Direkt zum Inhalt

OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Regularien zur Grabbeetbepflanzung

Vorschläge, Richtlinien oder Bestimmungen zur Bepflanzung von Grabstätten auf dem Ohlsdorfer Friedhof gab es von Anfang an.

Sie sollten nicht nur Hilfestellung leisten für den Grabinhaber zur Schmückung seines Grabes, sondern auch den friedhofseigenen Gärtnern als Angebotsunterlage für die Berechnung der Herrichtung und Pflege von Grabbeeten dienen. Sie waren und sind auch heute noch Steuerungsmittel der Verwaltung, um ein bestimmtes Erscheinungsbild des Friedhofs zu erzielen. So wurde bereits in der vorläufigen Friedhofsordnung von 1877 formuliert: "Die Grabstellen im gemeinsamen Grabe (das sind heute die Reihengräber, Anm. Verf.) dürfen mit kleinen Gedenktafeln oder Kreuzen … und mit Blumen oder niedrigen Pflanzen geschmückt werden." Als wenige Jahre später auch eigene Gräber (Wahlgräber) angeboten wurden und wegen der fehlenden Nachfrage dafür geworben werden musste, wurden vor "mustergültigen" Grabmalen die Grabbeete kostenlos von der Verwaltung bepflanzt. Aus dieser Zeit, und wohl weit über 1900 hinaus geltend, gab es für neun verschiedene Grabarten 40 Formen der Bepflanzung, angeboten in der Schrift "Entwürfe von Musteranlagen für Herstellung und Bepflanzung von neuen Grabstätten auf dem Friedhof in Ohlsdorf". Auf alten Fotos sind Beispiele aus dieser Zeit noch gut zu erkennen.

Der gewaltige Einfluss der Friedhofsreform in den 1920er Jahren auf die Gestaltung der Grabmale brachte im Bereich der Beetbepflanzung jedoch keine umwerfenden Neuerungen mit sich. Die "Vorschläge zur Grabbepflanzung" aus dem Jahr 1927 mit 14 Grabarten und 35 Formen oder die 25 "Bepflanzungsformen" von 1931 waren lediglich dahin geändert worden, dass die empfohlene Gestaltung keine runden Formen mehr aufwies und die niedrige, geschnittene Hecke favorisiert sowie die Anlage von Rasen möglich wurde. Auch die Musterbücher der Nachkriegsjahre lassen, jedoch nur perspektivisch dargestellt, ähnliche Vorschläge vermuten.

Eines hatten die genannten Bepflanzungsformen bis in die 1950er Jahre gemein, nämlich detaillierte Angaben zur Verwendung von bestimmten Pflanzenarten. Als Beispiel galt 1927 für eine zweistellige Grabstätte: "5 m Coniferen- oder Laubholzhecke, 2 blühende Hochstämme oder Coniferen, 8 -10 Blütenstauden oder 12 -16 Gruppenpflanzen, 16 Frühlingsblumen". Wegen mangelnder Pflege war für viele Grabstätten die Aufrechterhaltung der Gestaltungsvorgaben aber nicht auf lange Zeit gewährleistet. Insbesondere die Gehölze wuchsen dann in unkontrollierbare, ihrer Art entsprechende Höhe. Nunmehr sind sie teilweise zu ansehnlichen Exemplaren herangewachsen und stellen hin und wieder manche dendrologische Besonderheit dar.

Vorgaben zur Verwendung bestimmter Pflanzenarten gibt es heutzutage nicht mehr. Im Grundsatz gilt gemäß der geltenden Friedhofsordnung für die staatlichen Friedhöfe Hamburgs, dass ein Grab bepflanzt sein muss. Der Bewuchs darf dabei nicht höher als 75 cm werden und andere Grabstätten oder die Friedhofsanlagen nicht beeinträchtigen. Hinzu kommt das Verbot von Kunststoffblumen und Grabbeeteinfassungen. Für die Wahrung des Erscheinungsbildes herausgehobener Grabfelder gibt es auf dem Friedhof Ohlsdorf 14 besondere Bepflanzungsrichtlinien, so z.B. für den Ohlsdorfer Ruhewald, für erhaltenswürdige Gräberensembles, für eine Überlassung in Verbindung mit einer Dauergrabpflege oder in einer weiträumigen Rasenanlage.

Grabbepflanzung
Abbildung aus "Vorschläge zur Grabbepflanzung, Hamburg-Ohlsdorf, September 1927". Repro: Schulze

Hinsichtlich der Pflanzenauswahl und Beetgestaltung bleibt dem Grabinhaber gängiger Grabarten damit ein weiter Spielraum, insbesondere in der jährlichen Wechselbepflanzung. Er wird jedoch kaum genutzt. Auch die von den Friedhofsgärtnern empfohlenen Musterbepflanzungen haben darauf kaum einen Einfluss, ganz zu schweigen von den Mustergräbern auf den Gartenschauen. Die oft expressiv gestalteten und mit einfallsreichen Ideen bepflanzten Grabbeete, unterstützt durch eine raffinierte und intensive Pflegetechnik, finden kaum Widerhall auf unseren Friedhöfen. Dennoch werden sie immer wieder durch Fachleute begutachtet und sogar prämiert. Mit welchem Ziel bleibt dem Betrachter offen. Seit Jahrzehnten ist und bleibt dennoch die trockenresistente "Eisbegonie" (Begonia semperflorens) der Favorit der sommerlichen Beetbepflanzung. So war es auch schon vor 60 Jahren, wie der Verfasser aus eigener Erfahrung zu berichten weiß. Damals kultivierte die friedhofseigene Gärtnerei jährlich etwa 300.000 Begonien für den eigenen Bedarf.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Blumen und Pflanzen auf Gräbern (August 2011).
Erkunden Sie auch die Inhalte der bisherigen Themenhefte (1999-2024).