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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Gerda Gmelin - Mein Leben für das Theater

"Festina Lente – Eile mit Weile" lautet die Inschrift des schlichten Grabsteins von Gerda Gmelin im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof.

Die Schauspielerin und Prinzipalin des Theaters im Zimmer starb am 14. April 2003 in Hamburg im Alter von 83 Jahren. Anlässlich ihres ersten Todestages wurde die Ausstellung "Gerda Gmelin – Mein Leben für das Theater" im historischen Wasserturm an der Cordesallee eröffnet.

Am Karfreitag, dem 9. April 2004, stellte der Verein Garten der Frauen e.V. dort sein neues Dokumentationszentrum vor. Bei sonnigem Wetter kamen viele interessierte Besucher, die nacheinander in kleinen Gruppen die schmalen Stufen des Wasserturms erklommen. Für Rundfunk und Presse hatte Dr. Rita Bake, Vorstandsmitglied des Gartens der Frauen, die Ausstellung bereits zwei Tage vorher erläutert. Christian Masuth, Sohn von Gerda Gmelin, war als Gast gekommen und berichtete über einige Begebenheiten ihres Lebens. Er übernahm nach einem Unfall seiner Mutter Ende der 1960er Jahre die handwerklichen Arbeiten am Theater im Zimmer und war als Bühnenbildner tätig.

Gerda Gmelin wurde am 23. Juni 1919 in Braunschweig geboren und stand schon mit 15 Jahren auf der Bühne. Ihr Vater Helmuth Gmelin gründete 1948 das Theater im Zimmer in Hamburg und holte 1955 seine Tochter mit ihren beiden Söhnen zu sich. Die Schauspielerin Gerda Gmelin lernte den Theaterbetrieb von allen Seiten kennen, angefangen beim abendlichen Kartenabreißen. Sie war u.a. Regieassistentin, Requisiteuse, Souffleuse, Tonmeisterin, Inspizientin – alles, was es so gab. Der Satz ihres Vaters "Gerdachen macht das schon" wird häufig zitiert. Als Helmuth Gmelin 1959 starb, übernahm seine Tochter die Leitung des Theaters im Zimmer bis zu dessen Schließung im Jahr 1999. Sie führte auch zeitkritische und avantgardistische Stücke auf. Neben ihrer Schauspielkarriere am Theater wirkte sie in Fernsehfilmen mit, beispielsweise in der Krimiserie "Tatort" und in der ZDF-Serie "Der Landarzt". Ihre letzte Rolle spielte sie im Dezember 2002 in der Winterhuder Komödie als "Winnie" in Becketts "Glückliche Tage". Während der Trauerfeier für die Mutter Courage des Hamburger Theaters erklang das von ihr geliebte Chanson "Parlez-moi d’amour" in der vollbesetzten Halle B des Ohlsdorfer Krematoriums.

Gerda Gmelin erhielt zahlreiche Auszeichnungen, z. B. die Medaille für Kunst und Wissenschaft des Hamburger Senats, die Biermann-Ratjen-Medaille und den Max-Brauer-Preis.

Was bietet nun die kleine Ausstellung im Wasserturm den Besuchern?
Private Fotografien – vom Mädchen bis zur Großmutter – sind im ersten runden Raum zu sehen. Dort werden auch zwei Briefe präsentiert, für die Ausstellung auf einem Stoff-Banner gedruckt. Nachfolgend einige Auszüge aus Gerda Gmelins Brief vom 2.9.1949 an ihren Vater: "... Aber wenn ich Dir schreibe was ich im Moment tue, wirst Du wirklich staunen. Ich fungiere seit 8 Wochen als Bardame, u. zwar in einem der verrufensten Lokale von Koblenz. ... ich verdiene immer noch soviel, dass ich meine Kinder u. mich ganz gut durchbringen kann, u. uns das Notwendigste kaufen kann. ... diesen Winter muss ich durchhalten, bis zur nächsten Saison, vielleicht gibt’s dann ein Engagement. ..."

In der zweiten Etage findet man Theateraufnahmen, die Gerda Gmelin in verschiedenen Rollen zeigen: u.a. in den Stücken "Biberpelz" (1952) oder "Die Erzählung der Magd Zerline" (1995). Als Leihgabe der Familie sind in einer Vitrine persönliche Gegenstände ausgestellt: Gerda Gmelins Mundharmonika, Haarschleifen, Minikassetten mit Texten zum Rollen-Studium und ihre Baskenmütze, in der nach Aussage ihres Sohnes noch der Duft ihres Lieblings-Parfums hängt.

Eine aparte Blumendekoration gibt dem ungewöhnlichen Ausstellungsort eine besondere Atmosphäre. Wasserturm und Ausstellung werden noch bis zum 26. September 2004 jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet sein.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Tod, Trauer und Weiblichkeit (Mai 2004).
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