Unter dieser Fragestellung fand vom 7. bis 9. November 2008 in der Schwabenakademie Irsee eine Tagung statt, die "das Grabmal des Künstlers in kunst-, kultur- und sozialhistorischer Perspektive" untersuchte.
Die achte interdisziplinäre Konferenz der Reihe "Sterben, Tod und Jenseitsglaube" wurde von Dr. Birgit Ulrike Münch und Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke (beide Universität Trier) gemeinsam mit Dr. Markwart Herzog (Schwabenakademie Irsee) konzipiert und organisiert. Das an der Universität Trier ansässige Historisch-Kulturwissenschaftliche Forschungszentrum Trier (HKFZ), dem Münch und Tacke mit Projekten angehören, unterstützte die Tagung neben der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell.
Die methodologisch-hermeneutische Einführung in das Thema gab Birgit Ulrike Münch (Trier) unter dem Titel "Das Grab des Künstlers. Thesen zur Typologie eines zu exhumierenden Forschungsgegenstandes." Der Begriff des Exhumierens trifft den Sachverhalt vollständig, denn bisher blieb eine übergreifende Beschäftigung mit der Materie aus. Ein Desiderat der Forschung ist der Erweis struktureller Parallelen und stereotypischer Repräsentationsweisen anhand des Vergleichs der Grabmäler verschiedener Künstler aus unterschiedlichen Epochen. Münch umriss die spezifischen Charakteristika des Forschungsgegenstands "Künstlergrabmal", die dem Eingebundensein des Grabmals in das Gesamtœuvre des Künstlers geschuldet sind.
Ein spätgotischer Schmerzensmann von Nikolaus Gerhaert von Leyden beispielsweise konnte von Christof Metzger (München) in seinem Vortrag "Künstlertod und Künstlerlob" als Teil des verlorenen Grabmals des berühmten Straßburger Bildhauers identifiziert werden. Von Seiten der Epigraphik näherte sich Ramona Epp (München) dem Thema, die "Grabplatten Passauer Künstler an der Wende zur Neuzeit" untersuchte und zu dem Fazit gelangte, dass für die Passauer Maler und Bildhauer die Dokumentation der Zugehörigkeit zum bürgerlichen Stand wichtiger war als die Visualisierung der Profession. Das Fragezeichen hinter dem Tagungstitel schien also in Einzelfällen gerechtfertigt zu sein, auch wenn sich freilich Gegenbeispiele finden lassen. So kam Sven Hauschke (Nürnberg / Fürth) in seinem Vortrag "Der soziale Aufstieg eines Handwerkers – Die Grabplatte des Goldschmieds Wenzel Jamnitzer († 1585)" zu dem Fazit, dass Jamnitzer sich als gelehrter Wissenschaftler sah, der sich intensiv mit Mathematik und Perspektive beschäftigte.
Postume Monumente wurden anschließend in zwei Beiträgen behandelt. So ging Nils Büttner (Stuttgart) in seinem Vortrag "Weil die Erinnerung an diesen famosen Mann nicht sterben darf. – Das Grab- und Ehrenmal des Malers Quentin Massys († 1530)" der Frage nach, warum man im Antwerpen des 17. Jahrhunderts aus einem Grabmal des 16. Jahrhunderts ein Denkmal gestaltete. Auch Anna Urszula Pawlak (Köln), die das "Grabmal Pieter Bruegels d. Ä. († 1569)" vorstellte, beschäftigte sich mit der nachträglichen Inbesitznahme als konfessionelles Denkmal.
Die drei anschließenden Vorträge richteten den Blick auf die Kunst südlich der Alpen. So behandelte Sabine Hoffmann (Rom) ein Florentiner Beispiel "Zu Ehren Mariens und der flämischen Künstler – Giambolognas († 1608) Grabkapelle in der Santissima Annunziata in Florenz", Kerstin Merkel (Eichstätt) ein Bologneser Thema "Elisabetha Sirani († 1665) und Guido Reni († 1642) – Die Memoria eines anachronistischen Künstlerpaares" und Mateusz Kapustka (Wroclaw) schließlich ein in Rom befindliches Grabmal "Der Körper des Künstlers im Kampf der Künste – Zum Medienspiel im Grabmal Gianbattista Gislenis († 1672) in Santa Maria del Popolo in Rom".
