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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Hans von Bülow - Aus dem Leben des Klaviervirtuosen und Dirigenten, der in Ohlsdorf seine letzte Ruhe gefunden hat

Mit dem folgenden Beitrag beginnt eine neue Reihe „Gedenktage“. In ihr soll auf bekannte Personen hingewiesen werden, die auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg bestattet wurden.

Maßgebend für die Berichterstattung sind Geburts- oder Todesdaten, die Anlass zum Erinnern sind. Die erste Folge ist Hans von Bülow gewidmet – er wurde vor 175 Jahren geboren.

Hans Guido Freiherr von Bülow aus einem mecklenburgischen Adelssgeschlecht wurde am 8. Januar 1830 in Dresden geboren. Der musikalisch hochbegabte Junge, der seit Jahren von Friedrich Wieck (1785-1873), dem Vater Clara Schumanns (1819-1896), Klavierunterricht erhielt, erlebte seinen musikalischen Durchbruch 1842 als Zwölfjähriger anlässlich der Uraufführung von Richard Wagners (1813-1883) „Rienzi“. Dieses Erlebnis war der Beginn einer jahrzehntelangen glühenden Verehrung Wagners. Erst 17 Jahre alt, zeigte von Bülow, der in Leipzig Jura studierte, Wagner erste eigene Arbeiten; der Jugendliche fühlte sich ihm gegenüber gedanklich als ein ergebener Diener.

Von Bülow hatte Wagner bei Franz Liszt (1811-1886) in Weimar, der ihm die Feinheiten des virtuosen Pianospiels vermittelte, kennen gelernt. Wagner zeigte sich von Bülow gegenüber, der auch sein Schüler geworden war, erkenntlich, indem er ihm in Zürich und St. Gallen den Weg zu einem später überragenden Dirigenten bereiten half.

Im Jahre 1857 heiratete der 27-jährige Hans von Bülow Cosima Liszt (1837-1930), Tochter seines Lehrers Franz Liszt und gelegentlich auch seine Klavierschülerin. Doch bereits nach sechs Jahren der Ehe kam es zwischen Cosima und Richard Wagner, den sie bereits 1853 in Paris getroffen hatte, zu engeren Beziehungen: Am 28. November 1863 schworen sie während einer Spazierfahrt durch den Tiergarten Berlin, „sich einander gegenseitig anzugehören“. Dessen ungeachtet protegierte Wagner den Ehemann seiner Geliebten, indem er ihm 1864 tatkräftig half, Hofkapellmeister in München zu werden. Die brillanten Uraufführungen von Wagners „Tristan und Isolde“ (1865) und der „Meistersinger von Nürnberg“ (1868) unter dem Dirigat von Bülows könnten als eine Art Gegenleistung gewertet werden.

Schließlich trennte er sich 1869 von seiner Frau, um anschließend zwei Jahre in Florenz und darauf in Hannover zu verbringen. Doch längst hatte Cosima die eheliche Treue nicht ernst genommen: Noch im selben Jahr der Trennung von Bülows von seiner Frau erblickte am 6. Juni 1869 das bereits dritte Kind aus der Beziehung Cosima von Bülow/Richard Wagner, nämlich Siegfried (wie seine Mutter 1930 gestorben), das Licht der Welt – für seinen Vater Anlass zur Komposition des „Siegfried-Idyll“, das er Cosima 1870 zu ihrem 33. Geburtstag widmete. Im selben Jahr wurde die Ehe von Hans und Cosima von Bülow geschieden, eine zweite Ehe ging von Bülow mit der Hofschauspielerin Maria Schanzer ein. Ebenfalls 1870 haben Cosima und Richard Wagner geheiratet.

Außerordentlich zufriedenstellend waren für Hans von Bülow die Jahre zwischen 1880 und 1885, in denen er Musikintendant des überaus Kunst und Kultur verehrenden und pflegenden Herzogs von Meiningen sowie Leiter des Meininger Hoforchesters gewesen ist – die Meininger Hans-von-Bülow-Gesellschaft hält heute die Erinnerungen an jene Epoche wach.

1886 schließlich zog es Hans von Bülow, der seine Ansprüche an sein Metier unter die Richtschnur „Kunst kommt vom Können, nicht vom Wollen, sonst hieße sie Wunst“ stellte, nach Hamburg, wo er ein eigenes Orchester hatte, zugleich aber auch Chefdirigent der Berliner Philharmoniker war. Hier galt seine besondere Aufmerksamkeit den Kompositionen von Johannes Brahms, der, weil seine Geburtsstadt Hamburg ihm – und nicht nur ihm, man denke an Johann Sebastian Bach! – wenig entgegengekommen war, in Wien zu den ganz Großen gehörte. Doch schon 1892 konnte von Bülow den Taktstock aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in die Hand nehmen.

Beruflich hatte er darüber hinaus mit dem damals mächtigen Hamburger Theaterdirektor Bernhard Pollini (1836-1897) erheblichen Ärger – wie übrigens auch Gustav Mahler (1860-1911), der von 1891 bis 1897 in Hamburg wirkte, sich hier im Februar 1897 katholisch taufen ließ, um in Wien arbeiten zu können – und somit, wie er schrieb, froh war, endlich der „Hölle Pollinis“, wie Mahler Jude, entrinnen zu können (Pollini ist auf dem benachbarten jüdischen Friedhof Ohlsdorf beerdigt worden).

1893 suchte Hans von Bülow in Kairo Linderung seines fortschreitenden Leidens – vergeblich. Am 12. Februar 1894 starb er an einem Gehirntumor. Die Hamburger nahmen zweimal Abschied von ihm: In einer (siebenstündigen!) Trauerfeier im Hamburger „Michel“, arrangiert von Pollini, musikalisch an der Orgel gestaltet von Gustav Mahler. Und anschließend im erst anderthalb Jahre zuvor eingeweihten Krematorium an der Alsterdorfer Straße, dem dritten in Deutschland. Am Harmonium: Gustav Mahler (s. a. „Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur“, Heft 55, IV/1996).

Seine letzte Ruhe fand Hans von Bülow auf dem Friedhof Ohlsdorf.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Tier und Tod (Februar 2005).
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