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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Berlin-Brandenburger besuchten Ohlsdorf

Autor/in: Biehl
Ausgabe Nr. 71, IV, 2000 - November 2000

Besuch aus dem brandenburgischen Stahnsdorf und von der Stiftung Historische Kirchhöfe in Berlin-Brandenburg hatte sich beim Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V. angesagt.

26 Interessierte wollten sich überzeugen, wie es denn die Hamburger trieben. Nicht ohne Grund: Der Ohlsdorfer Förderkreis hatte die Brandenburger vor zwei Jahren mit dem Konzept der Grabmalpatenschaft bekannt gemacht, bei der die Nutzung von kulturhistorisch erhaltenswerten Grabmalen an Paten vergeben wird. "In Stahnsdorf sind die Probleme ähnlich", so der Vorsitzende des dortigen Fördervereins und Mitglied der ev. luth. Landeskirche Berlin-Brandenburg, Ihlefeld. "Viele kulturhistorische wertvolle Gräber, - aber in einem bedauernswerten Zustand". Das ist kein Wunder: Stahnsdorf - in der Nähe und östlich von Potsdam gelegen - beherbergt den Berliner Südwest-Friedhof. Der einzigste, der in Brandenburg liegt. Und der wurde erst nach der Wende wieder für die Berliner zugänglich. "Zu DDR-Zeiten", so ein Stahnsdorfer, "passierte da nichts". Besuche waren für Westberliner sehr umständlich: Die ehemals eigens gebaute S-Bahn für den Friedhof vor der Stadt, konnte nicht genutzt werden.

Der Gedanke, über Patenschaften zeithistorische wertvolle Grabmale zu erhalten, ist für große Teile der Bevölkerung in und um Berlin herum noch zu fremd. "Zuviel Neues stürzt auf die Leute ein", so ein jüngeres Fördermitglied aus Stahnsdorf. "Wir hatten sogar den SFB für eine Beitrag über Patenschaften gewinnen können, aber am Sendetermin erhielt Harald Junke den Bundesfilmpreis - und der Beitrag flog aus der Sendung", sagt einer bitter. "Die ganze Öffentlichkeitsarbeit war umsonst gewesen", bedauert eine ältere Dame.

Auf dem Rundgang über den Friedhof und zu ausgewählten Grabstätten staunten die Berliner und Brandenburger ob der vielen abgeschlossenen Patenschaften in Ohlsdorf, die sich beinahe auf 300 belaufen sollen, und über die Kosten, die die Nutzer dafür aufzuwenden bereit waren. "Einer der Paten", so Helmut Schoenfeld vom Ohlsdorfer Förderverein, der den Rundgang organisiert hatte, "spendete mal so eben 50.000 Mark, damit der marode Cordes-Brunnen in der Nähe seines Patenschaftsgrabes wieder in Betrieb genommen werden konnte".

Aber die Friedhofsverwaltungen sind grundsätzlich verschieden: Während in Ohlsdorf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts auf einem weltlichen Friedhof nach eigenem Gusto weitgehend schalten und walten kann, ist die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg Trägerin des Südwest-Friedhofs. Der dortige Förderverein hat also auch eine protestantische Hierarchie der Trauerarbeit zu berücksichtigen. - Aber warum muss eigentlich eine Landeskirche einen Friedhof managen? stand dann als Frage im Raum: die Renovierungen, die der Ohlsdorfer Friedhof seit seiner Verselbständigung erfährt, sind unübersehbar und fanden ein einhelliges Lob der Berlin-Brandenburger.

Als Krönung seiner Aktivitäten lud der Ohlsdorfer Förderkreis die Stahnsdorfer dann ins "Alsterpalais" zum Brunch. Das war bis vor etwa 70 Jahren einmal Hamburgs erstes Krematorium und ist nun ein vier Sterne Restaurant an der Alsterdorfer Straße.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Internationale Bestattungskulturen (November 2000).
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