Auch die französische Funeralplastik war vertreten durch den Vortrag von Eva Hausdorf (Berlin), die den Wandel vom Künstlergrab zum Monument der Tochterliebe im Grabmal für Pierre Mignard in Saint Roche analysierte. Thomas Schauerte (Trier) setzte sich in seinen Vortrag "Sterben wie ein Fürst – St. Johann Nepomuk in München und die Memoria des Egid Quirin Asam († 1750)" mit dem süddeutschen Hochbarock auseinander. Ziel seiner Ausführungen war die Rekonstruktion des komplexen ikonologischen Programms, in dem er zahlreiche Memorial-Bezüge nachweisen konnte. Anschaulich zeigt sich dies in der Gruftanlage, wo sich ein aus grobem Naturstein gehauenes Hl. Grab befindet. Schauerte stellte die These auf, ob eine bislang unbeachtete Fußbodenöffnung nicht der denkbare Platz für eine Herzbestattung gewesen sein könnte.
Das Phänomen des Künstlergrabes nach dem Revolutionsjahr 1789 wurde abschließend behandelt, obwohl die Epochengrenze nicht allzu streng aufgefasst wurde. Sascha Winter (Heidelberg) fasste zudem bei seinem Vortrag über "Grabstätten von Künstlern und Dichtern in Landschaftsgärten um 1800" den Künstlerbegriff etwas weiter. Wie schon die vergangene Ausgabe der Zeitschrift OHLSDORF anschaulich zeigen konnte, zählen zu den Künstlergrabmälern auch diejenigen von Dichtern und Musikern. Winter untersuchte an verschiedenen Beispielen, in welchem Maße Künstler ihre letzte Ruhestätte innerhalb von eigens gestalteten Naturräumen fanden und konnte aufzeigen, dass durch die Monumente Landschaftsgärten zu dreidimensionalen und begehbaren Bild- und Erfahrungsräumen wurden. Auffällig ist dabei einerseits die Heterogenität der einzelnen Grabmal-Objekte, andererseits die Beobachtung, dass in Landschaftsgärten weitaus weniger Grabdenkmäler für bildende Künstler errichtet wurden als für Dichter oder Musiker.
Wie nahe der Landschaftsgarten auf die museale Konzeption eines Grabdenkmals bezogen sein konnte, zeigte Jörg Trempler (Berlin) auf, der "Das Grabmal des Künstlers und die Museumskonzeption um 1800" beleuchtete. Im produktiven Diskurs mit seinem Vorredner hielt Trempler für die Zeit um 1800 fest, dass eine Wertveränderung des Andenkens auszumachen ist, da die unterschiedlichen Funktionsräume Grab, Mausoleum, Ruhmeshalle und Museum sich thematisch entscheidend annähern. Ausgehend vom Kopenhagener Thorvaldsen-Museum stellte Trempler die Frage, inwiefern die Idee des Künstlergrabes eine Rolle für Schinkel bei der Konzeption des Berliner Alten Museums gespielt haben könnte.
Die Memorialkultur eines Friedhofs, besonders die identitätsstiftende Funktion, legte Claudia Denk (München) in ihrem Beitrag "Zum ehrenden Andenken – Die Künstlergrabmäler von Gärtner, Schwantaler und Klenze auf dem Campo Santo Ludwigs I. in München" dar. Die Künstlergrabmäler wurden dabei in Relation zueinander analysiert, denn sie sollten das inhaltliche Zentrum des neuen Friedhofs werden und – mit Grabmonumenten der wissenschaftlich-kulturellen Elite – durch Standortwahl und Anspruchsniveau dem neuen Bürgertum eine Orientierung bieten.
In der Abschlussdiskussion wurde versucht, eine Synthese aus den Teilergebnissen zu formulieren. Dabei hat die heterogene Struktur des Komplexes mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. In diesem Punkt zeigte sich, dass das Thema "Künstlergrabmal" stärker ein breites Forschungsfeld als ein spezialisierter Forschungsgegenstand ist. Allgemein scheint das Œuvre jedoch im postumen Nachruhm eine höhere Stellung einzunehmen als ein opulentes Grabdenkmal, wobei die postume Künstlerverehrung ohnehin ein wichtiges Kriterium ist. Diese muss sowohl in den Kontext des Denkmals als auch in den Gesamtzusammenhang des Grabmals gerückt werden. Als erkennbare Wendepunkte in der Gattungsentwicklung wurden die kulturellen Veränderungen der Zeit um 1800 benannt. Obwohl diese Epochenschwelle keinen radikalen Bruch in der formalen Gestaltung nach sich zieht, scheint der Denkmalbegriff in dieser Zeit die Lesbarkeit der Monumente zu beeinflussen.