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OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur

Besuch an den Gräbern ehemaliger Luftschiffer

Autor/in: Peter Schulze
Ausgabe Nr. 99, IV, 2007 - November 2007

In der Ausgabe 93 von OHLSDORF – Zeitschrift für Trauerkultur, erschienen im Mai 2006, gab es einen Artikel von Dr. Christine Behrens zu dem Thema "Technische Motive an Grabmalen auf Hamburger Friedhöfen".

Zu den auf den Grabsteinen abgebildeten Motiven zählten neben Schiffen, Eisenbahnen, Autos, Motorrädern und Flugzeugen auch zwei Darstellungen von Luftschiffen. Abgebildet waren Fotos der Grabstätten der Luftschiffer Kapitänleutnant Günther Hanne und Kurt Puzicha (Lage K14, 588).

Diese Veröffentlichung, die unter www.ohlsdorf-online.de auch im Internet gelesen werden kann, führte zu einer E-Mail-Anfrage beim Förderkreis von Freunden der Luftschifffahrt, die es noch heute gibt. Luftschiffe, im Volksmund besser bekannt als Zeppeline – so genannt nach ihrem Erfinder Ferdinand Graf von Zeppelin – sind heutzutage eher selten, allenfalls gelegentlich als Werbeträger am Himmel zu sehen. Ihre große Zeit hatten sie zwischen 1900 und 1937. Sie dienten sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken. Im Ersten Weltkrieg gab es allein 30.000 Luftschiff-Soldaten. Die große Ära der Luftschiffe endete ziemlich abrupt mit dem Unglück von Lakehurst/USA, als am 6.5.1937 ein Zeppelin aus niemals ganz geklärter Ursache ausbrannte und 11 Fahrgäste und 22 Mann der Besatzung ums Leben kamen.

Die erwähnte E-Mail-Anfrage kam von Harry Redner aus Wendeburg bei Braunschweig. Er ist Webmaster des "Arbeitskreises für Marine- und Heeres- sowie Luftschiff- und Seeflieger-Geschichte", war ein persönlicher Freund von Kurt Puzicha, auch Kapitänleutnant Hanne war ihm bekannt. Nun wollte er genau wissen, wie man am besten zu den Grabstätten der beiden in Ohlsdorf begrabenen Luftschiffer finden könne. Der Verfasser versprach zu helfen und besorgte Friedhofspläne und genaue Lageskizzen beider Grabstellen. Schon kurz darauf waren diese Unterlagen auf der Internetseite des Arbeitskreises unter www.luftschiffharry.de wiederzufinden. Da die wiederholt aus der Zeitschrift für Trauerkultur reproduzierten Abbildungen der beiden Grabmale auf dieser Internetseite ziemlich unscharf bzw. verschwommen aussahen, konnte auch mit zwei neuen Digitalfotos geholfen werden.

Grabmal Hanne
Das Grabmal für Kapitänleutnant Hanne zeigt einen Zeppelin im Flug über Helgoland (Foto: Schulze)

Das Grabmal für Kapitänleutnant Hanne ist ganz offenbar noch von dem ersten Ohlsdorfer Friedhofsdirektor Wilhelm Cordes entworfen worden. Ebenso wie die von ihm stammenden Treppen beim Althamburgischen Gedächtnisfriedhof und am "Cordes"-Brunnen wurde der Grabstein aus rotem Mainsandstein mit barockisierenden Formen gestaltet, darauf eine bronzene Reliefplatte in ebenfalls barockisierender Gestaltung mit Schriftband und einem rankenförmigen Rahmen, in dem wiederum die Insel Helgoland und ein darüber von rechts heranfliegender Zeppelin zu sehen ist, ein Motiv, das in ähnlicher Weise auch als Gruß-Emblem der Marineluftschiffer-Kameradschaft Hamburg diente, deren letzter Vorsitzender der 1997 verstorbene Kurt Puzicha war.

