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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Die Begräbniseiche in Nöbdenitz Kreis Altenburg (Ostthüringen)

"Begräbniseiche" nennt man sie, die mächtige Eiche in Nöbdenitz.

Von Fachleuten wird ihr Alter mit 1000 bis 1200 Jahren angegeben. Vollkommen hohl, wird sie von drei Eisenringen zusammengehalten, doch grünt sie jedes Jahr wieder.

Ihre Krone wurde schon 1819 bei einem Sturm abgerissen und die Nöbdenitzer Pfarrei, auf deren Grundstück die Eiche stand, versteigerte sie auf Abbruch. Gerettet wurde sie vom Altenburger Minister Hans Wilhelm von Thümmel, der sie dem Bauern, welcher sie ersteigert hatte, abkaufte. Er ließ sie vom Pfarrgarten durch ein Geländer abtrennen und mit eisernen Reifen umgürten, um in ihr sein Grab vorzubereiten. Im Fußbereich des hohlen Stammes ließ er eine Gruft ausmauern und die Zugänge zum Stamm mit eisernen Gittern verschließen.

begraebniseiche
Begräbniseiche in Nöbdenitz (Foto: Wagner)

Hans Wilhelm von Thümmel entstammte der kinderreichen Familie des Rittergutsbesitzers in Schönefeld bei Leipzig, wo er 1744 geboren wurde. Seine Eltern mussten das Gut verkaufen, um den zahlreichen Söhnen eine standesgemäße Ausbildung finanzieren zu können. Nach dem Studium in Leipzig trat er in den Gothaer Staatsdienst und wechselte später zum Altenburger, wo er es bis zum Minister brachte. Bekannt sind hier seine Verdienste um die Milderung der Fronarbeit und die Förderung der landeskundlichen Erschließung, deren Ergebnis die "Thümmelsche Karte" im Maßstab 1: 16.000 war. Seiner Frau, einer hiesigen Adligen, fiel durch Erbschaft auch das Rittergut Nöbdenitz zu.

Als Thümmel 1824 in Altenburg verstarb, brachte man ihn wunschgemäß nach Nöbdenitz und setzte ihn in der Eiche bei. Wie dies geschah, darüber gibt es verschiedene Meinungen. Erst aus dem Jahre 1959 liegt ein sachlicher Grabungsbefund des Heimatforschers Ernst Bräunlich (1913 - 2000) vor, der im Museum Burg Posterstein aufbewahrt wird:

Der Hohlraum im Stamm der Eiche, dessen Ritzen mit Moos abgedichtet wurden, war als eine Art Andachtsraum ausgestaltet. Auf einer Sitzbank aus einem hohlen Weidenstamm konnte man des Toten gedenken. Eine Holzkonsole mit einer defekten Vase und metallische Reste von Kranzschleifen belegen das genauso wie eine kleine vergitterte Öffnung zur Straße hin. Der Boden wies nach einer Baumerdeschicht eine ungefähr 20 cm dicke Kalkschicht über der gemauerten, mit Kalkputz ausgeworfenen und mit drei Natursteinplatten überdeckten Gruft, auf. Der Tote liegt auf dem Sargunterteil quer zur vorbeiführenden Dorfstraße mit dem Kopf in südlicher Richtung.

Im Volksmund gibt es natürlich auch eine Geschichte zu dieser Grabstätte: Bei einem Streit Thümmels mit seiner Frau habe diese ihm einmal, auf seine Herkunft anspielend, vorgeworfen, er besitze nicht einmal so viel Land, um sich darauf begraben zu lassen. Das sei für Thümmel der Anlass gewesen, die Eiche zu kaufen. Ernst zu nehmen ist dies wohl nicht, denn er besaß in Altenburg Haus und Garten und weitere Grundstücke. Eher ist wohl anzunehmen, dass er seine romantische Idee aus dem zu seiner Zeit recht bekannten Musenhof der Dorothea von Kurland im nahen Löbichau mitbrachte, wo er oft zu Gast war.

Literatur:
- Ostthüringer Zeitung, Beilage "Kurier für das Osterland" Nr. 8 (269) vom 14.04.1997: Hans Wilhelm von Thümmel - Altenburger Minister fand sein Grab in Nöbdenitz (ohne Verfasser)
- Ostthüringer Zeitung, Wochenendbeilage vom 08.03.1997: Hans Wilhelm von Thümmel, Reformer und Kartograph (von Eberhard Hetzer)
- Museum Burg Posterstein: Abteilung über den Musenhof in Löbichau
- Hans-Joachim Fröhlich: Wege zu alten Bäumen - Band 10 Thüringen (1994), S. 199, Nr. 355

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft 125 Jahre Friedhof Ohlsdorf - wie geht es weiter? (Juni 2002).
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