhigen und besinnlichen Erholung" dienen. Obwohl heute kaum noch jemand diese Anordnung kennt oder beachtet, der Ort bewahrt selbst an heißen Sommertagen seine ganz eigene Ausstrahlung: Lesende junge Leute, grillende Familien und sonnenbadende Schöne, dazwischen spielende Kinder und konzentriert Tai-Chi-Chuan Übende – man geht rücksichtsvoll im Park miteinander um. Abends erobern Jogger die Lindenalleen, dann werden die Parkbesucher weniger und die Verstorbenen bleiben wieder unter sich – bis zum nächsten Morgen.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Torhaus und Friedhof (Februar 2007).
Erkunden Sie auch die Inhalte der bisherigen Themenhefte (1999-2024).