Grußemblem
Grußemblem der Marineluftschiffer-Kameradschaft Hamburg (Foto: Arbeitskreis)

Mit der Helgoland-Darstellung auf dem Grabmal Hanne hat es folgende Bewandtnis: Kapitänleutnant Hanne führte das Luftschiff »L1«, das erste Marineluftschiff, das anlässlich der Herbstmanöver am 9. September 1913 vor Helgoland in eine Windhose geriet und in der Nordsee zerbarst. Es gab nur wenige Überlebende. Auf der Düne vor Helgoland ist seinerzeit für die untergegangene Besatzung der »L1« sowie für die Toten der Torpedoboote »S178« und »G171« sowie des Hebebootes »Unterelbe« ein Ehrenmal errichtet worden, das jedoch durch Kriegsereignisse im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Dieses Denkmal wurde 1968 durch den Deutschen Marinebund wieder hergestellt.

Kurze Zeit, nachdem Bilder und Lagepläne beider Luftschiffer-Grabmale im Internet veröffentlicht worden waren, fand am 8. September 2007 ein Besuch der Freunde der Luftschifffahrt auf dem Ohlsdorfer Friedhof statt. Harry Redner (55) und seine Frau hatten sich mit dem "Primus inter Pares" des Luftschiffer-Arbeitskreises Otto Heinz Henningsen (79) aus Hamburg zu einem Besuch an den Gräbern von Günther Hanne und Kurt Puzicha verabredet. Trotz guter Witterung und ausgestattet mit guten Lageskizzen hatten die Besucher ihre liebe Not, die gesuchte Grabstätten zu finden, weil Markierungen der Grablage-Koordinaten auf dem Friedhofsgelände nur noch selten, meist aber gar nicht mehr vorhanden sind. Weil die beiden Herren mit Marine-Blazern und Schirmmützen der ehemaligen kaiserlichen Marine auf dem Friedhof unterwegs waren, wurden sie zudem unglücklicherweise auch noch von anderen Friedhofsbesuchern für Friedhofsbetreuer gehalten und nach dem Weg gefragt. Allen Widrigkeiten zum Trotz aber konnte das Besuchsprogramm im Laufe von insgesamt zwei Stunden doch verwirklicht und mit Fotos an den Grabmalen Hanne und Puzicha dokumentiert werden. Die Bilder sind inzwischen auch im Internet zu finden.

Grabmal Puzicha
Harry Redner (links) und Otto Heinz Henningsen (rechts) vom Arbeitskreis für Luftschiff- und Seeflieger-Geschichte besuchten die Luftschiffer-Grabstätten auf dem Ohlsdorfer Friedhof (Foto: Arbeitskreis)

Bei einem Spaziergang am 15.9.2007 entdeckte der Verfasser zufällig noch ein drittes Grabmal mit der Abbildung eines Zeppelins auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Es ist der Grabstein für Gerhard Wieduwilt.

Grabmal Wieduwilt
Luftschiff LZ 130 Graf Zeppelin ist als kleines Bronzerelief abgebildet auf dem Grabstein für Gerhard Wieduwilt (Foto: Schulze)

Auf dem Grabstein aus rötlichem Granit ist ein kleines, leider teilweise schon beschädigtes Bronzerelief angebracht, dass einen Zeppelin detailgenau darstellt. Wenn man ganz nah herangeht, liest man in der Mitte des Reliefs D-LZ 130 und vorn am Bug GRAF ZEPPELIN. D steht für Deutschland, L für Luftschiff und Z für Zeppelin. LZ-130 war vermutlich ein baugleiches Luftschiff von LZ-129, das im Jahre 1937 verunglückte. Gerhard Wieduwilt (1910 – 1989) war zu der Zeit dieses Unglücks 27 Jahre alt. Er hat die große Epoche der Luftschiffe um mehr als 60 Jahre überlebt.

Auflistung alle Artikel aus dem Themenheft Der Bildhauer Arthur Bock (November 2007).
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