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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Die Grabstätte des Friedhofsdirektors Wilhelm Cordes und seiner Familie

Unweit der Kapelle 8 befindet sich die Grabstätte des Friedhofsdirektors Wilhelm Cordes (Grablage AD12, 3-12). Sie liegt recht versteckt inmitten von Rhododendronbüschen auf derselben kleinen Anhöhe wie das Riedemann-Mausoleum.

Der schmale Weg, der zur Grabstätte hinaufführt, ist leicht zu übersehen, doch seit einer Reihe von Jahren finden Besucher, die den Stillen Weg in Richtung Nordteich entlang spazieren, einen der schönen Wegweiser im Cordes-Stil, der in Richtung der Grabstätte zeigt.


Das zentrale Grabmal auf der Cordes-Grabstätte

Wilhelm Cordes hatte die Grabstätte 1909 erworben, als seine Frau Helene starb und er wurde nach seinem Tod 1917 dort neben ihr bestattet. Als dann der Beschluss gefasst wurde, ihm ein Denkmal zu setzten, erwog man kurz, dieses auf seinem Grab zu errichten, doch wegen der sehr abgeschiedenen Lage fand der Vorschlag keine Zustimmung. Der Ausschuss, der sich für die Durchführung des Denkmalprojekts zusammengefunden hatte, entschied sich stattdessen für den Rosengarten und überließ Cordes‘ Tochter Helene die Ausgestaltung der Familiengrabstätte (1).


Der Kissenstein von Helene und Wilhelm Cordes

Wilhelm Cordes hatte sich noch zu Lebzeiten Gedanken um die Gestaltung des Grabmals gemacht, doch zur Ausführung war der Plan nicht mehr gekommen. Seine Tochter kannte aber seine Vorstellungen genau, und wer die Cordes-Grabstätte besucht, kann feststellen, dass sie diese auch ganz im Sinne ihres Vaters umsetzte. Beim Material erwog sie zwar wegen der besseren Haltbarkeit zunächst schwedisch-grünen Granit, entschied sich dann aber doch für den geliebten Mainsandstein. Als Bildschmuck hatte sich Cordes die singenden Engel aus der Kapelle 8 gewünscht (2) Diese Engel sucht man dort heute allerdings vergebens. Sie sind offenbar einer Umbaumaßnahme zum Opfer gefallen. Nur noch einzelne Engel als Schmuck außen an den Fenstern sind erhalten geblieben.

Der Auftrag für die Ausführung der Arbeiten ging an den Steinmetzbetrieb Gebrüder Reichert, der das Grabmal für 2425 Mark fertigte (2). Außerdem wurden ein großer und zwei kleine Kissensteine bestellt. Der große Stein mit Engel und Blumendekor war für Wilhelm Cordes und seine Frau Helene bestimmt. Aber für wen waren die beiden kleinen Steine gedacht? Der Stein links von dem großen Kissenstein trägt den Namen Veronika Cordes. Wie sich aus den Registereintragungen entnehmen lässt, war sie die zweite Tochter von Wilhelm Cordes. Sie lebte nur wenige Wochen, vom 18. November 1881 bis zum 11. Januar 1882 und war zunächst in der Nähe der Kapelle 1 bestattet, doch nach dem Tod beider Eltern ließ Helene ihre kleine Schwester auf die Familiengrabstätte umbetten.


Der Kissenstein von Piping Cordes

Die Inschrift auf dem rechten Stein gibt zunächst Rätsel auf. Wer ist Piping Cordes? Auch hier schafft das Bestattungsregister Klarheit. Es ist Helene. Vielleicht war die Namensgleichheit ihres Rufnamens mit dem ihrer Mutter der Grund für diesen recht ausgefallenen Kosenamen, dabei hätte sie unter ihren Vornamen einige Auswahl gehabt, denn vollständig hieß sie Anna Johanna Lucie Marie Helene. Aber tatsächlich war sie Zeit ihres Lebens für Familie und Freunde immer 'Piping'. Selbst auf der Kondolenzliste, die mit einem Teil ihres Nachlasses vor kurzem ins Archiv des Förderkreises gelangt ist, steht "Tante Piping". (3) Sie hat auch selber die Inschrift auf ihrem Stein so in Auftrag gegeben. Nur ihr Sterbedatum wurde nach ihrem Tod nachgetragen, wie zu erkennen ist.

Zwischen 1943 und 1979 wurden noch sieben weitere Personen auf der Grabstätte beerdigt. Soweit sich das bisher feststellen ließ, sind es keine Angehörigen von Helene Cordes. Möglicherweise waren es Mitbewohner in ihrem Haus an der Fuhlsbüttler Straße. Vielleicht finden sich dazu erhellende Hinweise, wenn Helenes Nachlass gesichtet wird.

Zu erwähnen ist noch, dass der Friedhof das Grab wenige Wochen nach dem Tod von Wilhelm Cordes von seiner Tochter zurückkaufte, um es als Ehrengrab zu erhalten.(5) 2012 hat der Förderkreis das Grabmal restaurieren lassen und kümmert sich seither auch weiter um die Instandhaltung, während der Friedhof für die gärtnerische Pflege sorgt.

Quellen:
(1) Ohlsdorf Zeitschrift für Trauerkultur Nr. 148 I/2020, S. 29-33
(2) StaHH 622-1/116_B 32 – Korrespondenz zur Ausführung des Cordes-Denkmals
(3) Archiv Förderkreis – Nachlass Helene Cordes
(4) StaHH 622-1/116_C 1 – Helene Cordes Briefwechsel
(5) Barbara Leisner, Heiko K. L. Schulze, Ellen Thormann – Der Hauptfriedhof Ohlsdorf, Band 2, S. 130

Fotos: Petra Schmolinske

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Friedhof als "Immaterielles Kulturerbe" (Mai 2020).
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