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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Wikipedia-Fotopreis für Bild von jüdischem Friedhof

Die jüdischen Friedhöfe sind unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Friedhofskultur - und das schon seit über 1000 Jahren. Bester Beleg dafür ist, dass gleich drei jüdische Friedhöfe zum deutschen UNESCO-Welterbe zählen. Darauf macht das Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur anlässlich des Gedenktages am 9. November 2023 an die Reichspogromnacht vor 85 Jahren aufmerksam.

Der "Heilige Sand" in Worms gilt als ältester erhaltener jüdischer Friedhof Europas, auf dem sich zugleich - wie auch auf dem "Alten jüdischen Friedhof" in Mainz - einige der ältesten Grabsteine des europäischen Kontinents befinden. Und der jüdische Friedhof auf dem Pfingstberg gehört zur Denkmalliste der Stadt Potsdam, die ebenfalls Teil des UNESCO-Weltkulturerbe ist.

Die Friedhofskultur als Immaterielles Kulturerbe bezieht sich auf das Trauern und Erinnern, aber auch auf das Pflegen und Weiterentwickeln der Friedhöfe. Dazu hat Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, bereits 2020 anlässlich der Ernennung zum Erbe festgestellt: "Die Friedhofskultur wie wir sie kennen, Friedhöfe als immaterielles Kulturerbe, wären ohne das Judentum nicht denkbar." Es seien die Juden, die als eine der ersten das Begräbnis als Zeremoniell entwickelten. Und die Friedhöfe müssten erhalten werden, und zwar bis in alle Ewigkeit, oder wenigstens bis zur Auferstehung in einer kommenden Welt. Tobias Pehle, Geschäftsführer des Kuratoriums, betont dabei die große verbindende Kraft dieser Kulturräume: "Unsere Friedhöfe sind Orte des Friedens und der Gemeinschaft - und das für jeden Menschen, unabhängig von Religionszugehörigkeit, sozialem Status oder Herkunft." Im gemeinsamen Trauern und Erinnern über alle gesellschaftlichen und kulturellen Grenzen hinweg erweise sich unsere Friedhofskultur als einend und identitätsstiftend. Nicht zuletzt betont die Fachorganisation den großen kulturwissenschaftlichen sowie historischen Wert aller jüdischen Friedhöfe. So mahnt das Kuratorium auch im Sinne des UNESCO-Übereinkommens zum Immateriellen Kulturerbe ihre Schutzwürdigkeit an: "Es ist eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung, jüdische Friedhöfe vor jeder Form von Antisemitismus zu schützen und für ihren Erhalt einzutreten", betont Tobias Pehle.

Dass die jüdische Friedhofskultur selbstverständlicher Bestandteil des kulturellen Lebens in Deutschland ist, hat sich zudem gerade bei "Wiki Loves Monuments" gezeigt, dem großen Wikipedia-Fotowettbewerb. Für den in diesem Jahr ausgeschriebenen Sonderpreis "Friedhöfe" wurden zahlreiche Fotografien von jüdischen Friedhöfen eingereicht. Eines von Ihnen zählt sogar zu den preisgekrönten Bildern: Es zeigt das Taharahaus des jüdischen Friedhofs Rödelsee, in dem Verstorbene gewaschen werden. "Fotografiert wurde keine liebliche Erinnerungslandschaft. Vielmehr steht das Taharahaus als Symbol jüdischen Lebens in einem verwildert anmutenden Umfeld unter bedrohlich wirkendem Himmel, in den der (David-) Stern selbstbewusst und visuell stark hineinreicht", begründete die Jury den Preis. Dem Fotografen mit Wikipedia-Namen Tilman2007 gelinge es so, einen deutlichen zeithistorischen und gesellschaftlichen Bezug herzustellen. Die Preisverleihung von Wikimedia Deutschland gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dem Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur fand am 10. November 2023 in Berlin statt.

Kontakt: Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur; Tobias Pehle, [email protected]


Das preisgekrönte Foto vom jüdischen Friedhof Rödelsee (Foto: Tilman2007; https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Wiki_Loves_Monuments_2023/Deuts…)
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