Das Widukind Museum im westfälischen Enger zeigt vom 1. November 2008 bis 12. April 2009 eine Ausstellung zur Geschichte von Tod und Bestattung.
Seit der Durchsetzung des Christentums führte die "letzte Reise" die Menschen auf die Bestattungsplätze an den Kirchen innerhalb der Städte und Dörfer. Auch in den Kirchen existierten Gräber von privilegierten Geistlichen und Adeligen. Der Tod und die Toten waren den Lebenden stets präsent. Erst im 19. Jahrhundert entstanden die wohlgeordneten Friedhofsanlagen außerhalb der Ortschaften. Zahlreiche Menschen beteiligten sich an einem Begräbnis: die Nachbarn, die die Leiche herrichteten, das Grab aushoben und den Sarg trugen und die Pfarrer, Lehrer und Schulkinder, die den Trauerzug mit Gesang begleiteten. Feste Rituale bestimmten "die letzte Reise". Zunächst in den Städten, später auch auf dem Land wurden die Bestattungen von "Profis" übernommen. Heute erleben wir wieder, dass sich die Kultur im Umgang mit dem Tod verändert. In einer Gesellschaft, in der bürgerliche Familienideale sich beginnen aufzulösen, wird nun mit neuen Formen der "letzten Reise" experimentiert.
Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm (Auszüge):
Mittwoch, 19. November 2008, 20 Uhr, Stiftskirche Enger:
Kabarett: "Tod im Rheinland" – eine bunte Knochenlese
Von und mit Rainer Pause, Kabarettist, alias Fritz Litzmann aus Bonn, und Martin Stankowski, Kölner Journalist, Geschichtenerzähler und alternativer Stadtführer. Einerseits gibt es keine Heldengräber in Bonn, Köln oder Bergisch-Gladbach, aber andererseits ist das Rheinland die knochenintensivste Region Nordeuropas. Ist deshalb auch der Umgang mit dem Tod und Sterben anders? Ist es gar vergnüglicher, leichter, oder kommt es am Ende doch wieder auf dasselbe heraus? Wir haben Angst und tun uns schwer mit dem Abschied. Keiner geht mehr in die Kirche, aber alle müssen sterben. Und wer ist heute zuständig für diese Themen? Die Kirche, der Glaube? Und wenn nicht die Religionen, wer dann? Stankowksi und Pause machen Mut, mit Stadtverwaltungen, Krankenhäusern, der Ärzteschaft, Bestatterinnen um das zu ringen, was viele von uns verloren haben: die Kultur um den Tod und die Erkenntnis, was uns Leichen – jenseits von Mumienforschung und Pathologie – lehren können: z.B. "dass es wunderschöne Tode und Tote gibt". (Carmen Thomas)
Mittwoch, 14. Januar 2009, 20 Uhr, Stiftskirche/Gemeindehaus Enger: "Das letzte Fest", Vortrag der Bestatterinnen Monika Noller und Lindy Ziebell, Bielefeld.
"Gestorben wird immer", heißt es lapidar. Aber wie gehen wir mit den Verstorbenen und den trauernden Hinterbliebenen um? Einerseits macht der Trend zu einer zunehmenden Anonymisierung auch beim Tod nicht Halt; andererseits wird deutlich, dass das, was den Menschen bereits aus der Hand genommen zu sein schien, von ihnen zurückerobert wird: der selbstbestimmte Umgang mit Sterben und Tod. Über die Wiederbelebung zum Teil vergessener oder vernachlässigter Traditionen, über neue Formen der Trauerkultur, über die Trauerarbeit und die kostbare Zeit zwischen Tod und Bestattung berichten die Soziologinnen Monika Noller und Lindy Ziebell, die heute den Beruf der Bestatterin ausüben.
Samstag, 7. Februar 2009, Gemeindehaus/Stiftskirche, ab 9 Uhr: Öffentliche Tagung: "Aspekte von Tod und Bestattung vom Mittelalter bis in die Moderne"
Programm: 9.00 Uhr Begrüßung; 9.30 Uhr Dr. Vera Brieske, Altertumskommisson Münster: Heidenangst und Gottesfurcht – Zur heidnischen und christlichen Jenseitsvorsorge im frühen Mittelalter; 10.45 Uhr Prof. Dr. Werner Freitag, Universität Münster: Leben bei den Toten – Kirchhöfe in der ländlichen Gesellschaft Nordwestdeutschlands; 11.30 Uhr Prof. Dr. Norbert Fischer, Universität Hamburg: Vom Parkfriedhof zum Baumgrab – Bestattungskultur auf dem Weg ins 21. Jahrhundert; 12.15 Uhr Gerold Eppler, Museum für Sepulkralkultur Kassel: Damit Friedhöfe ihr Gesicht nicht verlieren. Vom Umgang mit historischen Bestattungsorten und Grabdenkmälern.
13 Uhr Mittagessen; 14.30 Uhr Führungen durch die Ausstellungen "Die letzte Reise" im Widukind-Museum Enger und durch die Stiftskirche Enger.
Anmeldung: Dr. Peter Kracht (Vorsitzender der Fachstelle Geschichte im Westfälischen Heimatbund), Handwerkstr. 3, 59427 Unna-Massen, Tel. 02303/53503, Fax 02303/52696, E-Mail: [email protected]